Jetzt neue weltweite Imagekampagne mit mehr Herz - und alle Kraft in die HafenCity
Was Bürgermeister Ole von Beust fühlte. Wie er die Stadt aus dem Tief holen will. ABENDBLATT: Herzlichen Glückwunsch, Herr Bürgermeister. Leider können wir nur zum Geburtstag gratulieren, nicht zu Olympia. Sind Sie traurig? OLE VON BEUST: Ich bin sehr enttäuscht. Als der Bundeskanzler das Papier mit dem Namen des Siegers in die Hand gedrückt bekam, habe ich gedacht: Los, nun sag endlich Hamburg. Als er dann Leipzig gesagt hat, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Ich habe mich im ersten Moment unsagbar leer gefühlt. ABENDBLATT: Was hat Hamburg falsch gemacht? VON BEUST: NOK-Chef Klaus Steinbach hat gesagt, dass diese Entscheidung für Leipzig eine sportpolitische Entscheidung war - dementsprechend hatten wir kaum Einflussmöglichkeiten. Wir haben versucht, deutlich zu machen, dass der Norden auch einmal dran und international wettbewerbsfähig wäre. Aber am Ende ging es um den Osten und nationale Emotionen. Die Leipziger haben bei ihrer Präsentation den Fall der Mauer gezeigt - was hätten wir dagegensetzen können? ABENDBLATT: Hätte man doch lieber den Film von Dieter Wedel zeigen sollen? VON BEUST: Ich glaube, diese Frage hat keine Rolle gespielt. Die meisten haben sowieso gedacht, unser Film sei der Wedel-Film. Und wir sind für die gesamte Präsentation sehr gelobt worden. ABENDBLATT: Wie stark hat der Dauerstreit mit Düsseldorf Hamburg geschadet? VON BEUST: Nicht sehr stark. Die Düsseldorfer hatten ja von Anfang an viel weniger Stimmen, als alle gedacht haben. ABENDBLATT: Sie haben es bei der Präsentation selbst angesprochen: Hamburg ist in Deutschland nicht sehr beliebt. War das nicht das Hauptproblem? VON BEUST: Ja. Hamburg wird respektiert und geachtet, alle schauen mit Bewunderung auf uns, auf die Schönheit und den relativen Reichtum der Stadt. Doch daraus resultiert auch Neid. Die Leute denken: Denen geht es so gut, die brauchen Olympia gar nicht. Und unsere unterkühlte Art wird uns häufig als Hochnäsigkeit und Arroganz ausgelegt. ABENDBLATT: Was kann man dagegen machen? VON BEUST: Wir müssen mit den Vorurteilen über Hamburg und die Hamburger aufräumen. Dafür werden wir eine neue Marketingstrategie und eine weltweite Imagekampagne entwickeln, die nicht nur die großen wirtschaftlichen Stärken zeigt, sondern auch die Begeisterungsfähigkeit der Hamburger. Gerade was die nationale Wahrnehmung der Stadt betrifft, muss diese Kampagne auch ans Herz gehen. Dafür brauchen wir Großereignisse wie etwa die Bambi-Verleihung, bei denen Emotionen geweckt werden. Und bei denen man sieht, dass die Hamburger richtig aus sich herausgehen können. ABENDBLATT: Wie könnte eine entsprechende Imagekampagne aussehen? VON BEUST: Baden-Württemberg hat eine Kampagne unter dem Slogan "Wir können alles, nur kein Hochdeutsch". Diese Art, sich selbstsicher, aber auch ein wenig ironisch darzustellen, das ist der richtige Weg. Hamburg muss seine Stärken offensiv vertreten, darf sich dabei aber nicht zu ernst nehmen. ABENDBLATT: Haben Sie schon eine Idee für einen neuen Leitslogan? "Hamburg - das Tor zur Welt" reicht wohl nicht mehr. VON BEUST: Das Tor zur Welt, das ist inzwischen auch Frankfurt mit seinem großen Flughafen. Und auch der letzte Slogan, den wir hatten, "Hamburg, das Hoch im Norden", hat mir zu wenig Emotionalität. ABENDBLATT: Wer wird das neue Image entwickeln? VON BEUST: Wir werden die Olympia-GmbH in die neue Hamburg Marketing GmbH überführen, an der sowohl die Stadt als auch die Wirtschaft und der Sport beteiligt bleiben. Ihre Aufgabe wird es sein, Hamburgs Profil zu schärfen, internationale Aufmerksamkeit auf die Stadt zu lenken und Großereignisse zu akquirieren - sowohl im Sport als auch in den Bereichen Kultur und Unterhaltung. ABENDBLATT: Was wird aus dem Schwung, den Hamburg durch die Olympiabewerbung bekommen hat? VON BEUST: Diese Euphorie müssen wir jetzt auf andere große Projekte umlenken, vor allem natürlich auf die Vision von der wachsenden Stadt und auf die HafenCity. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir sie auch ohne Olympia schneller als geplant realisieren können - mit dieser Begeisterung im Rücken wird der Bau der HafenCity mit Sicherheit nicht die bisher erwarteten 20 Jahre dauern. ABENDBLATT: Ändert sich jetzt die Sportpolitik des Senats wieder? VON BEUST: Nein. Ich gebe zu, dass ich mich vor der Bewerbung nicht allzu sehr für den Sport interessiert habe. Aber jetzt hat auch mich die Begeisterung dafür erwischt. Die Freude, der Enthusiasmus und der Zusammenhalt der Sportler beeindrucken mich sehr. ABENDBLATT: Was war aufregender: die Momente vor der ersten Hochrechnung bei der Bürgerschaftswahl oder die Olympia-Entscheidung? VON BEUST: In der Sekunde, in der dem Bundeskanzler der Name des Olympiakandidaten übergeben wurde, war ich so kribbelig wie selten zuvor. Jetzt kann ich ahnen, wie es Sportlern geht, die bei Olympischen Spielen ganz nah an einer Goldmedaille sind. ABENDBLATT: Wird Hamburg sich noch einmal, eventuell für 2016, um Olympia bewerben? VON BEUST: Jede Diskussion darüber wäre ein Hintergehen der Bewerbung Leipzigs für 2012. Daran beteilige ich mich nicht. Wir werden jetzt die deutsche Kandidatur unterstützen, und dabei vor allem den norddeutschen Teil, das heißt Rostock. Darauf liegt mein besonderes Augenmerk. ABENDBLATT: Was sagen Sie den enttäuschten Hamburgern? VON BEUST: Wir wissen, dass wir in einer großartigen Stadt leben, mit großartigen Menschen. Und wir Hamburger haben gezeigt, dass wir nicht kühl sind, sondern extrem begeisterungsfähig. Die schlafende Schöne, wie Helmut Schmidt Hamburg einmal genannt hat, ist aufgewacht. Und sie wird sich auch in Zukunft große Aufgaben zutrauen. Interview: Lars Haider