Es war der schlimmste Tag in meinem Leben. Meine Brüder, mein Vater und ich schauten uns das Osterfeuer an. Auf einmal klingelte das Handy von meinem Vater. Als er auflegte, schaute mein Papa so komisch, und mein großer Bruder fragte: "Was ist los?" Vater antwortete: "Mama ist jetzt bei den Engeln im Himmel." Für mich brach eine Welt zusammen. Meine Mutter war die Einzige, die sich um meine Brüder und mich kümmerte. Meinem Vater war es total egal, was wir machten. Er hatte schon eine neue Freundin, als meine Mutter im Krankenhaus im Sterben lag.

Das Jahr 1999 war das schlimmste in meinem Leben. Mein Vater hatte laufend neue Frauen. Als er im Jahr 2000 Gabi kennenlernte, dachte ich: Schon wieder eine Neue. Aber zu meiner Verwunderung zogen wir bei ihr ein, und sie war wirklich nett zu mir und meinen Brüdern. Gabi ging mit uns zum Arzt, kaufte uns neue Kleidung und behandelte uns wie ihre eigenen Kinder. Welche Überraschung! Ich dachte: Endlich wieder eine richtige Familie.

Doch 2002 änderte sich alles. Gabi wurde krank. Sie bekam entzündliches Gelenkrheuma - diese Krankheit kann man nicht heilen. Seit diesem Jahr war mein Vater kaum noch zu Hause. Er ging häufig fremd, aber Gabi traute sich nicht, sich von ihm zu trennen, weil sie Angst hatte, meine Brüder und mich zu verlieren. Sie wollte nicht, dass wir im Heim landen. Das wunderte mich sehr, weil mein Vater ihr sehr wehgetan hatte und wir gar nicht ihre Kinder waren. Im April 2004 blieb mein Vater ganz weg und ließ uns bei Gabi zurück. Mein großer Bruder Kai verschwand auch kurz darauf.

Gabi ging noch im selben Jahr mit Uta Uderstedt, einer Sozialpädagogin aus der Wichern-Kirche, zum Jugendamt. Mein Bruder und ich hatten Glück: wir durften bei ihr bleiben. Seit dem Jahr 2004 leben Daniel und ich glücklich bei ihr und ihren vier Kindern.

Gabi, ich möchte mich an dieser Stelle bei dir bedanken, dass du uns aufgenommen hast. Außerdem finde ich es echt stark, dass du trotz deiner Krankheit die Kraft hast, uns aufzuziehen, und dass wir bei dir leben dürfen, obwohl du nicht viel Geld hast.