Siegen. Haus der Kirche am Oberen Schloss in Siegen ist marode. Kirchenkreis gibt generell ungeeigneten Standort auf und „ersetzt“ die Uni in Weidenau.
Die Uni zieht mehr und mehr in die Stadt; durch die Zentralisierung rund ums Untere Schloss werden viele der gut ein Dutzend übers Stadtgebiet verstreuten Standorte frei. Nicht nur die großen Campus am Haardter Berg wie an Hölderlin- und Paul-Bonatz-Straße oder der Emmy-Noether-Campus, sondern auch kleinere Liegenschaften wie das Seminargebäude an der Weidenauer Straße 118. Das hat die Hochschule seit vielen Jahren gemietet; Ende 2024 zieht sie aus, bestätigt Uni-Pressesprecher André Zeppenfeld auf Nachfrage. Einen neuen Mieter gibt es bereits.
Die Uni Siegen: Künftig nur noch zwei Campus - weniger Pendelverkehr kreuz und quer durch Stadt
Derzeit sind im WS-Gebäude, so das Uni-Kürzel, das Sprachenzentrum und die Hochschuldidaktik (Zentrum zur Förderung der Hochschullehre, ZFH) untergebracht. Die ziehen beide in das nahezu fertiggestellte SSC (Student Service Center) im früheren Möbelhaus Wonnemann an der Sandstraße, dem ersten Gebäude am künftigen Teilcampus Nord/Friedrichstraße. Hier werden künftig auch die Referate Studierendenservice und „International Office“, Seminarräume sowie studentische Arbeitsplätze zu finden sein.
Es sei ein wesentliches strategisches Ziel der Uni, die Zahl der Standorte zu minimieren und künftig nur noch zwei große Campuskomplexe zu betreiben, so André Zeppenfeld: Mit einem technischen Campus am Haardter Berg/Adolf-Reichwein-Straße und dem Campus Innenstadt werde der Pendelverkehr kreuz und quer durch die Stadt deutlich gemindert. „Das macht‘s einfacher.“
Der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein: Das Haus der Kirche ertüchtigen, würde Millionen kosten
Der evangelische Kirchenkreis ist seit Jahren mit seinem Haus der Kirche an der Burgstraße, gleich neben dem Oberen Schloss, beschäftigt: Das ehemalige Kinderstift ist nicht nur marode, sondern auch äußerst ungünstig geschnitten, berichtet Oliver Berg, Verwaltungsleiter des Kirchenkreises. Die Option, das Haus der Kirche auf Zeit zu verlassen und in Übergangslösung zu ziehen, während der Verwaltungssitz instandgesetzt wird, wurde schnell verworfen: Das Gebäude ist zwar sehr groß, 2500 Quadratmeter, hat aber nur wenig Nutzfläche. Immer wieder wurde seit den 1950er Jahren an das frühere Kinderstift angebaut, „es ist einfach nicht für Verwaltung ausgelegt“, so Berg. Es gebe zu viele Verkehrswege, räumlich zu viel Luft. „Moderne Büronutzung ist was anderes.“
Dazu kommt der bauliche Zustand, das Gebäude ist insgesamt in die Jahre gekommen, eine Ertüchtigung wirtschaftlich nicht tragbar. Auch die Kirche muss sparen, „wir können keine Millionen in die Burgstraße stecken“, sagt Oliver Berg. Die wären aber nötig, um das Gebäude nutzbar zu machen und technisch auf Stand zu bringen. Die steil gestiegenen Baukosten tun ein Übriges. „Wir können keine verkraftbare Zahl aufschreiben. Das ist nicht mehr möglich.“ Der Kirchenkreis ist seit den 1980ern in der Oberstadt, war davor mit seinen Einrichtungen übers Stadtgebiet verteilt. Die Kirche, der „viel zu viele“ Gebäude und Infrastruktur gehören, um sie nachhaltig nutzen zu können, wird kleiner und hat zudem das Ziel, klimaneutral zu werden. Immer mehr Gemeinden müssen sich von Gemeindehäusern und auch Kirchen trennen – einen Altbau komplett durchzusanieren sei da nicht vermittelbar. „Wir werden uns bescheiden.“
Wenn der Kirchenkreis Siegen ausgezogen ist: Was passiert mit dem Gebäude in der Oberstadt?
Also zieht die komplette Verwaltung nach Weidenau, wo in dem Funktionalbau „nur“ 1300 Quadratmeter zur Verfügung stehen, die aber ungleich effizienter verteilt sind. Berg: „Das passt für uns.“ Die Beratungsdienste allerdings, Telefonseelsorge und Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle (EFL) bleiben zunächst am Oberen Schloss. Dort sind sie bereits räumlich separiert, weil diese Arbeit andere Anforderungen an Räumlichkeiten stellt, die Weidenau nicht bieten kann. Für sie sucht der Kirchenkreis noch eine neue Bleibe, wahrscheinlich werde es auf eine interne Lösung hinauslaufen: „Wir reden mit den Gemeinden.“
Nach dem Auszug und wenn dann auch noch die Beratungsdienste anderweitig untergekommen sind, werde man sich Gedanken über die Nachnutzung von Grundstück und Gebäude an der Burgstraße machen, sagt Oliver Berg. Was wiederum nicht einfach werden dürfte, denn baurechtlich bestehe Bestandsschutz und der Bestand bietet derzeit nicht die Voraussetzungen für eine Vermietung – „deswegen ziehen wir ja aus“. Andererseits dürfte die Lage durchaus begehrt sein.
Der Eigentümer des ehemaligen TÜV-Gebäudes in Siegen-Weidenau: „Top!“
Guido Fuhrmann ist seit 2019 Eigentümer des früheren TÜV-Gebäudes in Weidenau. Als er vor einiger Zeit von der „Zwei-Standort-Strategie“ der Uni Siegen erfuhr, die als Projekt „Siegen. Wissen verbindet“ immer konkreter wurde, habe er begonnen, sich vorsorglich nach neuen Mietern umzusehen, erzählt er: Die Hochschule hatte die Immobilie demnach Ende der 2000er Jahre zunächst für fünf Jahre gemietet, dann jeweils zweijährige Folgeverträge abgeschlossen. Fuhrmann schaltete einen Makler ein und erhielt auch verschiedene Anfragen – unter anderem von einer westfälischen Fachhochschule. Die Nachfrage nach größeren Büro- und Verwaltungsgebäuden in zentralen Lagen von Siegens ist, wie berichtet, groß. Daraus wurde nicht, „zum Glück ist dann die Kirche auf mich zugekommen“, sagt Fuhrmann.
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Die Zusammenarbeit mit der Kirche sei genauso gut und unkompliziert wie mit der Uni, betont Fuhrmann, dem im Siegerland mehrere Großimmobilien gehörten und gehören. „In 25 Jahren habe ich einiges erlebt“, so der Geschäftsmann. Das Gebäude an der Weidenauer Straße aber: top. Die Brandschau, häufig „schwierig bis extrem“ habe eine halbe Stunde gedauert, eine Dichtung und eine Türschließung musste erneuert werden. Das war‘s. Zudem habe die Uni das Gebäude komplett digital vernetzt, „das kostet sonst auch nicht gerade Kleingeld.“