Erst kam die Idee, dann der Triumphzug: Die Brüder Braun landen mit dem Wunderland Millionenerfolg.

Am Anfang stand die Idee - und die war ziemlich verrückt. Vor acht Jahren bummelte Frederik Braun durch die Straßen von Zürich und stieß auf einen kleinen Modellbastelladen. Dabei kam dem Hamburger, der zuvor erfolgreich eine Disco in Wandsbek betrieben hatte, der folgenschwere Einfall. Er griff zum Telefon und sagte seinem Zwillingsbruder Gerrit: "Wir bauen die größte Modelleisenbahn der Welt, als Touristen-Attraktion für Hamburg!"

Aus der Idee wurde ein Geschäftsplan, aus diesem Geschäftsplan ein ZweimannBetrieb. Acht Jahre später ist daraus eine der erfolgreichsten Touristenattraktionen der Stadt geworden - nach Hafen, Reeperbahn, HafenCity und dem Tierpark Hagenbeck auf Rang 5. Im laufenden Jahr dürften mehr als eine Million Gäste in die Welt des Miniaturwunderlandes eingetaucht sein. "Nur ein Schneechaos kann uns diesen Rekord noch nehmen", sagt Frederik Braun.

Längst ist er selbst über den Erfolg seines Geistesblitzes erstaunt. "Ich bin von Haus aus Optimist und vom Erfolg ausgegangen, aber das hätte ich nicht erwartet." Damals, als er mit seinem Bruder Räume eines verrotteten Kaffeelagers in der Speicherstadt anmietete, hatten ihn Bekannte für verrückt erklärt. "Du wirfst das Geld ins Fleet", schüttelten sie die Köpfe. Heute, das Miniatur Wunderland gleicht eher einer Goldgrube, sind die Kritiker von einst verstummt. "Es ist ein Triumph, ihnen heute in die Augen zu schauen", so Braun.

Der Triumphzug der Brüder ist nicht zu stoppen. Derzeit bewohnen 200 000 Einwohner das Märchenland am Fleet, auf 1150 Quadratmetern Fläche fahren 830 Züge mit 10 000 Waggons, simulieren 300 000 Lichter den Wechsel von Tag und Nacht. Alles ist so detailgetreu und liebevoll dargestellt, dass das Miniaturwunderland von vorneherein nicht nur das Kind im Manne, sondern die ganze Familie begeisterte. Hier kommen Modelleisenbahn und Puppenstube zusammen, hier fahren nicht nur Züge, Autos, Schiffe, sondern jubeln Menschen im Stadion dem HSV und St. Pauli zu, brennen Häuser, gastieren Rockstars auf Open-Air-Bühnen, leben Menschen ein buntes, ein bizarres Leben im Format 1:87. Atemberaubend die Landschaften: Meere, Wälder, Schluchten, Berge - es gibt nichts, was es nicht gibt. Was mit dem Harz und Hamburg begann, beginnt die Welt zu umfassen. Inzwischen ist ein Abschnitt zu Skandinavien und den USA entstanden, zuletzt kam die Schweiz hinzu. Derzeit entsteht ein großer Verkehrsflughafen; zudem streben Italien und Frankreich ihrer Vollendung entgegen. Dann stößt die Welt am Kehrwieder an ihre Grenzen. "Wir wollen eine Brücke über das Fleet bauen", verrät Braun. Diese Brücke könnte die Ausstellungsräume verbinden - und England und Frankreich. "Das wäre unser Eurotunnel", so Braun. In den neuen Räumen sollte dann neben Großbritannien auch Afrika entstehen. "Und viele unserer Modellbauer träumen vom Abschnitt Ferne Galaxien."

In der irdischen Realwirtschaft ist das Miniaturwunderland ein maximaler Erfolg. Derzeit arbeiten rund 180 Mitarbeiter zwischen Hamburg und Amerika, rund die Hälfte von ihnen ist fest angestellt. "Wir haben auch viele ehemalige Langzeitarbeitslose im Team", sagt Braun. Aus der Wunderwelt wurde ein Wirtschaftswunder. Ein Wunder, dass auch der Stadt deutlich zugute kommt: Bürgermeister Ole von Beust (CDU) lobt die Geschäftsidee als "unglaublichen Besuchermagneten". Und bei der Hamburg-Touristik sieht man das Wunderland schon als "elementaren Bestandteil im Programm unserer Gäste". Gerade Touristen aus Österreich und der Schweiz hätten ein besonderes Interesse, sagt Sascha Albertsen von der Hamburg Tourismus GmbH. Derzeit ist die Schweiz der größte Wachstumsmarkt für Hamburgs Fremdenverkehrswerber. "Das Plus von 16 Prozent liegt hier begründet". Längst haben auch andere Städte die Bahn als Chance begriffen. Investoren lockten die Brüder mit Millionen nach Dubai und in den Rest der Welt. "Es gab schon 500 Anfragen, die letzte kam aus Südkorea. Wir haben bisher alle abgelehnt", so Braun. "Ich stehe jeden Morgen mit einem Lächeln auf,das ist die größte Lebensqualität. Das wollen wir nicht gefährden." Das Wunderland bleibt an der Elbe, in dem Land, das Wunder gut gebrauchen kann.

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