Mülheim. NRW-Wirtschafts- und Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) besuchte den Mülheimer Siemens Energy-Standort. Was den Minister beeindruckte.
Innovationen an jeder Ecke – buchstäblich so präsentierte sich Siemens Energy an der Rheinstraße beim Innovationstag am Mittwoch, den NRW-Wirtschafts- und Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) besuchte. Wie Drohnen dabei helfen Maschinenanlagen zu kontrollieren, wie Roboter Kraftwerke reparieren und 3D-Modelle zu digitalen Zwillingen von Turbinenschaufeln werden, erfuhr nicht nur der Minister bei seinem Rundgang. Über allem aber schwebte die Energiewende und das Thema Wasserstoff. Erklärtes Ziel, um die Energiewende zu schaffen, ist die Dekarbonisierung – also die Abkehr vom Kohlenstoff, der bei der Verbrennung von Kohle, Erdgas oder Öl freigesetzt wird und als schädliches CO2 in der Erdatmosphäre landet.
Auch am Mülheimer Standort der Siemens Energy AG an der Rheinstraße strebt man dieser Vorgabe auf vielfältigen Wegen entgegen, ist doch damit auch die Hoffnung auf eine Zukunftsperspektive für die Mitarbeiter verbunden, die sich im Februar mit der Ankündigung konfrontiert sahen, dass 700 der rund 4000 Arbeitsplätze am Mülheimer Standort abgebaut werden sollen. Welche Schritte das Unternehmen geht, um den Transformationsprozess weg von der konventionelle Kraftwerkstechnologie zu vollziehen, stellte es beim Innovationstag vor.
Der Minister hatte dem Mülheimer Standort erst im März einen Besuch abgestattet
Als Prestigeobjekt gilt der Elektrolyseur – auch hier ist Wasserstoff das Zauberwort. Die Anlage ermöglicht es, durch elektrische Energie Wasser aufzuspalten, um Wasserstoff zu produzieren. Mülheim als größter Siemens-Standort in NRW will sich auf diesem Feld behaupten, wie Siemens Energy-Vorstandsmitglied Jochen Eickholt vor der beeindruckenden Kulisse der Generatorenfertigung gegenüber Pinkwart betonte.
Der Wirtschafts- und Innovationsminister hatte dem Mülheimer Standort des Technologiekonzerns erst im März einen Besuch abgestattet, als Siemens Energy eine Kooperation mit dem Netzbetreiber Amprion besiegelt hat, in der es darum geht, die Stabilität der Netzspannung in Stromnetzen sicherzustellen.
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Die Netzstabilität ist eine weitere Säule des Unternehmens. Die entsprechende Fachabteilung zeigte auf, dass Strom-Blackouts in anderen Ländern wie Großbritannien oder Australien bereits an der Tagesordnung sind und es auch in Deutschland Tage mit komplett unterschiedlichen Energiemengen gebe. Eine Art Herzschrittmacher hat man bei Siemens Energy entwickelt, um die Netzspannung konstant zu halten – ein Schwungrad, das industriellen Maschinen vorgeschaltet wird und dagegen hält, falls die Strom-Spannung abfällt.
In einem Kraftwerk in Brasilien läuft Gasturbine mit 80 Prozent Wasserstoff
Frischen Wind für die Kraftwerkssparte, die sich mit Blick auf die Energiewende neu ausrichten muss, verspricht man sich bei Siemens Energy ebenfalls durch Wasserstoff. Schon jetzt könne eine Gasturbine mit bis zu 30 bis 40 Prozent Beimischung von Wasserstoff betrieben werden, stellte Erhard Eder, Leiter der Sparte Service Industrieanlagen, vor. In einem Kraftwerk in Brasilien, an dessen Entwicklung, Bau und Betrieb Siemens beteiligt ist, laufe eine Gasturbine sogar schon mit 80 Prozent Wasserstoff.
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Was Roboter und Drohnen den menschlichen Mitarbeitern voraus haben, stellten Siemens-Energy-Spezialisten dem NRW-Wirtschafts- und Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) auf seinem Rundgang durch die Werkshallen vor. Der VIR – die Abkürzung steht für Visual Inspection Robot – ist ein Roboter, der direkt in Kraftwerken eingesetzt werden kann, in denen etwa Siemens-Turbinen laufen. „Weil die Bauteile oft nicht so einfach zu transportieren sind – ein Gasturbinenbauteil hat schon mal einen Durchmesser von 3,20 Meter – haben wir den Spieß einfach umgedreht und den Roboter entwickelt, der dann vor Ort im Kraftwerk Reparaturen durchführt“, verdeutlichte Michael Lumm aus der entsprechenden Fachabteilung.
Minister Pinkwart kommentierte die Präsentation mit den Worten: „Durch den Roboter kann man jetzt häufiger nacharbeiten und wird in der Verschleißsituation effizienter.“ Die VIR-Mitarbeiter bestätigten diese Vermutung. Das zahle zudem auf die Nachhaltigkeit ein. „Früher wurden Komponenten häufiger ausgetauscht, jetzt werden sie aufgearbeitet“, so Lumm. Ein weiterer Vorteil der Robotertechnologie sei die Flexibilität – die Arme kämen auch in Löcher, die ein Mensch nicht so einfach erreichen kann.
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Drohne hilft bei Überprüfung von Anlagen
Ganz ähnlich verhält es sich mit der Balldrohne, die Siemens Energy-Mitarbeiter vorstellten. Früher mussten sich Menschen durch 70-Zentimeter-Öffnungen zwängen, um ins Innere von Anlagen und Maschinen zu kommen, um dort den Zustand überprüfen zu können. Heute übernimmt diesen Job die Drohne, die zudem effizienter als ein Mensch Befunde aufnehmen könne. Sie sei durch ihre LED-Scheinwerfer und die Kameras deutlich präziser, ihr Einsatz ginge zudem schneller, da Anlagen für Überprüfungen durch menschliche Mitarbeiter nicht selten auch eingerüstet werden müssten. Einen Nachteil aber hat die Drohne gegenüber dem Menschen durchaus: Sie brummt ohrenbetäubend wie ein Hornissenschwarm.
Der Minister lobte die Technologie der Spitzenklasse und sagte an Vorstand Jochen Eickholt gewandt: „Sie haben eine kluge Standortentscheidung mit Erlangen, Berlin und Mülheim getroffen, denn am Standort Mülheim werden Elektrolyseur-Systeme der Superklasse entwickelt und gefertigt, die künftig in großer Stückzahl gebraucht werden.“
Dass sie Innovationen können bei Siemens Energy, daran ließen die Mitarbeiter keinerlei Zweifel – mehr noch: Ihr Antrieb war spürbar – sie brennen dafür, die Energiewende mit ihren Technologien voranzutreiben. In diesem Fall sind Feuer und Flamme alles andere als schädlich.