Zakarya Khalil war mit seinen Eltern im Urlaub im Südlibanon. Plötzlich brach dort der Krieg mit Israel aus. Ein traumatisches Erlebnis für die ganze Familie.

Ein Donnern erschütterte unser Haus und riss mich aus dem Schlaf. Noch bevor ich wusste, was geschah, donnerte es wieder und ein blaues Licht blendete mich. Erschrocken sprang ich auf und rannte die Treppe hinunter. Einer meiner Verwandten schrie, ich solle mich unter der Treppe verstecken.

Unter der Treppe angekommen, drückte ich mich in die Ecke und betete, dass unser Haus nicht getroffen wird. Tausend Fragen durchströmten meinen Kopf, doch eine Frage beschäftigte mich am meisten: Was war eigentlich los? Wir waren doch nur zum Sommerurlaub in den Libanon gefahren, hatten uns gefreut, die Familie wiederzusehen. Wir waren in diesem Juli 2006 in der südlibanesischen Stadt Adloun (bei Tyros) und wollten uns erholen.

"Die Israelis werfen Bomben ab!", meinte einer meiner Verwandten. Eine halbe Stunde lang blieb ich in meinem Versteck sitzen, dann war es wieder ganz leise. Da uns erst mal keine Gefahr mehr drohte, gingen wir ins Wohnzimmer und schalteten den Fernseher an.

Erneut war es zu einem Konflikt zwischen der libanesischen Hisbollah und Israel gekommen. So hieß es im Fernsehen. Das hieß, dass im Libanon der Krieg ausgebrochen war. Plötzlich ein lautes Geräusch: Es hörte sich wie eine fallende Bombe an.

Wir rannten schnell zur Treppe. "Jetzt ist alles aus!", dachte ich und sah mein bisheriges Leben an mir vorbeiziehen. Ich dachte, ich müsste sterben, doch nach einigen Sekunden entfernte sich das Geräusch. Mir fiel ein Stein vom Herzen, denn es war nur ein Kampfflugzeug gewesen, das einen Tiefflug unternahm.

Dann beschlossen wir, uns im Keller zu verstecken. Meine Verwandten versuchten mir Mut zu machen. Ständig sagten sie, dass es bald aufhören werde. Später schliefen sie ein, doch ich konnte nicht. Ich brauchte Zeit, um über das Geschehen nachzudenken. Erst viel später schlief ich ein, aber ein weiteres Donnern weckte mich auf.

Draußen war es dunkel. In meiner Familie wurde nur wenig gesprochen, was die Spannung noch erhöhte. Als ich aus einem Kellerfenster hinaussah, sah ich rote Lichter durch den Himmel fliegen. "Kampfflugzeuge", dachte ich.

In der Ferne sah ich auf einmal, wie andere rote Lichter vom Boden in den Himmel schossen - Raketen der Hisbollah, die auf israelische Städte abgefeuert wurden.

Am nächsten Tag beschlossen wir, etwas weiter in den Norden Libanons zu fahren, da wir dachten, dass es dort nicht so schlimm wäre wie hier. Beim Packen der Sachen fühlten wir uns ratlos, da wir nicht wussten, was als Nächstes auf uns zukommen würde.

Beim Einsteigen ins Auto explodierte eine Bombe etwa 500 Meter vom unserem Haus entfernt. Man konnte das Zerspringen der Fenster hören. Geschockt fuhren wir endlich los. Auf dem Weg in den Norden spielten sich Szenen wie im Kriegsfilm vor meinen Augen ab: Überall standen zerstörte Häuser, zerstörte Brücken. Die Straßen waren fast nicht mehr befahrbar. Unter den Brücken lagen zerbombte Autos. Es war einfach schlimm. Es dauerte nicht lange, bis wir endlich den Norden erreichten. Wir wollten bei Verwandten unterkommen. Als wir jedoch da waren, sagten sie uns, dass wir lieber nach Syrien flüchten sollten und dass es bei ihnen viel zu gefährlich sei. Sie erzählten uns, dass am Abend zuvor das Nachbarhaus bombardiert worden war. Wir beschlossen, sofort nach Syrien zu fahren.

Auf dem Weg nach Syrien bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich würde in ein paar Stunden in Sicherheit sein, doch die Menschen hier, die es sich nicht leisten konnten, nach Syrien zu flüchten, mussten weiter in Angst und Ungewissheit leben. Nach zwei Wochen in Syrien flogen wir wieder nach Deutschland - mit einen schlechten Gefühl. Unser Land war im Krieg, jeden Tag starben viele Menschen.

In Deutschland angekommen, musste ich erst alles verarbeiten, was geschehen war. Ich glaubte es noch nicht so richtig. Ich nahm an Demonstrationen teil gegen den Krieg. Nach 31 Tagen war er vorbei. Doch eine Frage werde ich bis heute nicht los: Warum müssen unschuldige Menschen durch andere sterben?

Zakarya Khalil, 9a Gesamtschule Bahrenfeld