Brilon. Petra Vorderwisch ist Leiterin der Pflegeschule in Brilon. Im Gespräch erklärt sie, wieso die Branche viel selbstbewusster werden muss.
Während der Corona-Krise wurde viel für Pflegekräfte geklatscht. Von Balkonen, im Krankenhaus. Die Wertschätzung war riesig. Petra Vorderwisch nickt, wenn man sie darauf anspricht. Sie ist die Leiterin der Briloner Pflegeschule des Maria-Hilf Krankenhauses. Hier werden Pflegekräfte geschult und ausgebildet. Ein unterschätzter Beruf: „Viele denken, es geht um das klassische ‘Satt und Sauber’. Aber wenn man einmal einen Blick hinter die Kulissen wirft, dann sieht man, dass es um so viel mehr geht. Organisation, Planungskompetenz und ein hohes Maß an Verantwortung.“ Eine „hochspannende“ Arbeitswelt, sagt Petra Vorderwisch – in der es einige Neuerungen, aber auch einige Ängste gibt.
Die Ausbildung
Das Bildungszentrum für Gesundheitsberufe am städt. Krankenhaus bildet seit 1982 Krankenschwestern und Krankenpfleger, aktuell Gesundheits- und Krankenpfleger/innen und zukünftig Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner aus und ist einer der größten Ausbildungsbetriebe in der Region. Bis heute hat sich die Ausbildungskapazität auf insgesamt 75 Plätze erhöht.
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Die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege erfolgt nach dem Krankenpflegegesetz und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege in der jeweils gültigen Fassung und dauert drei Jahre. Das Curriculum orientiert sich an der Ausbildungsrichtlinie NRW. So in etwa beschreibt sich die Krankenpflegeschule im Internet. Seit 2019 wird zusätzlich eine einjährige Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegeassistenz angeboten. Allerdings, Petra Vorderwisch hat einige Neuigkeiten, die zwar nicht ganz so neu, aber noch nicht allzu bekannt sind.
Die neue Ausbildung...
Ab Oktober diesen Jahres bildet das Bildungszentrum in der generalistischen Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann in der dreijährigen Ausbildung aus. So soll ab 2021 nicht nur die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft möglich sein, sondern auch die modernisierte einjährige Ausbildung zur Pflegefachassistentin/ zum Pflegefachassistenten. Der Unterschied ist nicht nur, dass die Pflegefachassistenten eine einjährige und damit kürzere Ausbildung absolvieren, sondern auch das Aufgabenspektrum. „Pflegefachkräfte sind für die Steuerung des Pflegeprozess zuständige.
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Der Pflegeprozess umfasst die Informationssammlung über den Patienten, schaut welche Pflegeprobleme vorhanden sind, schaut aber auch, welche Fähigkeiten und Möglichkeiten der zu Pflegende einbringen kann. Pflegende sprechen von Ressourcen die die Patientin oder der Patient hat. Pflegefachkräfte formulieren dann die individuellen Pflegeziele und überlegen sich pflegerische Maßnahmen um die Ziele erreichen zu können. Zum Abschluss haben Pflegende die Aufgaben den Erfolg der Maßnahmen in der sogenannten Evaluation zu bewerten um dann ggf. ein Pflegeproblem abschließen zu können, weil das Ziel erreicht wurde, oder aber, um neue Ziele zu formuliere. Pflegefachkräfte haben somit sehr viel Verantwortung für ihre Patienten und haben komplexe Aufgaben in der Organisation und Administration.
Die Gesundheits- und Krankenpflegeassistenten und zukünftig Pflegefachassistenten finden ihre Aufgaben bei der Durchführung der geplanten Pflege, also die direkte Versorgung der Patienten, erklärt Petra Vorderwisch. Somit ist die Pflegeassistenz noch näher am Patienten. „Das ist ein toller Qualifikationsmix. Diese Pflegeteams sind eine hochspannende Geschichte“, betont Petra Vorderwisch die Vorteile. Eine ganze Weile habe es in der Vergangenheit geheißen, dass es Pflegeassistenten nicht brauche.
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Viele wollten lieber die Kräfte mit der dreijährigen Ausbildung. Allerdings sei die Stelle des Pflegeassistenten dringend notwendig – und zusätzlich ein niederschwelliger Einstieg in die Pflege für Menschen, die sich eine dreijährige Ausbildung nicht zutrauen. „In der Folge erhofft man sich, dass mehr Menschen den Weg in die Pflege finden. Natürlich muss man ganz neu lernen, wie man sich in diesen Teams organisiert. Die Pflegefachkräfte müssen das Delegieren noch mehr lernen und auch lernen im Qualifikationsmix und im Team das jeweils geplante Pflegeziel zu erreichen. Aber wenn man sich gut strukturiert, dann kann man nur voneinander profitieren.“ Wer sein Herz für die Pflege entdecke und die einjährige Ausbildung erfolgreich abschließt, könne natürlich jederzeit die Ausbildung zur Pflegefachkraft an die einjährige Assistenz anhängen.
… und ihre Vorteile
Mehr Pflegeauszubildende erhofft sich Petra Vorderwisch durch die Möglichkeit der einjährigen Ausbildung.
Noch mehr Neuigkeiten
Das Bildungszentrum für Gesundheitsberufe bildet nicht mehr nur die Auszubildenden des Krankenhauses Maria-Hilf Brilon aus. Auch unsere Kooperationspartner wie zum Beispiel der Caritasverband Brilon, die Seniorenresidenz Brilon, das Wachkomahaus Oase in Brilon können als Träger der praktischen Ausbildung ihre Auszubildende im Bildungszentrum ausbilden lassen. Weitere Kooperationspartner sind an der Ausbildung beteiligt um den Auszubildenden eine qualifizierte und den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Ausbildung in der Region anbieten zu können. Für das Jahr 2021 ist eine Erweiterung der Ausbildungskapazitäten angedacht
Der Fachkräfte-Mangel in der Pflege ist ein Problem, dass nicht nur im strukturschwachen Hochsauerlandkreis besteht. Allerdings stellt sich das Bildungszentrum nun mit den neuen Möglichkeiten an ihrem Standort heraus. „Wir freuen uns, dass wir beide Ausbildungsgänge anbieten können“, sagt Petra Vorderwisch. Zudem sei diese Ausbildung nicht nur für junge Menschen gedacht: „Das ist ein krisenfester Job auch für Frauen, die nach einer langen Familienpause wieder in einen festen Job wollen. Für Frauen im fortgeschrittenen Alter, die wieder in den Beruf wollen. Ein Jahr ist als Ausbildung überschaubar und wir profitieren von der Empathie und den Erfahrungen als Mutter“, sagt Petra Vorderwisch.
Die Schüler...
Das Bildungszentrum macht Werbung. Schon früh, um auch junge Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern. „Wir stehen natürlich in den Schulen, wenn es die Berufsinformationstage gibt“, sagt Petra Vorderwisch. Nebenbei bieten sie auch Workshops für junge Menschen an, manchmal für ganze Schulklassen.
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Ein Alterssimulationsanzug wecke beispielsweise das Gefühl für einen Einblick in das Leben alternder Menschen. Dabei werden die Schüler der Pflegeschule schon aktiv einbezogen. Im Gesundheitsparcours, der in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und hiesigen allgemeinbildenden Schulen angeboten wird, sollen den Teenagern dann die Pflege und auch Gesundheitsfragen zum Thema Sexualität, Verhütung und Infektionen näher gebracht werden.
… und ihre Ängste
„Viele Schüler, die sich für einen Pflegeberuf entscheiden, bringen von Zuhause Pflege-Erfahrungen mit. Entweder pflegen die Eltern, oder man hat einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Da werden viele Probleme vorab schon abgebaut“, erklärt Petra Vorderwisch. Die Konfrontation mit Leid und Tod schrecke viele Menschen ab. „Gerade heute wollen viele junge Menschen ihre Plastikwelt, in der sie wegklicken können, was ihnen unangenehm ist oder ihnen nicht passt.
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Im Pflegeberuf schaut man aber in die Niederungen des Lebens. Jeder Lebenslauf bekommt damit Tiefgang, niemand bleibt an der Oberfläche. Das bringt durchaus auch Belastungen mit sich“, sagt Petra Vorderwisch klar und ruhig. Sie ist sich der Belastungen bewusst, die ihre Schülerinnen und Schüler aushalten müssen. Dafür stehen die Türen im Bildungszentrum immer offen. „Wir halten familiären Kontakt, manchmal bedeutet das auch, dass am Sonntagabend noch eine Mail reinkommt, die eben sofort beantwortet werden muss.“
Die Digitalisierung...
Pflege ist zwar ein tatkräftiger Beruf, kommt aber auch nicht ohne Digitalisierung aus. „Die Pflege eines Patienten wird digital geplant. Nicht allein die Akte ist digital, alle Laborwerte, Ergebnisse der Diagnostik und auch die ärztlichen Befunde werden in digitalen Tools gespeichert.“ Petra Vorderwisch ist fast ein wenig überrascht, wenn sie davon erzählt, wie sehr Corona die Digitalisierung in dem bildungszentrum vorangetrieben hat.
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„Wir haben sehr schnell eine digitale Lernplattform eingeführt und aufgebaut, auf der alle Materialien eingestellt werden. Auch Beurteilungen und Rückmeldungen laufen teils darüber.“ Auch die Videokonferenzen seien ein Vorteil, so könnten Lerngruppen, deren Mitglieder weit auseinander leben, sich besser kurzschließen. Die Entwicklung der digitalen Kompetenz hat sowohl für die Lehrenden als auch für die Auszubildenden an Fahrt aufgenommen.
… und ein Blick in die Zukunft
Wenn Petra Vorderwisch in die Zukunft der Pflege schaut, dann spricht sie von neuem Selbstbewusstsein, das entwickelt werden muss. Von „alten Zöpfen“, die noch weiter abgeschnitten werden müssen. Und von Qualifikationsmixen, die ermöglichen, den Patienten ganzheitlich in den Blick zu nehmen und zu versorgen. „Pflege ist ein Prozess, der den Aufenthalt und die gesundheitsfördernden Belange der Patienten im Blick hat - und diesen mitsteuert. Pflege arbeitet im Team mit vielen Berufsgruppen, immer zum Wohle der Patienten.
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