Oberhausen. Ein Oberhausener Paar macht es beispielhaft vor: Es heizt nun mit Wärme aus der Tiefe der Erde sein Haus. Der Umstieg war teuer, lohnt sich aber.

In der Erdkruste ist jede Menge Wärme gespeichert. Wie aber kann man diesen Schatz heben, um ihn für das Heizen von Häusern und Wohnungen zu nutzen? Geothermie heißt die Technik, für die sich schon einige Eigentümer in Oberhausen entschieden haben, unter anderem die heutigen Besitzer eines Bauernhofs. Ein Ortsbesuch.

Von dem so dicht besiedelten Oberhausen ist hier draußen am Hiesfelder Wald kaum etwas zu spüren. Nur einige Gehöfte säumen die Franzosenstraße, die Hauptverbindungsstrecke im Grüngürtel. Silke Wilts und Dirk Spickermann haben sich vor einiger Zeit einen Lebenstraum erfüllt, als sie einen der Höfe übernommen haben. Er hat inzwischen rund 120 Jahre auf dem Buckel und die Eigentümerfamilie suchte Nachfolger. Das Paar fand sofort Gefallen an den Gebäuden, doch die Ölheizung sollte raus. Wärme sollte künftig der Erdboden liefern.

Bohr-Erlaubnis von der Wasserbehörde erforderlich

Die Wärmepumpe besteht aus mehreren Bauteilen, die die Erdwärme aufnehmen und entsprechend verdichten sie solange, bis damit Räume beheizt werden können.
Die Wärmepumpe besteht aus mehreren Bauteilen, die die Erdwärme aufnehmen und entsprechend verdichten sie solange, bis damit Räume beheizt werden können. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Doch bevor erste Arbeiten losgingen, „wollten wir natürlich genau wissen, auf was man sich einlässt“. In Installateur Robin Brandt, Spezialist für Wärmepumpen, fanden sie einen Fachmann, der mit ihnen Umbau und Einbau Schritt für Schritt durchsprach.

Um starten zu können, brauchte das Paar erst einmal eine Erlaubnis der Unteren Wasserbehörde für die Erdarbeiten, damit die Umwelt durch die Bohrarbeiten keinen Schaden nimmt. Jede Menge Unterlagen mussten die Firmen in Absprache mit Silke Wilts und Dirk Spickermann einreichen, von Grundstückspapieren bis hin zu den detaillierten Plänen für die Bohrungen.

Als die Genehmigung vorlag, rückte im vergangenen Sommer eine Spezialfirma mit Lkw und schwerem Gerät an. Einen Termin zu erhalten, war schwierig, denn der Betrieb hat alle Hände voll zu tun.

Flüssigkeit saugt Wärme aus dem Erdreich auf

Förderquote für Hausbesitzer auf 40 Prozent gesunken

Bei dem Wohnhaus des Bauernhofes handelt es sich um ein Backsteingebäude, das für die Heiztechnik der Wärmepumpe nach Angaben der Eigentümer nicht mehr eigens gedämmt werden musste. Sie haben aber alle Fenster und Haustüren erneuern lassen.

Mit der Erdwärme wird auf dem Hof auch das Warmwasser erzeugt. Dazu hat der Installateur einen Pufferspeicher eingebaut, aus dem das Wasser bei Bedarf abgenommen werden kann.

Zu der Kostenrechnung sollte man wissen, so Robin Brandt, dass seinerzeit noch 45 Prozent der Ausgaben gefördert wurden. Heute sind es nur noch 40 Prozent. Weitere Infos auf der Seite der Bezirksregierung Arnsberg im Abschnitt Förderinstrumente für die Energiewende, Unterpunkt Förderung von oberflächennaher Geothermie.

Die Ausgaben für ein Erdwärmeprojekt können auch geringer ausfallen, betont der Installateur. Beispielsweise gebe es auch preiswertere Warmwasseraufbereitung oder Heizkörper.

Silke Wilts arbeitet für die Emschergenossenschaft und ist SPD-Ratsfrau für Buschhausen. Dirk Spickermann ist als Instrumentallehrer tätig.

Lastwagen und große Maschinen sollten schon bald die Aufmerksamkeit von Autofahrern und Anwohnern auf sich lenken. Mehrere Tage dauerte es, bis 90 Meter tiefe Bohrungen abgeschlossen und für vier U-förmige Sonden Platz geschaffen war. Facharbeiter schoben dazu ein Rohrstück nach dem nächsten ins Erdreich. Die Röhren enthalten Sole, eine frostsichere Flüssigkeit. Sie saugt - vereinfacht gesagt - die Temperatur aus dem Boden gleichsam auf und transportiert sie an die Oberfläche. Dort wird die Wärme mit Hilfe eines weiteren Gerätes verdichtet, bis sie die notwendige Temperatur zum Heizen erreicht.

Heute zeigt lediglich ein kreisrunder Deckel auf dem Zugangsweg noch an, wo die Sonden zu finden sind. Unmittelbar unter der Abdeckung werden sie zusammengeführt und Leitungen bringen die Wärme ins Innere des Hauses.

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Während draußen die Montage schon längst abgeschlossen war, gab es drinnen noch reichlich zu tun. In dem zweigeschossigen Gebäude hatten jahrzehntelang über zehn ganz unterschiedliche Heizkörper für wohlige Wärme gesorgt. „Nach eingehender Prüfung stellte sich heraus, dass fast alle durch neue ersetzt werden mussten“, sagt Robin Brandt. Sie waren für die jeweilige Größe der Räume kaum geeignet. Zudem ging der Installateur mit den Eigentümern ganz genau durch, wie sie es mit den Temperaturen in den einzelnen Räumen halten wollen, um dann den Heizkörpertyp als auch den genauen Standort festzulegen.

Nach dem ersten Winter ist das Paar froh und zufrieden: Wir mussten nicht frieren

Den ersten Winter haben Wilts und Spickermann auf ihrem Hof auch schon hinter sich, sind froh und zufrieden. „Auch bei minus zehn Grad mussten wir nicht frieren und die Wärme selbst kommt uns angenehmer vor als zu Zeiten der Ölheizung.“ Dass die Sache mit der Erdwärme gut klappt, daran zweifelten manche Leute im Vorfeld, sagt Silke Witts. „Doch wir haben durchweg gute Erfahrungen gewonnen.“

Die Rohrleitungen sind komplett neu eingebaut und zum Schutz vor Energieverlusten ummantelt.
Die Rohrleitungen sind komplett neu eingebaut und zum Schutz vor Energieverlusten ummantelt. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Dass die Umrüstung auf Erdwärme einen Besitzer deutlich teurer zu stehen kommt als lediglich der Austausch einer Gas- oder Ölheizung, „hatten wir von vornherein einkalkuliert“, sagt Dirk Spickermann. Das Paar hatte schon seit längerem, „dafür eigens Geld zurückgelegt“. Rund 75.000 Euro habe der Umstieg auf die Erdwärmepumpe gekostet, sagen die beiden Oberhausener. Das ist ein Gesamtbetrag mit allen angefallen Kosten: Bohrungen, Pumpe, neue Hausanschlüsse, Leitungseinbau, Heizkörper, Ausbau der alten Ölheizung und des Öltanks. „Dadurch haben wir jetzt einen Raum gewonnen.“

Während der Umstellung kam im Übrigen für eine kurze Zeit ein Ölfass zum Einsatz, damit die Versorgung mit Wärme auch gewährleistet blieb. Da inzwischen endlich die Fördergelder geflossen sind, haben die Oberhausener 27.000 Euro als finanzielle Hilfe erhalten. Somit mussten sie unter dem Strich rund 48.000 Euro aus der eigenen Tasche zahlen.

Photovoltaik schon in Planung

Die Erdwärmepumpe ist inzwischen seit knapp einem Jahr am Netz. Mit dem Energieverbrauch liegen die Eigentümer nach eigener Aussage durchaus im grünen Bereich. Das Paar geht davon aus, zwischen 4500 und 6000 Kilowattstunden inklusive Warmwasser zu landen.

Für die Wärmepumpe gibt es einen eigenen Stromzähler. Der Einbau solcher Geräte kostet heute laut Versorger EVO 1500 Euro. Der Tarif liegt laut Unternehmen je nach Abnahmeart bei 27,54 Cent oder 30,14 Cent pro Kilowattstunde. In der Grundversorgung zahlt ein Kunde derzeit 40,81 Cent. Im gesamten Stadtgebiet beliefert das Unternehmen rund 630 Wärmepumpen mit Strom.

Den nächsten Schritt, um noch mehr erneuerbare Energie an den Start zu bringen, steht bereits bevor. Auf der Scheune und den Stallungen sollen Photovoltaikanlagen ihren Platz finden. Erste Gespräche haben Wilts und Spickermann dazu bereits mit ihrem Installateur Brandt geführt.

Heizung und Strom: Wichtige Artikel zu vielen Energiefragen

In diesen Zeiten zunehmender Klimakrise, hoher Energiepreise und rätselhafter Gesetzesreformen haben wir für Oberhausener Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Artikel zum Energie-Thema recherchiert und geschrieben, die Hintergründe, Analysen und orientierende Basis-Informationen bieten. Hier ein Überblick:

Berichte zu Heizungen, Warmwasser und privater Stromerzeugung:

Heizungsgesetz: Die zehn wertvollsten Energieberater-Tipps

Energieversorger: Zu wenig Zeit für Ausbau der Fernwärme

Experten: So teuer sind Wärmepumpen für Zweifamilienhäuser

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