Mülheim. Am Freitag entscheidet Mülheims Stadtrat, ob er dem Bürgerbegehren zum Erhalt der VHS beitritt. Jetzt meldet sich die VHS-Initiative zu Wort.

Vor eineinhalb Wochen haben Kämmerer Frank Mendack und Kulturdezernent Marc Buchholz ihr Gutachten vorgelegt, das die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung des VHS-Gebäudes in der Müga belegen soll. Jetzt meldet sich die Bürgerinitiative zu Wort. Sie wirft der Verwaltung eine einseitige wirtschaftliche Betrachtung vor, sieht aber auch Kritikpunkte an der Rechenweise.

30,3 Millionen Euro werde die Sanierung des denkmalgeschützten VHS-Gebäudes auf Sicht von 30 Jahren kosten, so das Ergebnis des Gutachtens. Eine Anmietung auf Dauer am Interimsstandort Aktienstraße sei zu empfehlen (12,1 Millionen). „Alternativlos“, sagen die Dezernenten mit Blick auf die desaströse Haushaltslage.

Kritik: Eine rein betriebswirtschaftschaftliche Betrachtung

Das ist es nicht, sagt Erich Bocklenberg, einer der wesentlichen Köpfe in der Bürgerinitiative. Die Stadt wähle hier „eine rein betriebswirtschaftliche Betrachtung“. Die besondere Funktionalität des Bestandsgebäudes als Ort des Austausches bleibe ausgeblendet, die Einheit des Müga-Ensembles mit Schloss und Kultureinrichtungen ringsum…

Bocklenberg und Mitstreiter werden das bekannte Einmaleins der Initiative noch häufig bemühen im Werben um Stimmen beim absehbaren Bürgerentscheid.

Gutachter bieten nicht nur eine Sichtweise an

Alternativlos sei selbst die gewählte Berechnungsmethode nicht, die der Kämmerer nun in den Vordergrund stelle. Tatsächlich präsentieren die Gutachter drei Sichtweisen. Die Stadt nimmt die der sogenannten Barwertmethode ein.

Eine Sicht, die im Fokus hat, dass die finanziellen Spielräume der Stadt kurz- und mittelfristig möglichst wenig eingeengt werden. Logische Folge bei dieser Betrachtung, das ist auch Bocklenberg klar: Miete schlägt Denkmal-Sanierung.

Auf lange Sicht wäre Sanierung günstiger als Miete

Die Gutachter machen aber auch eine andere Rechnung auf: Dass nämlich nach Ablauf einer 30-jährigen Miete an der Aktienstraße kein Gegenwert zu Buche stünde. Bei dieser Betrachtungsweise, so Bocklenberg, schneide die Sanierung besser ab. Wohlgemerkt: In diesem Fall empfehlen die Gutachter einen VHS-Neubau auf angekauftem Grundstück.

Für Stadtkämmerer und Bildungsdezernent ist das keine Alternative. Sie wollen nicht andere drängende Investitionen schieben müssen. Nach dem Motto: Die Stadt ist so klamm, dass sie sich selbst die wirtschaftlich günstigste Variante, den Neubau, nicht leisten kann ohne gravierende Einschnitte an anderer Stelle im Investitionsplan.

Weiterer wunder Punkt: Kein Konzept für die Zukunft des Denkmals

Einen weiteren wunden Punkt benennt Bocklenberg, der ehemalige Denkmalschutz-Chef der Stadtverwaltung: „Es gibt überhaupt kein Konzept der Entwicklung, weder für das Gebäude in der Müga noch für die VHS.“

Das 1979 eingeweihte VHS-Gebäude ist bekanntlich unter Denkmalschutz gestellt. Kämmerer Mendack betonte jetzt, es solle eine weitere öffentliche Nutzung an der Stelle geben. Nur wie?, fragt sich Bocklenberg. Um das Gebäude jemals wieder öffentlich nutzen zu können, wäre ja auch die millionenschwere Investition nötig.

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Kritik am Rechenverfahren: Die Quadratmeter-Frage

Bocklenberg benennt eine dritte Angriffsfläche, die er im Gutachten sieht. Die vollen Sanierungskosten werden hier der VHS zugeschlagen, obwohl längst ausgerufen sei, dass die VHS künftig mit deutlich weniger Fläche auskommen solle.

Warum, fragt er, wird dann nicht nur ein Teil der Kosten veranschlagt? In die Diskussion bringen die Kritiker des Gutachtens, dass Teile des Gebäudes auch für Verwaltungseinheiten genutzt werden könnten, die aktuell kostspielig zur Miete untergebracht sind. Im Quadratmeter-Preis, so steht es im Gutachten, schneidet die Bestandssanierung gar besser als alle Neubauvarianten ab.

Bocklenberg: Ein Abriss wäre Vergeudung

Bocklenberg und Mitstreitern sind weitere Kritikpunkte, „spekulative Elemente“ am Gutachten aufgefallen, so etwa sei der Verkauf des Grundstücks in der Müga zugunsten der anderen Alternativen eingepreist worden…

Die Initiative gibt sich wahlkampf-willig. „Die Bausubstanz ist laut Gutachten doch um vieles besser als das, was uns vorher vorgestellt worden ist.“ Auch entkräfte das Gutachten, dass der Denkmalschutz so teuer sei. „Ein Abriss wäre Vergeudung“, sagt der Denkmalschützer im Unruhestand.

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