Mülheim. Thorsten Drewes, der langjährige Sprecher der Mülheimer Feuerwehr, geht in den Ruhestand. In seinen 13.757 Diensttagen hat er viel erlebt.

Er war das Gesicht der Mülheimer Feuerwehr, vor allem bei größeren Einsätzen stets präsent in allen Medien. Wenn Thorsten Drewes in diesen Tagen in den Ruhestand geht, weiß er genau, wie viel Zeit er im Dienst der Bürger bei der Berufsfeuerwehr verbracht hat: 37 Jahre und acht Monate, 13.757 Tage. Keinen davon hat er bereut.

Angehende Feuerwehrleute müssen einen handwerklichen Beruf erlernt haben, bevor sie sich für die Ausbildung bewerben können. Thorsten Drewes, Jahrgang 1962, hatte schon Energieanlagenelektriker gelernt, als er sich vom künftigen Schwiegervater für die Feuerwehr begeistern ließ. Der Ältere sprach von Teamarbeit, von Kameradschaft, von dem Vertrauen, das die Kollegen zueinander hätten. „Er schwärmte so von der Feuerwehr, dass ich irgendwann auch Lust darauf bekam“, erinnert sich Drewes, der seine Feuerwehr-Ausbildung dann in Moers absolvierte.

Der allererste Einsatz in Mülheim war gleich ein Großfeuer

1985 war das, und Thorsten Drewes, der in Mülheim aufwuchs, wechselte dann 1990 zur Feuerwehr in seine Heimatstadt. Die empfing ihn gleich am ersten Arbeitstag mit einem Großbrand im Mülheimer Hafen: „Bei Schauenburg war das“, erinnert er sich noch gut daran, „ich war morgens kaum angekommen und konnte gleich mit in den Löschwagen steigen.“

Es sollte nicht der einzige große Einsatz in seinem Berufsleben bleiben. Auch manche kleinere haben ihn geprägt. „Von der Tierrettung bis zum Großbrand war ja in den 37 Jahren alles dabei“, sagt er. Der kleine Hund, den Drewes in Mülheim in den 1990ern nach stundenlangem Einsatz der Kollegen aus einem Betonrohr bergen konnte, zum Beispiel. Der junge Mann, der 2015 von seiner Schwarzen Mamba gebissen wurde und der dem Einsatz der Feuerwehr sein Überleben verdankt: Sie ließ das Gegengift einfliegen. Der Mann aus Syrien, der sich 2018 mit einem Sprung von der Schloßbrücke in die Ruhr das Leben nahm, und den sie nicht mehr retten konnten.

Große Einsätze: der Pfingststurm Ela, Feuer im Chemiewerk, der Tanklaster-Unfall

Vor allem die letzten Jahre in seinem Berufsleben sind für Thorsten Drewes, der seit 2013 als Pressesprecher fungiert, prägend gewesen. Er nennt den Pfingststurm Ela 2014 als einen seiner größten Einsätze – „Ich war mehr oder weniger 14 Tage am Stück auf der Wache“, erinnert er sich. „Wir waren ja alle noch wochenlang im Dienst.“ Die Rauchwolke beim Tanklaster-Unfall auf der A 40 konnte er am 17. September 2020 schon von der Feuerwache aus erkennen: „So einen Einsatz kennt man normalerweise nur als Planspiel bei der Ausbildung.“ Auch das Feuer bei der DHC Solvent Chemie im Hafen im Mai 2021 war bis zur Broicher Wache sichtbar.

Thorsten Drewes hat in seiner Dienstzeit bei der Mülheimer Feuerwehr viele Einsätze geleitet. Dieses Bild stammt aus dem Jahr 2014.
Thorsten Drewes hat in seiner Dienstzeit bei der Mülheimer Feuerwehr viele Einsätze geleitet. Dieses Bild stammt aus dem Jahr 2014. © Unbekannt | T. Emons

Prägend war auch die Corona-Pandemie, denn die Feuerwehr ist im Seuchenfall für die Gefahrenabwehr zuständig. „Wir sind ja immer rund um die Uhr im Dienst und haben die Ressourcen.“ Die Feuerwehr-Hauptwache in Broich sei gewissermaßen das zweite Rathaus gewesen: Hier tagte der Krisenstab, hier wurden die Entscheidungen getroffen. „Das war für mich sehr prägend“, sagt Thorsten Drewes. „Auch für mich persönlich war die Welt ja eine andere geworden.“

Prägende Einsätze: Menschenrettung, Tierrettung, Großeinsatz bei Minusgraden

Es komme ihm manchmal so vor, als hätten sich die Katastrophen zum Ende seines Berufslebens geradezu gehäuft, meint Drewes, der mit dem Dienstgrad Brandamtsrat in den Ruhestand geht, rückblickend. „Es gibt ja nichts, was nicht passiert“, sagt er und erinnert an den Mann, der bei der Wartung seiner Ölheizung zum Jahresbeginn so unglücklich stürzte, dass die Feuerwehr ihn nur durch das Wegstemmen einer Mauer aus seiner misslichen Lage zwischen Wand und Heizöltanks befreien konnte.

Den kältesten Einsatz seiner beruflichen Laufbahn erlebte Thorsten Drewes Anfang 2021: das große Feuer im ehemaligen Real-Markt im Hafen. Die Feuerwehrleute kämpften in einer eiskalten Februarnacht bei Minusgraden und Schneesturm gegen den Großbrand. Immer wieder froren Teile der Ausrüstung und der Kleidung ein. Auch dieser Einsatz, der Drewes unvergessen bleiben wird, dauerte letztlich mehrere Tage.

Die Flut erlebte Volker Drewes in Mülheim und im Ahrtal

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Drewes hat auch noch das brennende Fachwerkhaus an der Velauer Straße in jener Januarnacht 2022 vor Augen, als die Feuerwehr den dritten Bewohner in der buchstäblich letzten Sekunde aus dem Inferno holen konnte. Oder die Flutkatastrophe im vergangenen Sommer. Mit seinen Kollegen, Kolleginnen und Helfern stand er damals in der Innenstadt vor den Sandsäcken und „hab’ zugesehen, wie die Ruhr immer weiter anstieg“.

Einsatz der Feuerwehr in der Corona-Pandemie: Thorsten Drewes schiebt im April 2020 einen Wagen mit Bettwäsche für das neue Behelfskrankenhaus auf dem ehemaligen Kirmes-Platz in Saarn. Bis zu 200 zusätzliche Betten für Patienten wurden dort bereitgestellt.
Einsatz der Feuerwehr in der Corona-Pandemie: Thorsten Drewes schiebt im April 2020 einen Wagen mit Bettwäsche für das neue Behelfskrankenhaus auf dem ehemaligen Kirmes-Platz in Saarn. Bis zu 200 zusätzliche Betten für Patienten wurden dort bereitgestellt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Die Flutschäden in Mülheim waren immens, aber die Katastrophe im Ahrtal ist noch heute unbeschreiblich. Denn auch die Mülheimer Kräfte von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr waren als Helfer im Einsatz. „Wir waren viele Wochen vor Ort und haben die zwölf Einsatzkräfte alle drei Tage ausgewechselt“, berichtet Thorsten Drewes. Die Leute halfen einander, waren dankbar für jede zupackende Hand von auswärts. „Das war“, erinnert sich Drewes, „eine sehr emotionale Sache. Wir hatten teilweise Tränen in den Augen.“

Einige Bilder von prägenden Einsätzen, sind sie auch schon viele Jahre her, bleiben in Kopf. Schwere Unfälle, bei denen Kinder ums Leben gekommen sind, können auch die professionellen Retter nicht so einfach wegstecken. Zumal es in Drewes’ ersten Berufsjahren in den 1980ern noch keine psychologische Hilfe für die Feuerwehrleute nach besonders belastenden Einsätzen gab.

Werbung für die Feuerwehr: Ein Appell an junge Frauen und Männer

Doch was der Schwiegervater ihm damals erzählte, „das habe ich auch so bei der Feuerwehr erlebt“, sagt Thorsten Drewes, der jungen Männern und Frauen den Beruf unbedingt ans Herz legen möchte. „Gehen Sie zur Feuerwehr! Kein Tag ist wie der andere, es gibt immer neue Herausforderungen.“ Man werde heute bestens auf den Job vorbereitet. Aufgefangen durch ein gutes Team könne man jede Situation bewältigen. Einzelkämpfer könne es bei der Feuerwehr aber nicht geben. „Wir müssen Situationen lösen, wo alle anderen keinen Weg mehr finden.“

Wenn Thorsten Drewes künftig keine Einsätze mehr hat, freuen sich die Ehefrau und die beiden kleinen Enkelkinder. Auch engagiert sich der Hundefreund weiterhin im lokalen „Pinscher-Schnauzer-Club“, deren erster Vorsitzender er ist. Und beim nächsten „Tag der offenen Tür“ der Mülheimer Feuerwehr, der zwei Jahre lang pandemiebedingt ausfallen musste, wird Thorsten Drewes am 10. September 2022 sicher nicht nur als Zuschauer dabei sein.