Kommentar

Als Schröder Leipzig sagte, da waren wir traurig, entsetzt. Wir hatten uns Mühe gegeben, wir waren so begeistert, wir hätten es bestimmt verdient gehabt. Doch Hut ab für Leipzig und viel Glück! Ja, freuen wir uns für die Sachsen. Es sind die ostdeutschen sportlichen Leistungen, es ist wohl die mit Abstand emotionalste Bewerbung gewesen, die den Sieg brachte. Auch wenn sie international vielleicht etwas weniger Chancen hat als Hamburg - lasst uns jetzt als Deutsche die Daumen drücken. Wir wünschen Erfolg im Jahre 2005 bei der internationalen Abstimmung in Singapur. Woran es lag, dass Leipzig die Herzen der Funktionäre so viel leichter eroberte? Es lag weniger an Hamburger Ungeschicklichkeiten, an dem Hauch von Arroganz, der über manchem schwebte. Wo war eigentlich unsere Stärke, das hanseatische Understatement? Mehr Ausschlag gegeben hat die Tatsache, dass Hamburg jahrzehntelang die sportpolitische Landschaft nicht ausreichend pflegte. Muss man sich über die Stimmabgabe von Funktionären aber wundern, wenn ihr Präsident seit zehn Jahren nicht mehr zu Hamburger Veranstaltungen eingeladen wurde? Unser Bewerbungsendspurt war eindrucksvoll, aber Olympia-Kandidatur scheint kein 100-Meter-Finish zu sein, sondern Marathon. Mitten im schönsten Lauf haben uns die Sünden der Vergangenheit eingeholt. Aber haben wir Hamburger wirklich alles verloren? Haben wir nicht in Wahrheit etwas Einmaliges gewonnen? Gewonnen haben wir die Erfahrungen der letzten Monate - die, auch wenn es ein bisschen pathetisch klingt, fast historisch sind. Zum ersten Mal haben eine Idee und ein Ziel Hamburg zusammengeschweißt. Als ob Fesseln abgestreift wären, haben Behörden, Sportverbände, Unternehmen, Bürger und Mäzene zusammengearbeitet. Die Stadt hat sich bewegt, wie wir alle es noch nie erlebt haben. Feuer und Flamme für Hamburg? Dieses Feuer und diese Flamme müssen weiter brennen. Die olympische Bewerbung hat bewiesen, dass Hamburg in die Liga der herausragenden Metropolen Europas aufschließen kann - wenn alle Kräfte an einem Strang ziehen. Wenn die deutsche Krankheit der ewigen Partikular- und Lobbyinteressen geheilt wird, wenn Begeisterung für eine gemeinsame Aufgabe entsteht. Und dafür gibt es in dieser Stadt genügend Notwendigkeiten. Aus Niederlagen entstehen oft die größten Siege.