Brilon/Marsberg. Schülerinnen erzählen, wie das Distanzlernen funktioniert und warum der Unterricht über das Internet stellenweise halbiert werden muss.

Die Angst ist da. Klappt das mit dem Abitur so wie es soll? Johanna Mündelein aus Elleringhausen macht in diesem Jahr ihren Abschluss am Gymnasium Petrinum in Brilon und sie sagt, dass es ihr schwer fällt, im Lockdown die Motivation zum lernen zu finden. Keine Schüler sind um sie herum, keine Lehrer. Die Gemeinschaft fehlt und die Vorbereitungen auf die letzten Schritte Richtung Abitur sind holprig, denn es hakt an mehreren Stellen.

Schon in der Q1 entfielen wegen des ersten Lockdowns ganze Klausuren. Dass dadurch viel Unterrichtsstoff verloren ging, glaubt die 18-Jährige nicht. Im zweiten Lockdown merkt sie allerdings, dass die Schule schwerer ist. „Ich habe das Gefühl, man müsste uns erstmal an das Distanzlernen gewöhnen. So wie wir uns an das Lernen in der Schule gewöhnen mussten. Das muss man erstmal für sich entdecken.“

Prioritäten setzen für das Abitur

In vielen Fächern stehen ihre Noten fest, daher kann sie ihre Prioritäten daheim stark auf die Abiturfächer legen. Der Umfang der Aufgaben, die sie von den Lehrern bekommt, ist nicht ohne, aber für sie machbar. Sie vermisst aber den Präsenzunterricht, auch wegen der Probleme, die das Lernen auf Distanz mit sich bringt.

BigBlueButton heißt die Plattform, die zum Einsatz kommt, damit Unterricht im Internet stattfinden kann. „Am ersten Tag war der Server direkt überlastet und das geplante Programm wurde deswegen heruntergeschraubt. Statt zwei Unterrichtsstunden gibt es nur eine pro Fach und man sieht sich nicht“, erklärt Johanna Mündelein die Folgen der vielen Zugriffe auf das Programm. Jetzt müssen die Schüler selbst in der Hälfte der Unterrichtsstunden Lernstoff erarbeiten, damit dieser in der anderen Hälfte im Plenum besprochen werden kann. „Mit guter Vorbereitung geht das auch.“

Lernplattformen frustrieren

Ähnliche Probleme kennt auch Nina Graf (Name durch die Redaktion geändert). Auf der Plattform Moodle erlebt sie Probleme. „Das ist sehr frustrierend. Ich hatte auch Probleme mit meinem Internetanbieter. Da bekomme ich Angst, dass ich etwas wichtiges nicht mitbekomme“, sagt sie. Auch in ihren Videokonferenzen bleiben die Kameras bei den Teilnehmern aus. Etwas, das auch zur Unproduktivität einladen könnte. Eigenmotivation spielt plötzlich eine wichtige Rolle im Lockdown, weil Anwesenheit im Klassenraum und Kontrollen wegfallen. „Für manche ist dieser Zwang vielleicht auch wichtig, auch wenn in der Oberstufe natürlich mehr Selbstständigkeit erwartet wird.“

Nina Graf hat ihr Ziel klar vor Augen. Für ihr geplantes Studium braucht sie einen sehr guten Notendurchschnitt, entsprechend hart arbeitet sie für ihr Abitur. Sie hat kein Problem damit am Schreibtisch zu arbeiten, sich ihre Zeit einzuteilen. Auch wenn es phasenweise schwierig ist, sich Inhalte komplett selbst zu erarbeiten ohne schnell einen Lehrer fragen zu können oder es sogar zunächst von ihm erklärt zu bekommen.

Der Präsenzunterricht wird vermisst

Sie würde sich den Präsenzunterricht zurückwünschen, um auch Diskussionen führen zu können. „Online ohne Video ist das schwer. Ich sehe gar nicht die Reaktion der anderen, man guckt sich nicht an. Die Hemmschwelle etwas zu sagen ist viel höher“, sagt die 19-jährige aus Brilon.

Das Problem kennt Anna Willeke aus Westheim nicht. Am Carolus-Magnus-Gymnasium benutzt sie das Programm Logineo, wo die Kommunikation per Nachrichten erfolgt. Alternativ können Lehrer per Mail angeschrieben werden. Keine Videos also, dafür erlebt sie aber keine Ausfälle bei der Technik. Sie kommt zurecht, obwohl sie sagt, dass stellenweise viel am Tag zu erledigen ist. Stellenweise ist sie bis 21 Uhr mit Aufgaben beschäftigt.

Zu wenig Hilfe bei Mathematik

Die Leistungskurse verlangen auch viel ab. „Wenn es in Mathe ein neues Thema gibt, ist es stellenweise schwer alleine dahinter zu steigen. Es gibt zwar Beschreibungen vom Lehrer und ich schaue Videos auf Youtube, aber es geht nicht so leicht von der Hand wie in anderen Fächern.“ Sie vermisst den Alltag an denen Mittags schon ein Großteil der Schulaufgaben erledigt war.

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Dass die Abiturprüfungen allerdings nicht stattfinden oder gegebenenfalls ein dezentrales Abitur wie früher abgehalten wird, halten alle drei Schülerinnen nicht für sinnvoll. Auch wenn ihnen der Gedanke durchaus schon gekommen ist. Denn vielleicht wird nicht der gesamte notwendige Unterrichtsstoff in der kurzen Zeit behandelt. Aber die Nachteile würden dann überwiegen können, wie Johanna anmerkt: „Ich habe dann sofort Angst, dass mein Abitur weniger wert ist auf dem Arbeitsmarkt.“