Siegen. CDU stimmt zähneknirschend Kompromiss-Haushalt zu, um wichtige Projekte wie Hallenbad Weidenau oder Schleifmühlchen-Kreisel nicht zu gefährden.

Mehr als 200 Zuschauer – „für die Premiere nicht schlecht“, findet Bürgermeister Steffen Mues. Erstmals wurde eine Ratssitzung im Livestream im Internet übertragen. Nach der zeitweise eskalierten Sitzung im März bemühten sich nun die Meisten um versöhnliche Töne – immerhin ging es mit dem Haushalt darum, ob Siegen finanziell handlungsfähig bleibt. „Wir haben einen Haushalt 2022 – wir können anfangen mit dem Geld ausgeben“, sagte Mues.

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Die Grundsteuer B wird um 60 Punkte angehoben, wie von den sechs Fraktionen Grüne, FDP, UWG, Linke, Volt und Gemeinsam für Siegen (GfS) gewollt. Die CDU stimmte der in der Zwischenzeit von der Verwaltung vorgelegten Kompromisslösung zu – um den Haushaltsausgleich aus eigener Kraft zu schaffen, um Projekte wie die Schleifmühlchen-Sanierung oder die Hallenbad-Erweiterung in Weidenau nicht zu gefährden, genauso freiwillige Leistungen wie Zuschüsse für Vereine, so Fraktionsvorsitzender Marc Klein. Eine Erhöhung um 80 Punkte betrachte man nach wie vor als richtig und stehe den beschlossenen Anträgen der sechs Fraktionen zum Stellenplan (wir berichteten) weiter sehr kritisch gegenüber. Aber es gelte eben, Haushaltssperren zu vermeiden.

Siegens Autos brauchen 500.000 Liter Sprit im Jahr – bei den Spritpreisen wird das teuer

Der Kooperationspartner SPD wäre ebenfalls für die stärkere Erhöhung gewesen und lehnte den Haushalt ab. Ingmar Schiltz äußerte Bedenken mit Blick auf die Rechnung am Jahresende: Der Antrag der sechs Fraktionen habe den Haushaltsausgleich nichtmal auf dem Papier geschafft, dieser Kompromiss leiste zumindest das. Mit mehr Gewerbesteuern zu kalkulieren – ohnehin eine schwer planbare Größe –, sei in Krisenzeiten mit aktueller Preisentwicklung und Inflationsrisiko noch wackeliger. Bei 500.000 Litern jährlichem Kraftstoffverbrauch der städtischen Fahrzeugflotte würden allein die aktuellen Spritpreise Mehrkosten von 250.000 Euro verursachen und den geplanten Überschuss fast vollständig aufzehren. Dazu kämen die Kosten der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen: „Wir machen das gerne“, sagte Schiltz, aber erfahrungsgemäß seien die Erstattungen durch Land und Bund nicht kostendeckend. Man rechne in Kürze mit einer Haushaltssperre durch den Kämmerer.

Die Regie: Fünf Kameras übertragen das Geschehen aus der Siegerlandhalle.
Die Regie: Fünf Kameras übertragen das Geschehen aus der Siegerlandhalle. © Hendrik Schulz

„Wir sind nicht grundsätzlich Skeptiker bei Steuererhöhungen“, betonte Grünen-Fraktionschef Michael Groß – aber sie seien ein schwerer Eingriff. Hier liege aber ein akzeptabler Kompromiss vor, der „allen etwas abverlangt. Wir stehen nicht jubelnd daneben.“ Doch es sei ein wichtiger Schritt, dass Gelder nun auch ausgezahlt werden können. „Kompromisse sind gut in einer Demokratie, auch wenn sie nicht allen richtig schmecken.“

Folgen des Ukrainekriegs für die Siegener Finanzlage nicht absehbar

Laut Kämmerer Wolfgang Cavelius gebe die beschlossene Erhöhung der Gewerbesteuer um zehn Punkte zusätzlichen Spielraum – wenn die Einnahmen denn hoch genug ausfallen, um den Coronaschaden zu kompensieren. Mit unter anderem einer avisierten Mehrzahlung von 1,6 Millionen Euro könne die Stadt Siegen insgesamt 69 Millionen Euro erreichen, „wenn alles gut geht“. Das sei nun die einzige Möglichkeit für den Ausgleich – der Ukrainekrieg und dessen Folgen für die Wirtschaft könnten das aber womöglich in Frage stellen, das sei derzeit nicht absehbar.

Neben Tagesordnungspunkt, Name und Funktion der redenden Personen können auch Präsentationen im Livestream gezeigt werden – das erleichtert es dem Publikum, der Debatte zu folgen.
Neben Tagesordnungspunkt, Name und Funktion der redenden Personen können auch Präsentationen im Livestream gezeigt werden – das erleichtert es dem Publikum, der Debatte zu folgen. © Hendrik Schulz

Markus Nüchtern bekräftigte für die FDP, dass man die Gewerbesteueranhebung sehr kritisch sehe, sie werde nur geringe Auswirkungen haben, prognostizierte er.

Professioneller Livestream: Siegener Verwaltung stemmt die Premiere im Rat

5 Kameras übertrugen die Debatte aus dem Gläsersaal der Siegerlandhalle ins Internet – die Stadtverwaltung hat eine durchaus professionelle Liveübertragung der Sitzung auf die Beine gestellt. 19 Stadtverordnete wollten nicht im Bild gezeigt werden, sie wurden entsprechend überblendet; Rednerinnen und Redner ansonsten in Großaufnahme gezeigt. Dagegengeschnitten wurden Ansichten aus dem Saal.

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200 Personen verfolgten den Livestream; eingeblendet wurde für das Publikum an den Bildschirmen auch von der Regie die jeweiligen Tagesordnungspunkte, Namen und Funktionen der Gezeigten. Auch Präsentationen, etwa zur komplexen Planung für den Ausbau des Schleifmühlchen-Kreisverkehrs, wurden zur besseren Verständlichkeit des Geschehens, übertragen