Menschlich gesehen

Es waren nur 600 Meter. Eine kurze Strecke, die Ulrike S e y e r nie vergessen wird. Als Fackelläuferin durfte sie bei den Spielen in Atlanta 1996 das olympische Feuer weiterreichen. "In diesen Tagen vor der Olympia-Entscheidung muss ich oft daran denken, an die jubelnden Menschen, an die Fernsehkameras", sagt die 40 Jahre alte Haspa-Akquisiteurin aus Eilbek. "Es war eine große Ehre, für Deutschland zu laufen." Sie hatte sich für den Lauf nach einem Aufruf im Fernsehen beworben. Und die Strecke in Fort Piece, einem kleinen Ort in Florida, gewonnen. Dabei fand sie Sport als Kind schrecklich. "Ich war dick, es machte keinen Spaß", sagt sie. Heute dagegen ist die zierliche Frau mit den kurzen, blonden Haaren total sportbegeistert. Sie geht zu jedem St.-Pauli-Spiel. Sie joggt zwei- bis dreimal die Woche um die Alster. Und bei der Fußball-WM 1994 flog die allein stehende Frau sogar zum Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Bolivien nach Chicago. "Sport ist so wichtig, gerade für Kinder", sagt sie. Deshalb engagiert sie sich auch in der Deutschen Olympischen Gesellschaft. "Wir wollen den olympischen Gedanken an die Jugend weitergeben." Klar, dass Ulrike Seyer morgen bei der Olympia-Party auf dem Rathausmarkt dabei ist - wenn möglich mit ihrer Fackel. "Hoffentlich krieg ich sie aus der Vitrine. Sie ist nämlich festgeschraubt."