Rocker-Szene etabliert sich zunehmend in Oberhausen
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Oberhausen. Die Rocker-Szene in Oberhausen ist im Wandel. Die zunehmende Rivalität führt zu massenhafter Rekrutierung neuer Mitglieder. Die Stadt ist als Standort für die Banden auch wegen ihrer Nähe zu Duisburg attraktiv. Ein Gespräch mit dem LKA-Beamten und Experten Thomas Jungbluth über die Szene.
In Oberhausen ist mächtig Bewegung in die Rockerszene gekommen. Hells Angels, Bandidos, United Tribuns: Es gibt gleich drei Gruppierungen in der Stadt. Und wie sieht es in Nordrhein-Westfalen aus? Thomas Jungbluth ist Experte für Motorrad-Rockerbanden beim Landeskriminalamt NRW (LKA NRW). Die Redaktion sprach mit dem Leitenden Kriminaldirektor.
Herr Jungbluth, wie viele Rockergruppierungen gibt es in NRW?
Thomas Jungbluth: Rockergruppierungen, die wir im Fokus haben, sind die sogenannten Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG), also Gruppen, die sich bewusst außerhalb unserer gesellschaftlichen Normen stellen und eine hohe Gewaltbereitschaft haben. Da haben wir im Land NRW momentan neun Charter der Hells Angels, 27 Bandidos-Chapter, zehn Gremium und sechs Outlaw-Chapter. In den vergangenen zwei Jahren sind neun Chapter der Satudarah hinzugekommen, die sich z. T. im Aufbau befinden. Von den rocker-ähnlichen Gruppierungen existieren sieben Chapter der Black Jackets und zwei der United Tribuns, eines davon in Oberhausen. Diese Gruppierungen benehmen sich wie OMCG-Rocker, sind aber keine, weil sie kein Motorrad fahren.
Die Rockerszene verändert sich stark. Woran liegt das?
Jungbluth: Die Szene ist sehr dynamisch, weil der Verfolgungsdruck durch die Polizei dazu führt, dass sich Clubs auflösen, wenn sie glauben, ihnen drohe ein Verbot. Außerdem ändert sich die personelle Struktur der Gruppen. Es sind viele Migranten dazugekommen, die sehr schnell zum Voll-Mitglied aufsteigen, was früher ein langer Weg war. Diese Mitglieder wollen heute auch schnell Geld machen. Deshalb kommt es immer wieder zu den früher undenkbaren Wechseln von einem Club zum nächsten. Der Spruch „Forever Hells Angel, Hells Angel forever“ gilt nicht mehr.
Wie sehr hat sich in den letzten Jahren die Zahl der Clubs verändert?
Jungbluth: Sehr, es sind mehr geworden. 2010 gab es 18 Chapter der Bandidos, sechs Hells Angels Charter, neun Gremium Chapter und vier Outlaw. Satudarah existierten noch gar nicht. Jetzt gibt es neun Chapter.
Warum haben sich gerade in Oberhausen drei Gruppierungen niedergelassen?
Jungbluth: Ich sehe das nicht nur örtlich. Der westliche Teil des Ruhrgebiets spielt eine Rolle und die Nähe zu Duisburg. Im Kern geht es darum, dass die Gruppierungen sich in ihren Geschäftsbereichen etablieren. Außerdem hat Oberhausen ein nicht gerade kleines Rotlichtviertel.
Wie sehen Sie die Arbeit der Oberhausener Polizei?
Jungbluth: Die Polizei in Oberhausen unternimmt sehr viel, um die Aktivitäten der Rocker zu erschweren. Die Arbeit liegt in Händen eines guten Teams. Wir haben sehr gute Technik, gut ausgebildete Beamte und setzen das notwendige Personal so ein, wie es Brennpunkte erfordern.
Razzia bei United Tribuns
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Was macht das Landeskriminalamt gegen Rocker?
Jungbluth: Das Thema ist für uns ja nicht neu. Wir koordinieren in NRW, mit den anderen Bundesländern, dem Bundeskriminalamt und anderen Polizeien in Europa den Informationsaustausch. Wir prüfen zum Beispiel ständig, ob es Verbindungen zwischen Straftaten gibt. Bei uns ist eine Stelle angesiedelt, die sich mit dem Vereinsrecht beschäftigt. Wir waren daher auch schon an Vereinsverboten beteiligt.
Was hat das Rockertum aus Sicht der Rocker eigentlich für Vorteile?
Jungbluth: OMCG Angehörige schüchtern allein durch ihr martialisches und aggressives Auftreten ein. Sie verbreiten Angst. Es gibt den Zusammenhalt als Bande, wenn er auch aufweicht. Die hierarchische Struktur mag Halt geben. Freiheit gibt es nicht. Statt dessen Gehorsam.
Wenn Sie die Rocker dem Organisierten Verbrechen zuordnen, stellt sich auch die Frage wie und wo die Organisationen ihr Geld waschen.
Jungbluth: Das ist ein schwieriges Thema. Wir haben keine beweisbaren Zahlen, weil wir nicht genau wissen, wie hoch die Gewinne der Rocker sind.
Die Gruppen sind untereinander verfeindet und kämpfen um Gebiete und Geschäftsfelder. Halten Sie eine Eskalation der Situation für möglich?
Jungbluth: Gerade weil die Gruppen verfeindet sind und Auseinandersetzungen drohen, kontrollieren wir so häufig - besonders auch bei Veranstaltungen, um eine Eskalation zu verhindern. Die Kontrolle ist außerdem ein Mittel für uns, zu dokumentieren, dass die Polizei genau hinschaut.
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