Hamburgs. Bürgermeister und Behörden geben 1,6 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit im Netz aus. Werden dabei auch Schönheitsfilter eingesetzt?
Eitel sind wir ja vermutlich fast alle ein bisschen. Hamburgs Bürgermeister und Senatoren aber legen schon berufsbedingt besonders viel Wert darauf, gut auszusehen, auch und besonders im Internet. Für ihre Auftritte auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, LinkedIn oder Instagram und Internetseiten geben die Senatskanzlei und die Behörden im laufenden Jahr immerhin bereits 1,6 Millionen Euro aus. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten André Trepoll hervor.
Demnach hat allein die Senatskanzlei von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in diesem Jahr 632.000 Euro für die Pflege von Social-Media-Kanälen und Internetauftritten veranschlagt. Der Großteil der Summe besteht mit 621.0000 Euro aus Personalkosten, darunter fallen Fotografen, Internetredakteure und für Social Media zuständige Mitarbeiter. Im Jahr 2020 lagen diese Kosten laut der Senatsantwort noch bei lediglich 345.000 Euro.
Aufgeführt sind in der Senatsantwort allerdings nur die Kosten, die sich tatsächlich auf die genannten Tätigkeiten eingrenzen lassen. Oftmals übernehmen Mitarbeiter der Presse- und Kommunikationsabteilungen neben anderen Aufgaben auch die Pflege der Social-Media-Kanäle, daher sei eine separate Ausweisung der Kosten nicht immer möglich, so der Senat.
Instagram, Facebook und Co.: Setzt die Senatskanzlei „Beauty-Filter“ ein?
Neben den recht hohen Kosten hat der CDU-Abgeordnete Trepoll aber noch einen anderen kritischen Aspekt in seiner Anfrage abgefragt. Er will nämlich wissen, ob Hamburgs Senatorinnen und Senatoren im Netz bisweilen besonders glatt aussehen, weil ihre Bilder mithilfe von sogenannten Beauty-Filtern bearbeitet werden? „Bei einigen Senatsmitgliedern fällt auf, dass digitale Bilder sehr von der Realität abweichen“, schreibt Trepoll in seiner Anfrage.
Eine nicht ausgewiesene Nutzung von Beauty-Filtern würde dabei einer auch aus Hamburg geforderten Kennzeichnungspflicht für das starke Verändern von Fotos widersprechen. Wissenschafts- und Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank hatte schon 2022 eine Kennzeichnungspflicht für stark veränderte Bilder gefordert.
Katharina Fegebank sprach sich 2022 energisch gegen Bildverschönerungen aus
„Wir wollen für die Problemfelder Schönheitsideal und Schönheitswahn auf Social-Media-Plattformen sensibilisieren“, sagte Gleichstellungssenatorin Fegebank, 2022 auch amtierende Vorsitzende der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz (GFMK). Sogenannte Fake- oder Beauty-Filter für Fotos seien ein hochaktuelles Thema. Mit ihnen können zum Beispiel Körperproportionen verändert werden.
Auch sie habe im persönlichen Umfeld erlebt, „dass sich gerade junge Frauen durch – nachträglich bearbeitete – Bilder in den sozialen Medien, auf Instagram oder anderen Plattformen, oft einem falschen Schönheitsideal hingeben“, sagte die Grünen-Politikerin damals. „Wenn dann nicht zu erkennen ist, dass vieles dessen, was gezeigt wird, gar nicht echt ist, sondern mit Fotofiltern nur vorgegaukelt wird, kann das schlimme Folgen haben; bis hin zu Depressionen oder Selbstmordgedanken.“
Keine Schönheitsfilter auf dienstlichen Accounts
Nun wollte CDU-Mann Trepoll wissen, ob nicht auch Hamburgs Politiker ihre Bilder stark schönten. Antwort des Senats: „Die Senatskanzlei orientiert sich bei der digitalen Bearbeitung von Fotos und Videos an den gängigen Richtlinien und Kodizes zur Bildbearbeitung namhafter Nachrichtenagenturen (z. B. dpa, Associated Press). Hiervon erfasst sind übliche Bearbeitungsschritte wie die Anpassung von Helligkeit, Kontrast, Farbe sowie der Bildbeschnitt.“
Schönheitsfilter („Beauty-Filter“) seien „digitale Tools, die KI und Augmented Reality nutzen, um das wahre Aussehen einer Person digital zu verändern“. Darunter würden „nicht die appintegrierten Filter einzelner Social Apps subsumiert“, so die Senatsantwort. „Auf den Accounts des Hamburger Senats und bei den dienstlichen Accounts der Mitglieder des Senats werden keine Schönheitsfilter eingesetzt.“ Mithin: Was auf den persönlichen Accounts von Senatsmitgliedern veröffentlicht wird, ist demnach Privatsache. Diese würden ja auch nicht von Mitarbeitern betreut, hieß es aus dem Rathaus.
„Es ist scheinheilig, wenn Senatsmitglieder Fotos zu ihrem Vorteil verändern“
Auf die Frage, wie es denn mittlerweile um die von Senatorin Fegebank angestoßene Kennzeichnungspflicht von geschönten Bildern stehe, antwortete der Senat: „Das zuständige Bundesministerium hat den Grundannahmen und -aussagen des von Hamburg eingebrachten Beschlusses grundsätzlich zugestimmt, verträte jedoch die Auffassung, dass eine nachträgliche Bearbeitung von Bildmaterial gängige Praxis unter Jugendlichen sei.“ Nun beobachte man zunächst einmal „die Erfahrungen auch der Länder, in denen eine Kennzeichnungspflicht bereits gesetzlich implementiert ist“. Dies sind laut Senat Norwegen und Frankreich.
„Auftritte in den sozialen Medien und ein vernünftiger Internetauftritt sind heute selbstverständlich und Teil einer modernen Öffentlichkeitsarbeit“, räumt zwar auch der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete André Trepoll ein. „Wenn Senatsmitglieder aber auf der einen Seite für die Kennzeichnungspflicht von Beauty-Filtern werben, aber bei ihren Social-Media-Auftritten ihre Fotos und Videos so zu ihrem Vorteil verändern, dass sie kaum noch wiederzuerkennen sind, ist dies scheinheilig.“
Instagram, Facebook und Co.: Starker Anstieg der Ausgaben ist „mehr als fragwürdig“
Es sei „mehr als fragwürdig, warum sich die Personalausgaben der Senatskanzlei für Öffentlichkeitsarbeit seit 2020 innerhalb von vier Jahren auf 621.000 Euro erhöht und damit praktisch verdoppelt haben“, so Trepoll weiter „Es stellt sich auch die Frage, warum Rot-Grün hier immer mehr Ausgaben tätigt, denn Einsatz und Ertrag stehen doch in keinem Verhältnis. Es gibt zahlreiche politische Projekte in Hamburg, die dieses Geld nötiger hätten.“
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Im Senat sieht man das etwas anders. „Die Bedeutung von Social Media für die Kommunikation mit den Menschen in unserer Stadt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht“, sagte ein Sprecher dem Abendblatt. „Das wurde nicht zuletzt in der Pandemie und im Zusammenhang mit der Energiekrise erkennbar. Es gibt heute deutlich mehr Kanäle, auf denen die Menschen Informationen der Stadt suchen. Dabei erwarten die Nutzerinnen und Nutzer nicht nur, dass ihnen wichtige Informationen auch über Bilder, Grafiken oder Videos zur Verfügung gestellt werden. Sie erwarten auch ein professionelles Community Management.“