Oberhausen. In Zeiten des Bergbaus hat die Unterwelt Städte wie Oberhausen reich gemacht. Die hohen Energiekosten lenken den Blick wieder auf die Erde.
Die Oberhausener Unterwelt hat der Stadt goldene Jahrzehnte beschert. Nun gehören die Zeiten des Bergbaus zwar längst der Vergangenheit an, doch die Tiefen des Erdreichs stehen bei der Frage nach der Energiezukunft erneut im Mittelpunkt des Interesses. Die Stadtwerke als örtlicher Versorger möchten nämlich Geothermie, also Erdwärme, nutzen und voranbringen.
Um die Wärmewende in Wohnhäusern umzusetzen, steht derzeit vor allem die Luftwärmepumpe hoch im Kurs. Doch immer mehr zeichnet sich ab, dass es mit diesen Geräten allein kaum gelingen kann, Gebäude landauf, landab für den Klimaschutz fit zu machen. Fachleute messen unter anderem der Sonnenenergie, sprich Photovoltaik, eine maßgebliche Rolle bei und setzen nicht zuletzt auf Geothermie.
Stadtwerke drücken jetzt auf die Tube
In Oberhausen steckt das Projekt zwar noch in den Kinderschuhen, doch die Stadtwerke drücken auf die Tube. Sie wollen nämlich, dass demnächst bis zu 10.000 Haushalte auf den „umweltfreundlichen Energieträger zurückgreifen können“, sagt Sebastian Mombeck (31), der die Fäden in der Hand hält. Ein paar Jahre gehen aber gewiss noch ins Land, betont er, denn es handele sich um ein aufwendiges Unterfangen.
Der Techniker hat sich zunächst einmal selbst mit der Materie eingehend auseinandergesetzt und weiß, dass Geothermie längst nicht gleich Geothermie ist. Erdwärme lässt sich beispielsweise schon wenige Zentimeter unter der Erdkruste aus dem Boden herausholen. Verbreitet sind auch Sonden, die bis zu 400 Meter in den Boden eingelassen werden.
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Der heimische Versorger hat sich nun für einen ganz anderen Weg entschieden und das aus gutem Grund, wie Mombeck betont. Aufgrund von Untersuchungen der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) könne man davon ausgehen, dass in etwa drei Kilometern Tiefe Gesteinsschichten vorhanden sind, in denen Wasser mit Temperaturen von rund 90 Grad lagert. Das heiße Wasser sollen dann Pumpen in einem geschlossenen Kreislauf nach oben befördern. Technische Anlagen sorgen schließlich dafür, die Temperaturen für Heizsysteme nutzbar zu machen. „Es ist daran gedacht, die Geothermie an das vorhandene Fernwärmenetz anzubinden und es eben deutlich zu erweitern“, sagt Mombeck.
Anlage in München dient als Vorbild
Hohe Investitionskosten
Der Versorger geht von sehr hohen Investitionskosten aus. Denn allein eine Tiefenbohrung verschlingt schon ein oder zwei Millionen Euro.
Um die Bürger noch eingehender über Erdwärme zu informieren, will die EVO demnächst mit Ständen auf Stadtteilfesten oder ähnlichen Veranstaltungen präsent sein.
Bei seinen Vorgehen nimmt er sich gern die Münchener Stadtwerke zum Vorbild. Die errichten derzeit im Südosten der bayerischen Landeshauptstadt ihre inzwischen siebte Geothermieanlage und haben sich vorgenommen, 75.000 Menschen auf diese Weise mit Fernwärme zu versorgen. Die Inbetriebnahme ist für 2029 vorgesehen. Ob das auch in Oberhausen gelingen mag, steht noch in den Sternen.
Denn für die heimischen Stadtwerke heißt es jetzt erst einmal herauszufinden, wo denn genau das heiße Thermalwasser im Boden vorhanden sein könnte. Um das auszuloten, sind umfangreiche Studien erforderlich, die man gemeinsam mit dem IEG auf den Weg bringen will. Unter anderem sollen dann in einem recht komplizierten Verfahren Rüttelmaschinen zum Einsatz kommen, die Bewegungsprofile auslösen, anhand derer spezielle Sensoren die Beschaffenheit des Bodens ermitteln können.
Versorger rechnet mit langen Genehmigungsverfahren
Dass sich das Ausbaldowern in die Länge ziehen kann, hängt maßgeblich auch von den Genehmigungen ab, die die Stadtwerke für die jeweiligen Untersuchungen benötigen. Die Zuständigkeit liegt bei der Bezirksregierung in Arnsberg. Erst wenn einwandfreie Ergebnisse über die Beschaffenheit des Erdreichs vorliegen, „können wir mit Bohrungen beginnen“, betont Mombeck. Daher sei es auch derzeit reine Spekulation, wenn man schon über mögliche Standorte sprechen wolle.
Um das Projekt finanziell schultern zu können, bemüht sich die EVO um Fördergelder von Land, Bund und EU. Da geht Oberhausen aber nicht allein voran. Gemeinsam mit weiteren Städten in NRW, zu denen Aachen, Duisburg, Bochum, Münster und Düsseldorf gehören, „wollen wir die Chancen herausstellen, die Erdwärme bietet“, sagt der Projektleiter. Es handele sich schließlich um eine natürliche und somit umweltfreundliche Energiequelle. Um sie nutzen zu können, brauche man Anlagen, die Millionen Euro kosten, Betrieb und Unterhaltung bleiben aber vergleichsweise preiswert, betont der Leiter.
Die Ausgaben würden sich aber auch aus einem weiteren Grund lohnen: Mit Hilfe der Geothermie soll die Fernwärme „grüner“ werden. Derzeit greift sie nämlich noch zu 36 Prozent Abwärme von Anlagen mit fossilen Energieträgern ab, zum Beispiel ein Kohlekraftwerk. Durch die Erdwärme soll sich der klimafreundliche Anteil deutlich erhöhen. Denn bis 2030 muss die Hälfte der Wärme regenerativ erzeugt und bis 2045 klimaneutral sein.
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