Siegen. Denkmalschutz für historische Bausubstanz in Quartieren soll in Siegen größere Bedeutung bekommen: „Bereits wertvolle Bauwerke verloren gegangen“

Die rare historische Bausubstanz in Siegen soll besser geschützt werden, darin sind sich die Fraktionen einig. Nachdem das frühere Hotel „Deutsches Haus“ in Weidenau abgerissen wurde (wir berichteten), hatten Volt, Grüne, UWG, Linke und FDP beantragt, städtebaulichen Denkmalschutz zu etablieren, um zu verhindern, dass stadtbildprägende Siedlungsbereiche nicht dem Abrissbagger zum Opfer fallen. Es geht dabei nicht um einzelne Gebäude, sondern um Quartiere und Straßenzüge, in denen noch weitgehend alte – also von vor dem Zweiten Weltkrieg – Bausubstanz vorhanden ist.

Rechtlich ist das durchaus vertrackt, erläuterte Stadtbaurat Henrik Schumann in einer gemeinsamen Sitzung von Bau- und Kulturausschuss. Denn um Grundstückseigentümern entsprechende Vorschriften machen zu können, brauche es das passende Instrumentarium – rechtssicher vor allem, weil es erhebliche Eingriffe in die Eigentumsrechte seien. Beim Deutschen Haus beispielsweise habe er lange mit dem Investor telefoniert, „nichts zu machen“, sagte Schumann achselzuckend. „Der Sinn für das Gemeinwohl scheint ein Stück weit verloren gegangen“, dass es sich um identitätsstiftende Gebäude handle, „für diese Verpflichtung haben einige keinen Sinn.“

Stadt Siegen muss Instrumente gut abwägen – Eingriff ins Eigentumsrecht

Als Verwaltung könne man Gestaltungs-, Erhaltungs- und Denkmalbereichssatzungen erlassen, letzteres sei das schärfste Schwert. Was verwirklicht werde, hänge von politischer Beschlusslage und vor allem von einer intensiven Analyse der Situation und der Begründung möglicher Eingriffe ins Eigentumsrecht durch die Stadt ab; auch der für Denkmalschutz zuständige Landschaftsverband LWL müsse mitziehen. Vor allem aber bedeute ein flächendeckendes Konzept eine enorme Arbeitsbelastung für die Verwaltung, „das schaffen wir nicht mit der bestehenden Mannschaft. Dafür brauchen wir mehr Personal“, so der Stadtbaurat.

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Gestaltungssatzungen gebe es im Geisweider Wenscht und in Siegen-Mitte, wo die Stadt bei Bauprojekten einen Genehmigungsvorbehalt hat. „Das ist ein probates Mittel, um Ensembles zu schützen“, so die Einschätzung Schumanns – und auch das sei „Kärrnerarbeit“. Vorschlag der Verwaltung: Bis Anfang 2022 wird dargelegt, welche Möglichkeiten die Stadt überhaupt in dieser Frage hat, dann kann die Politik konkretere Maßnahmen beschließen. Ein ganzes Denkmalschutzkonzept wie im Antrag formuliert oder auch nur eine Darstellung der vorhandenen schutzwürdigen Gebiete könne man nicht leisten.

Die Meinungen der Siegener Ratsfraktionen zum Denkmalschutz

„Es sind bereits wertvolle Bauwerke verloren gegangen“, sagte Christian Welter für Volt; kein gutes Zeugnis für den Umgang mit Baukultur. „Wir erleben eine Erosion intakter städtebaulicher Zusammenhänge“, weil Einzelgebäude nicht den Kriterien des Denkmalschutzes entsprechen (siehe Infobox). Das sei nicht als Vorwurf an die Unternehmen zu verstehen, aber dort würden eben oft auch Alternativen nicht bedacht. „Die Achtung vor den Leistungen unserer Vorfahren fehlt“, so der Architekt. „Wir dürfen die Stadt nicht den Baukaufleuten überlassen.“ Es gehe in dieser Frage nicht nur um Wirtschaftlichkeit, also müsse die Stadt den Rahmen schaffen, um dem Stadtbild auch über die nächsten Generationen zu helfen.

Komplizierte Vorgaben

Das „Deutsche Haus“ sah von außen zwar durchaus denkmalschutzwürdig aus – dafür werden aber nicht nur äußere optische Kriterien angelegt. Im Inneren ist es bereits so stark umgebaut („überformt“) worden, dass es nicht mehr schutzwürdig war.

Auch die Umgebung spiele eine Rolle, erläuterte Stadtbaurat Schumann: Im Bereich Bismarck- und Charlottentalstraße gebe es zwar durchaus wertige Bebauung, für die Ecke Weidenauer-/Waldhausstraße gelte das aber eher nicht.

„Wir müssen aufpassen, dass wir das Wenige, was wir noch haben, auch erhalten“, pflichtete Bärbel Gelling (Grüne) bei.

Es gebe ja durchaus Möglichkeiten zur Modernisierung, bei denen das Erscheinungsbild eines Gebäudes erhalten bleibe, erinnerte Günther Langer (UWG) etwa an das Apollo-Theater – davon ist nur noch die Fassade historisch. Es gelte, Investoren dafür zu sensibilisieren.

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„Der Eingriff ins Eigentum ist erheblich“ – auch schon bei einer Gestaltungssatzung werde das von vielen als Gängelung empfunden, warnte Mark Rothenpieler (CDU). Tragisch, dass die entsprechende Förderung für Eigentümer faktisch auf Null gefahren worden sei, sagte Ansgar Cziba (Grüne) – ein Denkmal oder auch nur eine Fassade zu erhalten, sei „richtig aufwendig“.