Kreuztal/Hilchenbach. Ein Planfeststellungsverfahren für die Umgehungen Ferndorf und Hilchenbach wird nicht vor 2031 beginnen. Oder überhaupt nicht.

Eigentlich, sagt Kevin Lass, Projektleiter für die Ortsumgehungskette „57-verbinden“ bei Straßen NRW, gibt es nichts Neues. Ein paar Daten können die rund 40 Interessierten bei der digitalen Fragestunde dann aber doch mitnehmen.

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Südumgehung Kreuztal

„Allerfrühestens Ende Sommer 2024“ werde mit dem Bau der Kreuztaler Südumgehung begonnen – wenn nach der gerade laufenden ergänzenden Planfeststellung im ersten Vierteljahr wieder Baurecht durch die Bezirksregierung erlassen wird, niemand mehr dagegen klagt und die Vergabe der Bauaufträge gelingt. Wie lange dann gebaut wird? „Das wird sich über fünf, sechs Jahre hinziehen.“ Das wäre dann 2030. Immerhin müssten im Verlauf der zweieinhalb Kilometer langen Strecke zwischen Buschhütten und Ferndorf sieben Brückenbauwerke errichtet werden. Die erforderlichen Sperrpausen für die Rothaarbahn zwischen Ferndorf und Kredenbach müssen drei Jahre im voraus beantragt werden.

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Ferndorf und Hilchenbach

Und die Fortsetzung der auch oft so genannten „Route 57“? Die Südumgehungen Ferndorf und Hilchenbach werden in einem Guss geplant. Denn je nach dem, wo die Umgehung Ferndorf von der Kreuztaler Südumgehung abzweigt und dann entweder nahe an Kredenbach, oben auf der Kuppe oder auf der Unglinghausener Seite geführt wird, ergeben sich andere Hilchenbacher Anschlüsse. Entweder, bei einer Straßenführung hinter den Bahngleisen im Ferndorftal, unten nahe am Allenbacher Kreisel oder oben auf der Oberndorfer Höhe, wo die neue B 508 an die L 728 (Allenbach-Herzhausen) angebunden würde. Für den Ferndorfer Bereich ist die Raumwiderstandskarte, die die ökologisch unberührbaren Flächen und drei mögliche Trassenverläufe zeigt, schon fertig. Für Hilchenbach wird sie demnächst erwartet.

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In acht Jahren, sagt Kevin Lass, könne vielleicht mit einer Planfeststellung für diese beiden insgesamt 9,7 Kilometer langen Abschnitte begonnen werden – „wenn alles gut geht“. Das wäre 2031. Das anschließende Verfahren kann dauern; in Kreuztal waren es für die Südumgehung sieben Jahre. Dass vorher noch einmal eine aktuelle Verkehrsuntersuchung erstellt wird, versteht sich. „Noch ist der Verkehr da“, sagt der Projektleiter. Wenn er dann, wenn Baurecht geschaffen wird, zu stark abgenommen hat, „schwindet auch die Planungsbegründung.“ Soll heißen: Dann endet „57-verbinden“ bei McDonald’s in Ferndorf, da, wo die Südumgehung in die alte B 508 mündet.

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Lützel und Altenteich

Zwei anderen Abschnitten kann das nicht passieren. Die anderthalb Kilometer zwischen Kronprinzeneiche und dem Abzweig der Eisenstraße kurz vor Lützel sind seit 2019 fertig; die vorhandene B 62 wurde in den Hang hineingelegt. Und für die Ausbaustrecke Lützel-Erndtebrück fehlt nur noch eine Unterschrift aus Berlin, mit der die Finanzierung des auf 22,1 Millionen Euro geschätzten Straßenabschnittes zugesagt wird. Die wird noch dieses Jahr erwartet, sodass dann 2024 mit der Planfeststellung und auch mit dem Flurbereinigungsverfahren begonnen werden kann. „Positiv verlaufen“ sei jedenfalls das Abstimmungsgespräch mit dem Bund, berichtet Kevin Lass.

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Teuer werden diese 3,6 Kilometer Ausbaustrecke, weil der Bahnübergang Altenteich beseitigt und eine Straßenbrücke über die Bahn gebaut wird. in zwei Abschnitten bis Erndtebrück-Grünewald wird die Straße dreispurig, außerdem wird ein Radweg angelegt. Und ja, antwortet Kevin Lass auf die Nachfrage des Lützeler Ortsvorstehers Dirk Becker, die Trasse soll unverändert durch das Wohnhaus in Altenteich führen, das sein derzeitiger Eigentümer erst 2020 im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben und danach saniert hat. „Das werden wir im Planfeststellungsverfahren erörtern“, kündigt der Straßen-NRW-Projektleiter ein weiteres Mal an.

Südumgehung Hilchenbach Kreuztal
Südumgehung Hilchenbach Kreuztal © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Keine Alternative im Ferndorftal

Warum nicht die Engpässe in Ferndorf und Kreuztal beseitigt würden, fragt ein Bürger: „Einfache Maßnahmen würden ganz viel helfen.“ Zu einem wäre das die Ampelschaltung in Ferndorf, zum anderen die Verbreiterung der „viel zu engen“ Brücke zur HTS-Anschlussstelle in Kreuztal. „Die Ampeln haben darauf wenig Einfluss“, erwidert Kevin Lass, „wir würden das Ganze nur verschieben, der Verkehr geht ja nicht weg.“ Hauptproblem bleibe die überlastete Kreuztaler Hauptkreuzung. Ob die Straße nicht überhaupt im Ferndorftal bleiben könne, fragt ein anderer Bürger. Es fehlt an Platz, antwortet Kevin Lass, „wir können den Verkehr nicht schneller machen.“

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Was denn mit den Menschen ist, deren Haus auf einmal nicht mehr im Grünen, sondern an der Straße steht, will ein Dritter wissen: „Die Lebensqualität wird eingeschränkt.“ Und die Immobilie verliert an Wert. Das, so Kevin Lass, werde sich in den Grunderwerbsplänen niederschlagen, die Teil des Planfeststellungsverfahrens werden. Auf dieser Grundlage werden Hauseigentümer dann entschädigt.

Wieland Bruch, der sich in der Unglinghausener Initiative „Pro Mensch und Natur“ engagiert, rät zu einer Trasse im Ferndorftal – die Straße auf dem Höhenzug werde den gewünschten Effekt nicht bringen. „Wenn ich den Ortsverkehr reduzieren will, muss ich die talnahe Trasse wählen und nicht die Leute auf die Hügel locken.“ Unglinghausens Ortsbürgermeisterin Elke Bruch fragt nach einer möglichen weiteren Anschlussstelle auf der Unglinghäuser Höhe. Die, so Kevin Lass, könne erst Thema werden, wenn eine Trassenführung auf dem Höhenzug festgelegt sei.

Welche Rolle spielt der Netphener Ratsbeschluss?

Manfred Oerter fragt, warum Straßen NRW überhaupt noch auf der Unglinghausener Seite plant. Schließlich, so der Vertreter der Unglinghausener Bürgerinitiative, habe der Netphener Rat doch einstimmig einen Straßenbau auf Netphener Stadtgebiet abgelehnt. Dem Landesbetrieb hat die Stadt allerdings nichts zu sagen. „Ich habe keine Anweisung bekommen, das zu unterlassen. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass ich auf starke Widerstände stoße.“ Was, so lässt der Projektleiter durchblicken, auch Einfluss auf die Wahl der Linienführung haben könnte.

Auch weitere Fragen gehen über das hinaus, was die mit der Straßenplanung beauftragten Ingenieure regeln können: Ob es die Ortsumgehungskette angesichts sinkender Einwohner- und Verkehrszahlen noch Sinn macht, ob trotz Klimaveränderung noch Waldflächen für den Straßenbau geopfert werden sollen – das sind Entscheidungen von Politik und Regierung. Obwohl Kevin Lass auch da zumindest eine Prognose wagt: Wenn die Bahn ihre Strecke nach Bad Berleburg zweigleisig ausbauen würde, stiegen bestimmt so viele Menschen auf die Bahn um, dass für den Straßenbau neu gerechnet werden müsste. „Das hätte natürlich massiven Einfluss.“ Anzunehmen ist das nicht.

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