Eiserfeld. Die fünfeckige Christuskirche in der Siegener Hengsbach ist schon seit Jahren entwidmet. Für ihre neue Bestimmung sucht der Eigentümer Partner.

Die Christuskirche in der Eiserfelder Hengsbach wird zum Kolumbarium. Die Evangelisch-reformierte Emmaus-Kirchengemeinde Siegen hat für die Immobilie am Oberen Hengsbacher Weg einen Käufer gefunden – und zwar einen, der ein Konzept vorlegen konnte, das für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude passte.

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Der Siegburger Uwe Renken ist neuer Eigentümer der Christuskirche. Er will unter dem Zeltdach eine Urnenbegräbnisstätte einrichten. Ausgehend vom fünfeckigen Grundriss des einstigen Gottesdienstraumes sollen fünf Urnenregale zur Mitte hinführen. Darin sollen 700 bis 1000 Urnen Platz haben. Was für Renken, der in der Eventbranche zu Hause ist, besonders charmant ist: Gleich nebenan wäre Raum fürs Trauern in der Stille und auch Raum für den Austausch beim „Nachkaffee“. Was er sich wünscht, wäre eine Kooperation zum Beispiel mit einem Bestattungsunternehmen oder auch einer psychotherapeutischen Praxis. Für beides seien die Räumlichkeiten im Untergeschoss ideal, sagte Uwe Renken im Pressegespräch. Er jedenfalls befinde sich auf Partnersuche. Kooperieren will er künftig in jedem Fall mit der Kirchengemeinde, die in dem Gebäude nicht nur Trauerfeiern und Trauerbegleitung anbieten könnte, sondern auch Vorträge oder Konzerte.

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Christuskirche in Siegen-Eiserfeld bereits seit 2019 entwidmet

Für knapp 200.000 Euro hat die Christuskirche ihren Besitzer gewechselt, Geld, das die Kirchengemeinde – wie die Erlöse aus dem Verkauf von Kaiserschachtkapelle und Eiserfelder Pfarrhäusern – reinvestiert in die „Gebäude, die wir haben“, wie Pfarrer Günther Albrecht als Vorsitzender des Emmaus-Presbyteriums unterstreicht. Er freue sich über die Lösung, aus der Christuskirche ein Kolumbarium zu machen, und spüre in der Gemeinde eine hohe Identifikation. Als er zum ersten Mal von diesem Ansinnen öffentlich berichtet habe, hätte es „direkt drei Vorbestellungen gegeben“. Der Charakter des Hauses bleibe erhalten, und das sei „beruhigend zu wissen“.

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In der Genese sei es „von einem Traum zum anderen gegangen“, so Albrecht. Denn nachdem das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt worden sei, wären die Nutzungsmöglichkeiten enorm eingeschränkt worden. Auch der veranschlagte Verkaufspreis musste deutlich nach unten geschraubt werden. Vom Ende her gedacht sei nun alles gut. Es gebe einen weiteren Ort, wo die Trauer der Menschen einen Platz bekomme. Der Pfarrer: „Das Kolumbarium wird ein echter Gewinn sein – nicht nur für den Siegener Süden, sondern für die ganze Stadt.“

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Nach der Entscheidung des Presbyteriums sich (auch aus Gründen der Konzentration) von der Christuskirche zu trennen, wurde das Gotteshaus am 1. Januar 2019 entwidmet. Verkauft worden ist es jetzt mit allem Interieur – auch mit Orgel und Klavier. Allein der Abendmahlstisch ist in der Kirchengemeinde verblieben.

3500 Euro pro Urne für 15 Jahre Nutzung

Siegen hat mit der Heilig-Kreuz-Kirche in Weidenau bereits seit Ostern 2021 eine Kolumbariumskirche. Das Gebäude ist allerdings ein katholisches Gotteshaus geblieben und bietet im Pastoralen Raum Siegen-Freudenberg auch eine kirchliche Trauerbegleitung an. Im Bistum Paderborn sei diese Form der Totenbestattung einzigartig, heißt es aus Heilig Kreuz.

Das Kolumbarium in der Eiserfelder Christuskirche wird für alle Konfessionen nutzbar sein. Den Entwurf einer Gebührenordnung für den Urnenfriedhof unterm Zeltdach hat Uwe Renken schon entworfen: Bis zu 3500 Euro könne ein Urnenplatz kosten, die Liegezeit belaufe sich zunächst auf 15 Jahre. Der Siegburger steht in den Startlöchern. Sobald die Stadt Siegen der Nutzungsänderung zugestimmt habe, werde er mit den nötigen Baumaßnahmen, inklusive Brandschutz, beginnen. Sein Kolumbarium soll für die Angehörigen rund um die Uhr offen sein. „Sie werden eine Chipkarte als Türöffner bekommen.“

Urnenkirchen

Seit der Antike bezeichnet man mit dem Begriff „Kolumbarium“ Urnenfriedhöfe, bei denen die Urnen der Verstorbenen in kleinen Kammern beigesetzt werden. Es gibt sie seit dem 19. Jahrhundert auf öffentlichen Friedhöfen häufig in Form von Urnenwänden.

In Deutschland werden immer mehr Urnenkirchen eingerichtet, das Kolumbarium entwickelt sich zu einem Trend. Das erste Kolumbarium in einer katholischen deutschen Pfarrkirche wurde 2004 in Krefeld eröffnet.

Grundstück von Bernhard Weiss

Die Geschichte der Christuskirche beginnt etliche Jahre vor ihr festlichen Einweihung im Jahr 1967. Erste Gottesdienste hat es in der Hengsbach schon in den 1930er-Jahren gegeben, damals zunächst im Hof Obere Hengsbach, später auch im Haus des Kirchenoberen Heinrich Steinseifer. Das Provisorium genügt irgendwann nicht mehr. Es wächst der Wunsch, eine Kirche zu bauen. Mitte der 1950er-Jahre wird ein Spendenkonto eingerichtet; der Fabrikant Bernhard Weiss stiftet ein Grundstück. Zu dieser Zeit gehört die Hengsbach noch zur Kirchengemeinde Siegen, sie wird erst 1964 Teil der Eiserfelder Gemeinde. In diesem Zuge nimmt das Projekt Christuskirche Fahrt auf. Mit der Planung beauftragt wird der Koblenzer Architekt Wilhelm Bollmann.

1965: Grundsteinlegung mit Pfarrer Otfried Hofius.
1965: Grundsteinlegung mit Pfarrer Otfried Hofius. © Kirchengemeinde | Kirchengemeinde

Grundsteinlegung ist am Reformationstag 1965. 1966 werden die Glocken geweiht, und im Jahr darauf kann die festliche Einweihung gefeiert werden. Der erste Gottesdienst findet am 22. Januar 1967 statt. Die Christuskirche ist fortan ein Ort der Begegnung. 1981 wird sie erweitert um Räumlichkeiten, in denen das Gemeindeleben noch mehr Platz findet – mit Frauenhilfe, Bibelgesprächs- und Jugendkreis, mit Jungschar, kirchlichem Unterricht und Kirchenchor.

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Berühmter Theologe Karl Barth mochte die Christuskirche

Die besondere Architektur der Christuskirche würdigte mit Karl Barth ein prominenter Theologe. Er stand in durchaus intensivem Kontakt mit dem Siegerland. So hielt er seine letzte öffentliche mündliche Äußerung in Deutschland vor seiner durch die Nazis erwirkten Zwangspensionierung am 26. März 1935 auf einer Synode in der Nikolaikirche Siegen. Kurz vor seinem Tod schrieb er dem Eiserfelder Pfarrer und späteren Tübinger Theologieprofessor Otfried Hofius, dass er die Christuskirche in der Hengsbach für das schönste und gelungenste Kirchengebäude überhaupt halte. Prof. Dr. Marco Hofheinz, der sein Vikariat in Eiserfeld absolvierte und heute an der Leibniz-Universität Hannover forscht und lehrt, hat auf diese Bezüge in einem Beitrag in den Blättern des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins verwiesen. Karl Barth, schreibt er, habe sich regelrecht „verguckt“ in die Christuskirche, die „mit ihren offenen Fenstern hin zur Welt“ ihre ganz eigene Botschaft verkündige.

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