Oberhausen. Die Polizei hat eine große Befürchtung: Weil der Druck auf Banden und Clans in den Nachbarstädten steigt, könnten sie nach Oberhausen abwandern.

Das Oberhausener Polizeipräsidium verändert den Schwerpunkt der Arbeit der 418 Polizisten im Stadtgebiet – und nimmt künftig die Arbeit krimineller Clans und Banden stärker ins Visier: Drogenringe, Menschenhandel, Waffenverkauf.

Seit 2013 konzentrierten sich die Beamten besonders darauf, die hohe Zahl an Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstählen zu bekämpfen – durch Aufklärung der Bürger, vermehrte Streifen, stärkeren Einsatz von Zivilpolizisten und akribische Spurensicherung an Tatorten. Hier feiern die Oberhausener Ordnungshüter besonders große Erfolge: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ging stark von fast 1000 im Jahre 2013 auf nur noch 335 Fälle zurück (minus 66 Prozent), die Zahl der Taschendiebstähle von fast 700 im Jahre 2011 auf 486 im vergangenen Jahr (minus 30 Prozent). Die Zahl der Straftaten insgesamt sank mit 15.053 Fällen sogar auf ein 30-Jahres-Tief.

Oberhausen eine der sichersten Großstädte Deutschlands

Auch interessant

„Oberhausen ist eine der sichersten Großstädte Deutschlands“, analysiert Polizeipräsident Axel Dierselhuis. „Wir haben keinen klaren Schwerpunkt an Kriminalitätsproblemen mehr, wir haben keine Delikte, die durch die Decke gehen.“ Daher sei der Zeitpunkt günstig, sich neuen Herausforderungen zu widmen.

Peter Mosch, Leiter der Direktion Kriminalität, beteuert, dass man Einbrüche und Straßenkriminalität natürlich weiter ernst nehme, doch: „Wir werden die Felder Wohnungseinbruch und Taschendiebstahl personell nicht mehr so intensiv beackern wie zuletzt.“ Der Grund dafür sei simpel: Bei so niedrigen Zahlen in einer Großstadt mit 210.000 Einwohnern und dem international besuchten Einkaufszentrum Centro sei mit noch so viel Einsatz von Ordnungshütern die Kriminalitätszahl nicht mehr nennenswert nach unten zu drücken.

Mit Razzien und verdeckten Ermittlern

Weil die Polizei in den großen Oberhausener Nachbarstädten wie Duisburg und Essen jedoch erhebliche Schwierigkeiten mit organisierter Kriminalität und Clan-Strukturen hat und diese deshalb mit Razzien und verdeckten Ermittlern zunehmend aufmischt, treibt die Oberhausener Polizeispitze eine große Sorge um: Werden Clans und Banden nach Oberhausen vertrieben?

Rocker-Machtkämpfe bereits vor Jahren

Bandidos, United Tribuns, Hells Angels, Osmanen – noch vor wenigen Jahren leisteten sich Rockergruppen in Oberhausen einen Machtkampf, um die Vorherrschaft von wichtigen zentralen Ankerpunkten in der Stadt. Wer die Macht über Rotlicht-, Club-, Kneipen- und Disco-Türen hat, der hat auch die Macht über Handel mit Waffen, Drogen und jungen Frauen – ist zumindest die Erfahrung erfahrener Ermittler aus Polizeikreisen. Die Rockerszene hat sich mittlerweile für die Öffentlichkeit beruhigt.

Die Oberhausener Polizei verrät naturgemäß nicht, wo sie mit wie vielen Leuten künftig kriminelle Bandenstrukturen erspähen und aufmischen will. Es dürfte allerdings nicht ganz unwahrscheinlich sein, dass die Polizei im gesamten Viertel um das große Rotlichtviertel an der Flaßhofstraße in Alt-Oberhausen genauer hinschaut als in den vergangenen Jahren üblich.

„Clan- und Bandenkriminalität erkennt man erst so richtig, wenn man genau hinschaut. Das wollen wir tun. Wir lassen es nicht zu, dass hier solche kriminellen Strukturen heranwachsen“, verspricht Dierselhuis. „Wir sorgen dafür, dass Oberhausen eine sichere Großstadt bleibt.“ Bisher habe die Stadt allerdings keine offensichtlichen Probleme mit Banden. Oft fielen solche Strukturen erst auf, wenn es in der Öffentlichkeit zu Tumultdelikten kommt – wie in einigen Ruhrgebietsstädten geschehen. „Bei uns gab es bisher keinen einzigen so einzustufenden Fall; aber wir wollen nicht warten, bis es gärt und dann nach oben durchkommt.“

Auch interessant

Das Polizeipräsidium will nun die nach dem Rekordtief an Straftaten vorhandenen personellen Ressourcen nutzen, um kriminelle Strukturen zu entdecken und zu bekämpfen. „Mit Kontrollen, Durchsuchungen und Razzien wollen wir Strukturen offenlegen, bevor sie sich in unserer Stadt verfestigen können.“ Dabei strebt die Polizeiführung ähnlich wie in anderen Städten konzertierte Aktionen mit anderen staatlichen Kontrolleuren an: Ordnungsamt, Steuerfahndung, Zoll, Arbeitsagenturen.

So berichteten wir bisher über Bandenkriminalität