Siegen. Die Volt-Fraktion regt veränderte Ampelschaltungen im Siegener Stadtgebiet an. „Alles-Rot-/Sofort-Grün“-Lösung soll Raser und Poser ausbremsen.

Die Schwierigkeiten mit Rasern im Stadtgebiet werden erneut Thema in der Siegener Politik. Die Volt-Fraktion möchte die Verwaltung prüfen lassen, „ob die Einrichtung einer sogenannten Alles-Rot-/Sofort-Grün-Schaltung die innerstädtische – vor allem nächtliche – Raserei und Lärmbelästigung reduzieren kann“, wie einem Antrag zu entnehmen ist. Außerdem soll die Installation fester Radaranlagen „an den bekannten Stellen“ untersucht werden. Zunächst beschäftigt sich damit am Donnerstag, 19. August, der Aussschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung.

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Es handele sich um „ein bekanntes Problem, zu dem es noch keine zufriedenstellende Lösung gibt“, heißt es in dem Antrag zur „Bekämpfung der innerstädtischen Raserei“ einleitend. Die Stadt brauche „pragmatische Ansätze“. Einfach in den Griff zu bekommen ist die Situation nicht. In den vergangenen Jahren nahmen die Schwierigkeiten mit der so genannten Poser-Szene deutlich zu – also mit jenen Zeitgenossen, die ihre (häufig getunten) Autos möglichst lautstark und/oder möglichst schnell durch die Stadt fahren möchten (wir berichteten). Lautstarke Fehlzündungen, Lärm verursachende Manipulationen an den Fahrzeugen, das Drehen von Donuts (Vollgas beim Anfahren, damit der Wagen mit heulendem Motor und quietschenden Reifen im Kreis driftet), sogar Rennen häufen sich, belästigen und gefährden Unbeteiligte vor allem entlang der Nord-Süd-Hauptverkehrsachse von Eiserfeld über Siegen und Weidenau nach Geisweid.

Siegen: Polizei kontrolliert Poser-Treffpunkte wie den Obi-Parkplatz regelmäßig

Die Polizei intensivierte daraufhin beispielsweise die Kontrollen der einschlägigen Szene-Treffpunkte, etwa des Obi-Parkplatzes in Weidenau oder der Flächen unter der HTS in Geisweid. Außerdem holten die Beamten einen Kfz-Meister ins Team, der bei diesen Einsätzen direkt vor Ort feststellen kann, welche technischen Veränderungen an den Fahrzeugen legal sind – und welche nicht. Die Stadt führte an den Wochenenden ein nächtliches Durchfahrverbot in der Löhrstraße ein, da gerade diese Strecke bei Posern für ihre Lärm-Fahrten sehr beliebt ist und die Anwohnerinnen und Anwohner darunter zu leiden hatten.

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Gerade, was den Lärm betrifft, ist die Sache aber gar nicht so leicht, weil der Geräuschpegel maßgeblich von der Fahrweise abhängt. Die Tatsache allein, dass ein Auto unangemessen laut werden könnte, eröffnet keine Handhabe gegen den Fahrer oder die Fahrerin, solange keine verbotene Manipulation am Wagen vorgenommen wurde. Um jemanden wegen Lärmbelästigung dranzukriegen, muss diese konkret für den Einzelfall nachgewiesen werden. Und da wird es schwierig, weil die Fahrer beispielsweise den knallenden Auspuff immer und überall ertönen lassen können, ohne dass es sich danach noch hieb- und stichfest beweisen lässt.

Siegen: Neue Ampelschaltung soll Raser und Poser ausbremsen

Mehrere Parteien hatten auf die frühere Berichterstattung hin in Aussicht gestellt, sich des Problems annehmen zu wollen. Schließlich legten die Grünen im August 2020 im Verkehrsausschuss eine Anfrage vor. Danach wurde es zwar in der Politik wieder ruhig ums Thema, nicht aber auf den Straßen. „Es ist pures Glück, dass es in den letzten Jahren zu keinen schweren Unglücken mit Unbeteiligten, Verletzten oder gar Toten gekommen ist“, schreibt Volt- in der Antragsbegründung.

So funktioniert’s

Eine „Alles-Rot-/Sofort-Grün-Schaltung“ (ARSG) zeigt grundsätzlich für alle Verkehrsteilnehmer an einer Ampel Rot. Für Fußgänger wechselt das Signal auf Grün, sobald sie einen Knopf an der Ampel drücken. Für herannahende Autos wechselt sie auf Grün, wenn Detektoren die Wagen in einer bestimmten Entfernung erfassen.

Der Wechsel auf grünes Licht für Autofahrer erfolgt aber innerhalb der Zeit, die aufgrund des jeweils geltenden Tempolimits angemessen ist. Wer schneller fährt, muss folglich bremsen, um die Ampel nicht bei Rot zu passieren. Raser, die nicht vom Gas gehen, würden also einen schweren Verstoß gegen die Verkehrsregeln riskieren.

Der wesentliche Unterschied zu den üblichen Ampelschaltungen: Normalerweise zeigen die Anlagen in solchen Konstellationen für Autos immer Grün und nur für Fußgänger immer Rot, bis diese den Knopf drücken.

Die vorgeschlagene Alles-Rot-/Sofort-Grün-Schaltung der Ampeln habe nach Angaben der Fraktion – unter Berufung unter anderem auf die Ergebnisse einer Forschungsarbeit des österreichischen Verkehrssicherheitsfonds – einige Vorteile. So würden die zulässige Geschwindigkeit besser eingehalten und die Verkehrssicherheit damit erhöht, Lärm und Benzinverbrauch würden gesenkt, die Verlustzeiten und die Anzahl der Halte verringert.

Nachteile gebe es aber auch, etwa höhere Baukosten und mehr gerätetechnischen Aufwand. „Es gilt in der Prüfung Kosten und Nutzen abzuwägen und das Prüfungsergebnis dem Rat zur Entscheidung vorzulegen“, heißt es abschließend. Außerdem sei der Schutz von Fußgängern und Anwohnern zu berücksichtigen.

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