Warum ich es nicht konnte, weiß ich nicht. Ich konnte einfach nicht Nein sagen. Ich musste mich immer um andere kümmern, ihnen zur Seite stehen, wenn sie Probleme haben. Oft merkte ich gar nicht, dass ich mich um alles kümmerte. Wenn mich ein Klassenkamerad fragte, ob ich ihm bei den Hausaufgaben helfen kann, sagte ich immer Ja.
Ich fühlte mich in letzter Zeit schwach und einfach fertig. Das hatte sich auch auf meine schulischen Leistungen ausgewirkt, ich war unkonzentriert und lernte nicht mehr. Ich konnte es nicht lassen. Oft waren mir die Gefühle der anderen wichtiger als meine. In der Klasse übernahm ich alle Ämter und versuchte, meine Aufgabe sehr gut zu machen. Ich wehrte mich nicht.
Doch seit einiger Zeit weiß ich, dass ich mich auf mich konzentrieren muss und "mein Ding" durchziehen muss. Auch nachdem ich beschlossen hatte, mir mehr Zeit für mich zu nehmen, fiel es mir schwer, Nein zu sagen - das geht mir immer noch so.
Dann die Wende: Vor Kurzem im Unterricht passte es mir nicht, dass der Lehrer immer wieder vom Thema abgewichen ist, und ich habe ihm einfach meine Meinung gesagt. Danach haben meine Mitschüler mich völlig erstaunt angeguckt und mich gefragt, was mit mir los sei. Mir ist klar geworden, dass ich mich ändern musste.
Ich bin inzwischen sehr selbstbewusst geworden und sage jedem meine Meinung. Viele Kinder und Jugendliche haben Angst, dass, wenn sie Nein sagen, ihnen etwas Schlimmes passiert. Ich möchte diesen Kindern und Jugendlichen Mut machen, Nein zu sagen. Ich weiß, dass man Angst hat, aber man muss sich wehren. Wenn man das nicht tut, wird man von jedem ausgenutzt. Ich fühle mich jetzt besser, ich habe zwar viel um die Ohren, aber eben auch Zeit für Schule, Freunde und Hobbys.