Mülheim. Siemens Energy und die Stadt gehen eine Partnerschaft ein, um in Mülheim zu zeigen, dass am Wärmemarkt viel zu holen ist für die Klimawende.
Seinen unbändigen Stolz versuchte Oberbürgermeister Marc Buchholz erst gar nicht zu überspielen, als er nun mit dem Chef des Mülheimer Werkes von Siemens Energy, Nevzat Oezcan, eine strategische Partnerschaft bekannt gab: Siemens Energy und Stadt wollen gemeinsam einen großen Schritt machen, um nicht nur Mülheim seinem Ziel näherzubringen, bis 2035 klimaneutral zu sein. Eine neue Wärme-Technologie von Siemens Energy soll es möglich machen.
Die Sektoren Strom, Verkehr, aber insbesondere Wärme sind längst als die bedeutendsten Klimakiller ausgemacht. Schon Mülheims energetischer Stadtentwicklungsplan aus dem Jahr 2015 hatte aufgezeigt, dass der Anteil der Wärme am deutschen Energiebedarf bei weit über 50 Prozent liegt – und damit in diesem Bereich ein Schlüssel auch zur lokalen Klimawende zu suchen sei.
Kostengünstige und CO2-freie Wärme- und Kälteerzeugung soll möglich werden
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Aber wie dazu kommen, hier auf die Verbrennung fossiler Energien verzichten zu können. Schon für die Bewerbung zur Innovation City (spätere Modellstadt wurde Bottrop) hatte Mülheim ein Projekt mit den Mannesmann-Nachfolgegesellschaften skizziert, um die dort im Produktionsprozess entstehende Wärme effizienter zu nutzen. Das Projekt kam nie zustande; jetzt aber werden Siemens Energy und die Stadt Partner in der Sache, neue Technologien zur Energiewende im Modellgebiet Mülheim an den Markt zu bringen, die das Zeug haben sollen, wesentlich zur Klimaneutralität beizutragen.
Siemens-Ingenieure erläuterten jetzt die Grundzüge ihrer Entwicklung von Anlagen, die eine kostengünstige und CO2-freie Wärme- und Kälteerzeugung möglich machen sollen. Erste Pilotanlagen, die auf erprobte (noch fossile) Siemens-Technologien mit Generatoren, Kompressoren und Dampfturbinen aufsetzen, sind in der Planung.
Siemens Energy sieht auch Raum für Wärmeversorgung der Mülheimer Haushalte
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Seit 2018 sei Siemens mit namhaften Partnern in den USA in der Entwicklung, berichtete Roland Berghaus von Siemens Energy jetzt. Mittlerweile sei man „in der heißen Projektphase“. Im Juni 2022, so das Ziel, soll eine erste Modellanlage durchdesignt sein. In diese soll Wind- oder Solarenergie eingespeist werden, um mittels einer Hochtemperatur-Wärmepumpe daraus Wärme (bis zu 500 Grad Celsius) und Kälte (bis minus 70 Grad Celsius) für Industriebetriebe zu erzeugen. Der Clou: Bei entsprechend dimensionierten Anlagen soll es zudem möglich werden, die Wärme entweder wieder zu Strom umzuwandeln oder in ein Netz der klimaneutralen Wärmeversorgung für die Wohnbevölkerung einzuspeisen.
Ein Kunde in Nordamerika könnte womöglich im November 2023 die erste Anlage anfahren, nicht ausgeschlossen ist es für Siemens Energy auch, dass eine erste Pilotanlage in Mülheim in Betrieb geht. Dafür haben Stadt und Siemens Energy den Rhein-Ruhr-Hafen zum Modellgebiet ausgerufen und dort erste Gespräche etwa mit einem Energie-Großverbraucher geführt, wie es jetzt hieß. Gar werde schon an einer ersten Pilotanwendung in Mülheim konkret gearbeitet – für ein Unternehmen mit 15 Megawatt Wärmebedarf.
OB Buchholz: Projekt wird sicher Beitrag zu Mülheims Klimaneutralität leisten
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Auch ist für 2022 die Gründung einer gemeinsamen Projektgesellschaft unter Führung der Stadt geplant, um das zunächst auf den Hafen konzentrierte Modellprojekt in den Markt auszurollen. Weitere Unternehmen sollen Partner werden können. Insbesondere dem Mittelstand will die Projektgesellschaft beratend zur Seite stehen auf dem Weg zu klimaneutraler Wärme und Kälte für Produktionsprozesse.
OB Marc Buchholz sieht mehrfachen Benefit in dem ehrgeizigen Projekt, aus Mülheim heraus der Region, aber auch darüber hinaus womöglich zu beweisen, wie die dringend nötige Wärmewende zu bewerkstelligen sein könnte. Das jetzt vereinbarte Kooperationsprojekt werde sicher seinen Beitrag zu Mülheims Klimaneutralität im Jahr 2035 leisten , sagte er.
Siemens-Chef: Ich bin überzeugt, dass wir hiermit Geschichte schreiben können
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Gelinge es, die Technologie in Mülheim breit auszurollen, könnten heimische Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern – und Siemens Energy vor Ort seine Arbeitsplätze, so der Chef der städtischen Wirtschaftsförderung, Felix Blasch. „Es wird jetzt darum gehen, Unternehmen dafür zu begeistern, es auszuprobieren“, sieht er Mülheim auch in einer Art Pionierrolle: „Wir wollen Vorbild sein für die Region“. Viele Städte ringsum hätten bislang nur das Thema Wasserstoff für sich entdeckt. Zweifellos auch von großer Bedeutung, aber nicht alles.
„Das Projekt hat eine enorm große Bedeutung für uns. Ich bin überzeugt, dass wir hiermit Geschichte schreiben können“, sagte denn auch SE-Standortleiter Oezcan. Bekanntlich setzt die Mülheimer Belegschaft von Siemens Energy darauf, nicht weiter mit Jobverlusten konfrontiert zu werden, sondern sich im Konzern zum wesentlichen Treiber für neue, dann grüne Technogien zur Energietransformation zu mausern.
NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart: Mülheimer Projekt hat Modellcharakter für das Land
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SE-Standortleiter Oezcan ist sich sicher: „Wir können bei der Energietransformation eine führende Rolle übernehmen.“ Er sei „sehr stolz“ auf sein Mülheimer Team, das trotz der vielen Hiobsbotschaften in der Vergangenheit nicht den Kopf in den Sand gesteckt und die Zukunft fest in den Blick genommen habe. Der SE-Konzern stütze das Mülheimer Modellprojekt „Heat Region“ mit Eigenmitteln.
Per Videobotschaft übermittelte auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart dem Mülheimer Unterfangen beste Wünsche. Es habe „Modellcharakter für unser Land“, sei „ein wichtiger Beitrag zur Dekarbonisierung“ und eine Chance für Unternehmen, Energiekosten zu sparen und gleichzeitig einen Beitrag zur Klimawende zu leisten.