Die Performance-Gruppe “Hajusom!“ gibt Immigranten eine Heimat.

Sie haben geschafft, woran sie nie gedacht hätten: Winifred Brown (24), Aminatu Jalloh (19) und Ibrahima Bah (23) eroberten sich mit der Performance-Gruppe "Hajusom!" die "heiligen Bretter" des Theaters. Als minderjährige unbegleitete Flüchtlinge sind sie aus Westafrika nach Hamburg gekommen, haben bei "Hajusom!" eine Ausbildung und in der Gruppe Halt und eine neue Familie gefunden.

"Wir geben uns gegenseitig Mut und Stärke", sagt Winifred Brown, seit der ersten Produktion "Hajusom!" 1999 dabei, die dem interdisziplinär und interkulturell arbeitenden Kollektiv seinen Namen gab. "Das habe ich gebraucht, sonst wüsste ich nicht, wie ich das alles überstanden hätte", bekennt die junge Frau. Als 14-Jährige kam sie aus Liberia nach Deutschland. "In der Erstversorgungseinrichtung Maienweg habe ich mich gelangweilt, hatte keine Schule. Eines Tages fragte mich die Leiterin, ob ich bei Proben zu einer Performance mitmachen wolle." Zwar wusste Winifred nicht, was sie erwartet, doch sie machte als Jüngste mit.

Nun Mutter einer zweijährigen Tochter, kümmert sie sich um die Öffentlichkeitsarbeit, lässt sich am Rauhen Haus zur Sozialarbeiterin ausbilden. Sie will anderen helfen, wie ihr in der Not geholfen worden ist.

Manche Abschiebung unter den wechselnden Mitgliedern halfen Ella Huck, Claude Jansen und Dorothea Reinicke mit dem Netzwerk aus Anwälten und Betreuern in den Jahren nach der Verschärfung des Asylrechts zu verhindern. Sie sind zugleich Ersatzmütter, Kumpel und künstlerische Mentoren. Sie mussten, wie ihre Schützlinge, rasch und ständig lernen, erklärt Reinicke: "Denn wir sind Kunst-Profis und waren unerfahren in der Flüchtlingsarbeit." Über das Konzept sagt sie: "Wir sind kein Sozialprojekt, sondern verbinden künstlerischen Anspruch mit integrativer Arbeit, bieten ganzjährlich an zwei Wochenterminen Einzel- und Gruppenförderung. Unsere Stücke entwickeln und probieren wir gemeinsam im Erfahrungs- und Lebensumfeld unserer singenden, spielenden und tanzenden Akteure."

Seit 2000 gehören auch Aminatu Jalloh aus Sierra Leone und Ibrahima Bah aus Guinea zum festen Kern der Truppe. Er fand durch das Tanzen Gefallen am Theater und lobt die Arbeit der drei starken Frauen Huck, Jansen und Reinicke: "Die drei Engel von 'Hajusom!' sind für uns da, viel mehr, als es die Betreuer waren." Ibrahima und Aminatu haben singen, tanzen und rappen gelernt, bereits in mehreren "Hajusom!"-Produktionen mitgemacht, darunter "Kosmos Hamburg", "Club No Border", und sind natürlich auch in der neuen Musical-Performance "Back Up Story" dabei.

Im Medienbunker an der Feldstraße arbeiten sie und ihre Gruppe mit den Hamburger Choreografen Friederike Lampert, Johnny Lloyd und Angela Guerreiro. "Extrem cool und aufregend ist es aber, mit Jimi Tenor zu probieren", meint Aminatu. Der in Finnland und New York lebende Electro-Minimalist mit der dicken Brille ("Joystone", "Live in Berlin") hat die Musik mit der Band Kabu Kabu und den Akteuren entwickelt, wird auch live die Aufführungen begleiten.


"Back Up Story", 6.12., Kampnagelfabrik, Karten: 27 09 49 49. Info und Spenden: www.hajusom.de

Die bereits erschienenen Folgen der Serie finden Sie unter www.abendblatt.de/yeswecan