Hilchenbach. Noch steht nichts fest – die Tendenz geht zu einem Straßenbau auf dem Höhenzug und nicht im Ferndorftal. Aber alles hängt an Kreuztal.
Die Antwort auf die Frage, wann die Ortsumgehung Hilchenbach gebaut wird, muss Kevin Lass schuldig bleiben. Zuallererst muss einmal mit dem Bau der Kreuztaler Südumgehung der Anfang von „57-verbinden“ gemacht werden, wie die Ortsumgehungskette von Kreuztal nach Schameder beim Landesbetrieb Straßen NRW heißt – etwas abgesetzt von der „Route 57“, für die der gleichnamige Verein wirbt.
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Beim jährlichen Infostand in Hilchenbach hört Hans-Peter Langer, Vorstandsmitglied des Vereins und IHK-Geschäftsführer, aufmerksam zu. Eine Klage, sagt Projektleiter Kevin Lass, gegen die überarbeitete Kreuztaler Planung liegt beim Oberverwaltungsgericht vor. Die Trupbacher Heide, findet die klagende Aktionsgemeinschaft Rothaargebirge, sei nämlich kein angemessener Ersatz-Aufenthaltsplatz für den aus dem Buschhüttener Mattenbachtal vertriebenen Neuntöter. Und damit hängt die weitere Zeitplanung am Ausgang des erneuten Gerichtsverfahrens.
Wo verläuft die Hilchenbacher Ortsumgehung?
Dass sich längst niemand mehr für die ewige Straßen-Debatte interessiert, kann man nicht behaupten. Der Infostand im Einkaufszentrum Herrenwiese ist gut besucht. Und tatsächlich gibt es etwas Neues zur Hilchenbacher Ortsumgehung: „einen ersten Aufschlag“, so Kevin Lass, für die „Raumwiderstandskarte“. In die ist bereits ein Großteil der ökologischen Bestandsaufnahme eingearbeitet. Rot steht für „sehr hohen“, orange für „hohen“, gelb für „mittleren“ Widerstand der „Schutzgüter“. Das sind Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Klima und Luft und das Kulturelle Erbe. Die Straßentrasse wird später dort in die Karte eingetragen, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist. Den „Suchraum“ dafür haben die Planer schon einmal eingegrenzt. Der beginnt im Westen oberhalb des Allenbacher Kreisels und auf der Oberbach und endet im Osten an der Kronprinzeneiche. Dazwischen liegt der Höhenzug zwischen dem Insbachtal nach Grund und dem Dreisbachtal nach Ruckersfeld und Oechelhausen.
Was wird in Kreuztal geplant?
Ist eine Trasse im Ferndorftal, etwa direkt hinter Bebauung und Bahnlinie, damit vom Tisch? „Es bietet sich an, auf der Höhe zu bleiben“, sagt Kevin Lass vorsichtig – denn hoch zur Kronprinzeneiche und weiter nach Lützel muss die Straße irgendwann doch. „Das müssen die nächsten Schritte zeigen.“ Die Linie der Hilchenbacher Ortsumgehung wird zusammen mit der vorangehenden Ortsumgehung geplant, die etwas irreführend „Kreuztal-Ferndorf“ heißt, in Wirklichkeit aber in Ferndorf an die Kreuztaler Südumgehung anschließt und von dort über Kredenbach und Dahlbruch nach Allenbach führt.
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Auf der Ferndorfer Karte sind sie schon, die schwarz gepunkteten Flächen, die die „relativ konfliktärmsten Korridore“, also mögliche Trassen, markieren: eine kommt direkt über den Kredenbacher Ortsrand, die andere über den Siegerberg. Und dann geht es entweder über die Höhe, in der südlichen Variante auch südlich der Winterbach-Deponie, weiter – das ist die Linie mit den geringsten Abständen zu Unglinghausen und Herzhausen. Oder eben herunter durchs Ferndorftal bis zum Allenbacher Kreisel.
Was ist ein „Raumwiderstand“?
Petra Schmidt, Landespflegerin bei Straßen NRW, hat die Karten der Fauna-Untersuchung mitgebracht, die noch für die Hilchenbacher Raumwiderstände von Bedeutung sein werden. Überall sind die Orte markiert, wo schutzwürdige Vogelarten, Amphibien und Reptilien, Hasel- und Fledermäuse sowie der Wiesenkopf-Ameisenbläuling gesichtet werden. Um die Gebiete, in denen sich die Vorkommen häufen, werden schraffierte Kreise gezogen. Ganz rot sind aber auch Flächen, auf denen man wenig Natur vermutet: „Wohngebiete, die überbrückt werden müssten“ – auch das ist ein hoher Raumwiderstand.
Allein auf 20 Seiten sind die Haselmaus-Vorkommen dokumentiert. Künstliche Nisthilfen wurden an mehr als 600 Stellen angebracht und über vier Monate fünf Mal kontrolliert: Ist oder war da jemand? Um die Fledermäuse aufzuspüren, werden akustische Signale aufgezeichnet – sie rufen, singen, pfeifen, quietschen. Linien mit Pfeilen markieren ihre langen Flugstrecken, schraffiert sind die „Bereiche mit Sozialrufen“. „Da war man dann auf Partnersuche“, erklärt Petra Schmidt. Die Landespflegerin erklärt weiter: „Wo es feucht ist, haben wir auch mal Feuersalamander.“ Künstliche Verstecke locken Reptilien an, damit sie gezählt werden können. Amphibien werden über Nacht in Reusen eingesammelt und am nächsten Morgen wieder in die Freiheit entlassen.
Was ist mit dem Biber?
Streng geschützte Schlingnattern wurden – zum Glück für die Straßenplaner – nicht gesichtet. Den vorbeikommenden Passanten interessiert allerdings eher der Biber in der Ferndorf, der bei der Planung der Kreuztaler Südumgehung entdeckt wurde und der im Aherhammer-Teich eine Biberburg angelegt hat. „Der ist nicht mehr da“, antwortet Petra Schmidt, wohl in Richtung Sieg weitergezogen. „Die leben im Familienverbund. Dafür war die Stelle nicht geeignet.“
Wo sind die Anschlussstellen?
Kevin Lass wird nach Anschlussstellen gefragt. Da ist zum einen die Verknüpfung in Ferndorf, die ursprünglich nur in Richtung Siegen vorgesehen war. „Das wird überprüft“ – wobei erforderliche Rampenbauten die Straße teurer machen, ebenso wie etwaige Tunnelbauten, wie sie in Kredenbach und Dahlbruch erforderlich würden, wenn die Tal-Trasse gewählt wird. Zum anderen steht das Für und Wider für eine Verknüpfung mit der L 729 auf der Höhe zwischen Kredenbach und Unglinghausen. Gäbe es dort eine Auf- und Abfahrt, wären die Wege zur Ortsumgehung kürzer und die Entlastung für das Ferndorftal größer. Andererseits: „Das hat Auswirkungen auf Unglinghausen“, sagt Kevin Lass. Mehr Verkehr, möglicherweise so viel, dass auch an der L 729 gebaut werden muss.
Wie geht es weiter?
Gebaut ist bisher die Ausbaustrecke zwischen Kronprinzeneiche und Lützel. Und dort oben wird wohl auch, abgesehen von der Kreuztaler Südumgehung, die nächste 57-verbinden-Baustelle sein: der Ausbau der B 62 mit langen dreispurigen Abschnitten zwischen Lützel und Erndtebrück und einer Brücke über die Bahn bei Altenteich. Nur das Verkehrsministerium des Bundes muss noch einmal grünes Licht für dieses 22-Millionen-Euro-Vorhaben geben, dann kann das Planfeststellungsverfahren beginnen.
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