Siegen. Die Volt-Fraktion ist im Rat Siegen und der Kommunalpolitik noch recht neu. Nach zwei Jahren zieht sie Zwischenbilanz und gewährt Einblicke.

Sie gingen pragmatisch an die Sache heran. „Wenn Du eine gute Idee hast, wirst Du schon eine Mehrheit finden“, beschreibt Vorsitzender Samuel Wittenburg, wie die Volt-Fraktion vor fast zwei Jahren in die Ratsarbeit gestartet sei. Dass es in der Politik oft anders läuft, sei einer der Punkte, die die Vertreterinnen und Vertreter der noch jungen Partei hätten lernen müssen. Entmutigt habe sie das nicht, betonen die Teilnehmer beim Gespräch zu einer ersten umfangreicheren Zwischenbilanz.

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Volt trat in Siegen bei der Kommunalwahl am 13. September 2020 zum ersten Mal überhaupt an, erhielt 3,0 Prozent der Stimmen und damit zwei Sitze im Rat. 57 Anträge hat die Fraktion seitdem nach eigenen Angaben eingebracht, davon 34 allein und 23 mit einer oder mehreren anderen Fraktionen zusammen. Insgesamt seien 31, wenn auch teils in abgeänderter Form, angenommen worden. „Man kann viel machen. Aber man muss auch manche Kröte schlucken“, sagt Samuel Wittenburg über die Position in der Opposition.

Siegen: Volt brachte die Oben-ohne-Erlaubnis an den Start – aber noch einiges mehr

Im Siegener Rat hatten sich CDU und SPD auf eine Kooperation verständigt und damit eine knappe Mehrheit gesichert, die allerdings nach etwa einem Jahr mit dem Austritt dreier CDU-Mitglieder passé war. Inzwischen gibt es neun Fraktionen im Stadtparlament, weil ehemalige Mitglieder der CDU-Fraktion die Fraktion „Gemeinsam für Siegen“ (GfS) formten. Samuel Wittenburg lobt „die wirklich sehr gute Zusammenarbeit“ mit den kleineren Fraktionen. Sei Volt zunächst noch einzelkämpferisch an die Sache herangegangen, hätte sich inzwischen ein oft fruchtbares Miteinander herausgebildet. Mit der parteiübergreifenden Zusammenarbeit „kann man echt etwas bewegen“.

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Viel Aufmerksamkeit erntete zuletzt der Volt-Antrag, das Oben-Ohne-Baden für alle in den Frei- und Hallenbädern zu gestatten. Volt möchte aber nicht auf diesen prominenten Vorstoß reduziert werden. In die jüngste Haushaltsplanung habe die Fraktion ihre Vorstellungen teilweise einbringen können. Im Stellenplan sei die Einrichtung einer jeweils zusätzlichen Stelle im Bürgerbüro, in der Öffentlichkeitsarbeit und bei der Bäderverwaltung gestrichen worden, wie Fraktionsgeschäftsführer Jacob Kammann erläutert. Dafür ist nun eine volle Stelle „Grundschulbibliotheken“ vorgesehen, wie Erik Dietrich, sachkundiger Bürger, ergänzt: „Dafür haben wir gekämpft“, denn damit soll die frühzeitige Leseförderung gestärkt werden.

Die Volt-Fraktion im Rat der Stadt Siegen schlug aus Gründen des Klima- und Tierschutzes ein Verbot des privaten Silvester-Feuerwerks vor. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Anregung, seitens der Stadt eine umweltverträglichere Lichtshow als Alternative zu bieten, sollte laut Beschluss aber zumindest geprüft werden.
Die Volt-Fraktion im Rat der Stadt Siegen schlug aus Gründen des Klima- und Tierschutzes ein Verbot des privaten Silvester-Feuerwerks vor. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Anregung, seitens der Stadt eine umweltverträglichere Lichtshow als Alternative zu bieten, sollte laut Beschluss aber zumindest geprüft werden. © WP | Hendrik Schulz (Archiv)

Volt Siegen: Ärger mit Rasern, Feuerwerksverbot – Fraktion will Diskussionen anstoßen

Zusammen mit Linken, UWG und Grünen machte sich Volt außerdem für die Stärkung der Beiräte und des Jugendparlaments stark, die künftig in allen Ausschüssen ein Antragsrecht bekommen sollen statt, wie bisher, nur in wenigen. Auch die Einführung des Streamings von Ratssitzungen auf einen gemeinsamen Antrag mit den Grünen hin und die Mehrheit für einen Schutz stadtbildprägender Bereiche nach dem Abriss des Deutschen Hauses in Weidenau auf Grundlage eines gemeinsamen Antrags mit Grünen, UWG, Linken und FDP seien besondere Erfolge.

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Doch selbst, wenn Anträge nicht beschlossen wurden, könnten mitunter schon die Versuche als Erfolge gewertet werden. „Wir stellen manche Anträge, damit überhaupt über ein Thema geredet wird“, erklärt Jakob Kammann. Natürlich stehe immer der Wunsch dahinter, im Idealfall ein positives Votum zu erzielen. Doch etwa beim Antrag, privates Feuerwerk zu Silvester zu untersagen und dafür als Ersatz eine zentrale Licht- und Lasershow anzubieten, sei schon im Vorfeld recht klar gewesen, dass sich kaum eine Mehrheit finden würde. Wenigstens stand aber das Thema auf der Tagesordnung, immerhin griffen die Medien den Vorschlag und seine Begründung mit den Umweltbelastungen und den unschönen Auswirkungen auf Haus- und Wildtiere, die mit einem Feuerwerk einhergehen, auf. Auch dem Thema „Raser und Poser“ widmete sich die Fraktion, suchte bei öffentlichen Terminen den Austausch mit Anwohnerinnen und Anwohnern und der Innenstadt und regte unter anderem eine veränderte nächtliche Ampelschaltung in Siegen an. Der Antrag scheiterte. Doch das Problem würde öffentlich thematisiert.

Siegen: Volt bekommt im Rat teilweise auch Gegenwind – doch die Motivation bleibt

Außer Eric Dietrich, früher in der SPD, hatte in der Voltfraktion niemand aktive politische Erfahrung. „Wir finden, dass wir uns dafür sehr erfolgreich in der Politik engagiert haben“, sagt Jacob Kammann. Ältere und erfahrene Ausschuss- und Ratsmitglieder aus anderen Fraktionen hätten es gelegentlich an Taktgefühl vermissen lassen, hätten den oft noch sehr jungen Vertreterinnen und Vertretern von Volt beim Rausgehen etwas im Stil von „Lass es doch einfach“ zugeraunt, wie Samuel Wittenburg erzählt. Doch die Volt-Leute hätten sich davon nicht einschüchtern lassen: „Wir sind ja mit Gestaltungswillen angetreten.“

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So soll es auch die kommenden drei Jahre bis zur nächsten Kommunalwahl bleiben, betont Jacob Kammann: „Wir haben immer noch Lust.“

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