Siegen. . In der Siegener Innenstadt mietet die Uni Siegen neue Gebäude an, am Haardter Berg soll für die Naturwissenschaften ein Laborgebäude entstehen.
Der erste Pflock für eine räumliche Erweiterung der Uni Siegen am Campus Adolf-Reichwein-Straße (AR) ist eingeschlagen: Das Wissenschaftsministerium hat den Bau eines 5000 Quadratmeter großen Laborgebäudes am Abzweig Haardter-Berg-Straße, nördliche Campus-Ecke, bewilligt – ein erster Schritt im Masterplan der Hochschule für die Zwei-Standort-Lösung, nach der die Uni zwei weitere Fakultäten ins Zentrum verlagern und auf dem Haardter Berg die Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät IV erweitern möchte. Weitere Gebäude im Zentrum sind angemietet. Denn die Hochschule platzt nach wie vor aus allen Nähten.
Das Problem: Zu wenig Platz
Alle fünf Jahre wird eine Hochschulentwicklungsplanung HSEP erstellt, gewissermaßen als grobe Entwicklung der nächsten Jahre. 2017 wurde ein beachtliches Flächendefizit festgestellt: Es fehlen 20.000 bis 25.000 Quadratmeter. „Die Uni ist schneller gewachsen, als der Flächenzuwachs mithalten konnte“, sagt Kanzler Ulf Richter, gerade bei Studierendenzahlen und Drittmittelprojekten, die viel Platz benötigen. Die Uni mietet zwar wo möglich geeignete Flächen an – aber die sind in Siegen knapp. Zudem verstreut sich die Uni so noch weiter übers Stadtgebiet als ohnehin schon. Was für den Lehr- und Forschungsbetrieb nicht gerade förderlich ist. Und: Viele Bestandsgebäude – Campus Paul-Bonatz- und Hölderlinstraße – sind in die Jahre gekommen, längst nicht mehr zeitgemäß und sanierungsbedürftig.
Der Masterplan
Das Laborgebäude ist Teil des Masterplans für die Standortentwicklung am Haardter Berg: Dort sollen langfristig (bis etwa 2030) weitere Gebäude für den naturwissenschaftlich-technischen Campus entstehen, die sich um eine parkähnliche Grüne Mitte gruppieren.
Neben Lehr- und Forschungseinrichtungen ist ein Studierendenwohnheim vorgesehen sowie ein „Science Campus“ für universitätsnahe Unternehmen.
Der Prozess: Drei Varianten
Auftrag des Ministeriums: Das Problem in Zahlen fassen.
Die bestehenden Standorte qualifizieren, modernisieren, sanieren und ergänzen – aufwendig, weil für die Bauarbeiten ins Interim gezogen werden muss. „Wir müssten mehrere Jahre woanders hin umziehen – das Geld wäre nicht nachhaltig angelegt“, sagt Baudezernent Jörg Münker. Außerdem bliebe die Uni, wie heute, verstreut.
Die gesamte Uni auf dem Haardter Berg konzentrieren. Keine gute Lösung, denn die Erweiterungsflächen reichen nicht annähernd aus, um den Raumbedarf zu decken.
Die Zwei-Standort-Lösung, Vorzugsvariante der Hochschulleitung: Der Campus Unteres Schloss wird für die Fakultäten I (vordere Friedrichstraße) und II (Häutebachweg/Löhrtor) erweitert, die Fakultät IV mit ihrem Bedarf an Labore, Lager und Technikräumen bleibt am AR, der entsprechend vergrößert wird. Es müsste nur einmal umgezogen werden, ein Interim würde nicht benötigt, die neuen Gebäude können bedarfsgerecht errichtet werden, statt den Bestand aufwendig umzubauen – und es kostet weniger Geld. „Das ist die beste Lösung für die Uni und für die Stadt“, sagt Richter. Im ehemaligen Kreisgesundheitsamt neben dem alten Stadtkrankenhaus, in Teilen der früheren Landeszentralbank Spandauer Straße, der Villa Sauer und dem früheren Bekleidungshaus Sauer am Obergraben werden Seminarräume und Arbeitsplätze für Studierende geschaffen. Bei den vier Gebäuden ist eine langfristige Nutzung geplant.
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Die Finanzierung: Ringen ums Geld
Obwohl weiter Grundstücke in der Stadt gekauft und Gebäude errichtet werden müssen, ist die Zwei-Standort-Variante immer noch günstiger als die Bestandssanierung. „Das würde auch niemals die Qualität bringen wie ein Neubau“, betont Kanzler Richter. Statt Flickschusterei immer nur dort zu betreiben, wo es gerade am schlimmsten ist, betrachte man Uni, Fakultäten, Campus ganzheitlich.
Trotzdem ist das Geld knapp. Das Land muss NRW-weit 30 Hochschulen versorgen, viele mit Sanierungsstau. Die Modernisierung der Unis Bochum oder Bielefeld kosteten je rund eine Milliarde Euro – mit solchen Summen wird auch für Siegen gerechnet.
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Für das neue Laborgebäude wurde nun ein detailliertes Raumprogramm erstellt, das einen Teil des identifizierten Flächendefizits auffängt. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW ist Bauherr, die Planung wird bald ausgeschrieben.
Die Strategie: Zug um Zug in die Stadt
Für den AR-Campus gibt es einen Masterplan, „jetzt brauchen wir einen für die Stadt“, sagt Ulf Richter. Der könnte zum Jahreswechsel fertig sein. Im Sommer soll ein städtebaulicher Wettbewerb beginnen, an dem auch die Öffentlichkeit beteiligt wird und der die Grundlage für Entwürfe bilden soll. „Wir arbeiten eng mit Stadt, Landesbetrieb und Ministerium zusammen“, betont Baudezernent Münker – denn anders als auf dem Haardter Berg sind im Siegener Zentrum mehr Akteure und Betroffene involviert. Kanzler Richter hält dazu Kontakt zu Ministerium, Stadtverwaltung, Kommunalpolitik, Grundstückseigentümern. Der BLB habe sich ausgeklinkt, in der Stadt möchte die Uni als Bauherr fungieren.
Grundlage für die Finanzierung sind weitere Raumprogramme auf Basis des Masterplans, bezogen auf die Fakultäten, die das Ministerium dann genehmigen kann. Im Sommer sollen diese Programme für die Fakultäten I und II im Zentrum eingereicht werden. „Darin wird detailliert festgehalten, wo wie viele Büro- und Seminarflächen benötigt werden“, erklärt Jörg Münker.
Es wird also keinen großen Knall geben, mit dem die Hochschule in einem Rutsch zwei Fakultäten in die Stadt verlagert, sondern ein Vorarbeiten Stück für Stück – Trippelschritte gewissermaßen, wie jetzt mit Anmietung und Herrichtung der vier neuen Innenstadt-Liegenschaften. „Wir reihen Maßnahmen aneinander, und je mehr Maßnahmen umgesetzt werden, desto logischer ist die nächste Folgemaßnahme“, sagt Ulf Richter. „Das ist etwas mühsamer, aber verdaulicher für die Uni und ihr Baudezernat und für die Stadt.“
Die Uni Siegen sichert sich weiterhin Flächen, die infrage kommen und arbeitet zudem an einem Verkehrskonzept. Die Bebauungspläne für die Bereiche Friedrichstraße und Häutebachweg, wo sich die beiden Fakultäten ansiedeln sollen, sind aufgestellt.
Rückbau der Altstandorte Hölderlin- und Paul-Bonatz-Straße?
Im Zuge der Zwei-Standort-Strategie möchte die Uni die Standorte Hölderlin- und Paul-Bonatz-Straße sowie später auch Emmy-Noether-Campus aufgeben. Eigentümer ist der BLB. Vorgesehen ist im Masterplan Haardter Berg, dass die Gebäude verkauft werden.
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Möglich wären Rückbau und Umnutzung der Flächen für Wohnbebauung. Laut Jörg Münker wurden im begleitenden Gutachten diese Alternativen aufgezeigt, auch erste Bedarfe seien ermittelt worden. „Wir müssen nicht fürchten, dass sich kein Käufer findet.“ Derzeit läuft die 100 Millionen Euro teure Sanierung weiter Teile des Adolf-Reichwein-Campus – und auch der Rest ist sanierungsbedürftig. Dafür wurden große Teile des Geldes aus dem Hochschulkonsolidierungsprogramm (HKoP) vom Land bereitgestellt – neben den regulären Landeshaushaltsmitteln für Unterhaltung und Sanierung. Auch für die Erneuerung des übrigen AR-Campus rechnet die Uni damit, dass eine solche Finanzierung gefunden werden kann.
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