Winterberg. Sara Pivat-Alles macht eine Ausbildung zur Friseuse und hat wegen Corona und des Lockdowns ganz eigene Zukunftssorgen. So geht sie damit um.
Hier ein paar Zentimeter weniger, dort ein bisschen Farbe und zum Abschluss noch alles in eine anständige Form föhnen. Durch Corona und den Lockdown ist der Besuch beim Friseur derzeit nicht möglich. Während das die Friseure hart trifft, ist auch eine andere Gattung von dem Lockdown schwer getroffen: Die Auszubildenden in dem Beruf. Das merkt auch Sara Pita Alles aus Winterberg.
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Die 17-Jährige begann ihre Ausbildung im August vergangenen Jahres im Salon von Ulrich Brieden. Ihre Ausbildung wurde in den vergangenen sechs Monaten vollkommen auf den Kopf gestellt. Statt Unterricht im Berufskolleg in Olsberg und Arbeiten am Kunden gibt es jetzt Online-Unterricht und bestenfalls Arbeiten an einem Puppenkopf. Statt Gegenstände, Haarstrukturen und ähnliches im Unterricht vor Augen zu sehen, anfassen und benutzen zu können, gibt es jetzt keine praktischen Elemente mehr im Unterricht. Das wäre vor dem Computer auch schwierig umzusetzen. Stattdessen muss sie intensiv mitarbeiten, Aspekte recherchieren, voll engagiert sein, um jetzt bloß nichts zu verpassen.
Puppenmodelle reichen nicht
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Der praktische Teil am Puppenmodell ist eine ganz andere Baustelle. „Das ist am Anfang gut, aber mit der Zeit bin ich daran nicht mehr produktiv, weil an der Puppe eben auch nur begrenzt Veränderungen möglich sind“, sagt Sara. „Das erschöpft sich schnell und spiegelt nicht die Realität wider. Jedes Lebensmodell hat ganz andere Haare, andere Strukturen und Wirbel. Das ist viel schwieriger“, ergänzt Brieden.
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Im Salon ist Sara daher mehr gewohnt. Herrenschnitte, Strähnchen machen, Haare färben, Dauerwelle üben. Kein Problem. Die Auszubildende verfügt schon über Erfahrung durch ein Schülerpraktikum im Salon und Ulrich Brieden ist ein Freund davon die Lehrlinge möglichst schnell auch ans Arbeiten zu bekommen, damit sie den Berufsalltag erleben können. Jetzt besteht der Alltag hingegen oft aus Langeweile. Denn lebende Modelle gibt es nicht viele.
Winterbergerin setzt auf Freunde und Familie
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Ihrer Freundin durfte Sara die Spitzen schneiden und Locken ins Haar machen. Ihre Mutter muss jedes Mal herhalten, wenn die Haare geföhnt werden sollen. Das übernimmt die engagierte Tochter zu gerne, um an den eigenen Fertigkeiten stets weiterzuarbeiten. Ihr Umfeld unterstützt sie gerne, aber auch das ersetzt nicht die Realität im Beruf. Sara will mehr. „Ich vermisse den Kundenkontakt und das Soziale, das damit einhergeht. Jeder Kunde ist einzigartig und das kann privat nicht ersetzt werden. Ich habe Lust auf den Alltag und meine Kollegen.“
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Denn das Berufsfeld hat es ihr angetan. Schon früh fand die 17-Jährige Gefallen daran, ihre eigenen Haare immer wieder zu verändern. Das Praktikum bestätigte sie dann darin, auch eine Ausbildung in dem Bereich zu machen. „Es macht so viel Spaß die Leute neu zu erfinden. Alleine durch Haare kann so viel verändern. Ich gucke mir die Kunden an und überlege sofort, was alles möglich ist. Das ist super und ich freue mich auf die weitere Zeit.“
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Sara ist gespannt, wie es weitergehen wird in ihrer Ausbildung, da ihr entsprechend Zeit fehlt und das Wissen irgendwie aufgeholt werden muss. Sie hat Angst zu viel zu verpassen und dadurch später Nachteile zu haben. Den Blick auf eine Zeit nach der Ausbildung richtet sie nicht zu sehr. Zwar ist unklar, wie schwer es ist, eine Stelle zu erhalten, wenn durch den Lockdown der ein oder andere Salon schließen muss, aber die 17-Jährige hat zunächst ihre Ausbildung vor Augen.
Sorge um Berufsstand
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Ulrich Brieden sorgt sich auch um die Auszubildenden. Teil 1 der Gesellenprüfung ist extra verschoben worden, damit keine Nachteile entstehen. Eigentlich hätte die Prüfung im Frühjahr stattfinden sollen. Der neue Termin ist im Sommer. „Es herrschte schon rege Unruhe bei den Azubis. Sie sollen aber nicht mit Angst in die Prüfungen gehen müssen“, sagt der Profi mit 56 Jahren Berufserfahrung. Brieden bangt aber nicht nur mit dem Nachwuchs, sondern auch um ihn. „Corona macht keine gute Werbung für uns. Es werden kaum Jugendliche sagen, dass sie im Sommer eine Ausbildung zum Friseur beginnen möchten. Es gibt keine Anfragen derzeit.“ Der Obermeister der Friseurinnung Meschede/Brilon erzählt, dass die Zahlen ohnehin rückläufig sind. Im ersten Lehrjahr befinden sich laut Kreishandwerkerschaft derzeit acht Azubis, im zweiten Lehrjahr neun und im dritten Ausbildungsjahr befinden sich elf Lehrlinge.
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Die geringe Zahl der Lehrlinge könnte sich auch negativ auf das Berufskolleg Olsberg auswirken, wo der Unterricht stattfindet. Wird dort nicht die nötige Mindestanzahl erreicht, müssen die Schüler nach Arnsberg oder gar Dortmund ausweichen. Brieden versteht nicht, wieso das Berufsbild so sehr an Attraktivität eingebüßt hat. „Vor ein paar Jahren war es noch einer der beliebtesten Berufe bei Frauen. Man müsste früher Werbung in den Schulen machen. Es gibt noch andere Möglichkeiten als das Abitur.“