Mülheim. . Kursteilnehmer standen am Dienstag vor verschlossenen Türen. „Die Absicht ist spürbar, den Weg für den Abriss freizumachen“, sagen nun manche.

Diab Zaheda schaut etwas verdutzt drein, als er vor dem Eingang der VHS von einem Sicherheitsbeamten abgewiesen wird. Noch spricht der syrische Flüchtling nicht gut genug Deutsch, um sofort zu verstehen, warum er nicht zu seinem Deutschkurs kann. Er blickt sich kurz um, sieht in die finstere Eingangshalle, schaut zu den dunklen Fenstern. „Keiner da?“, fragt er dann. Der Sicherheitsbeamte erklärt erneut, dass die VHS auf Grund massiver Brandschutzmängel geschlossen ist. Zu gefährlich wäre ein weiterer Unterricht. Zaheda versteht. Und schnell legt sich ein trauriger Ausdruck auf sein Gesicht. Der Deutschkurs ist wichtig für ihn.

Etwa 50 Menschen vor der Tür

„Ich will schnell besser Deutsch sprechen“, sagt er gebrochen. Und weiter: „Der Kurs war gut und ich habe mich verbessert.“ Dann hat er erst einmal viele Fragen. Wann geht der Kurs weiter? Wo findet er zukünftig statt? An wen kann er sich wenden? Dieses Mal zuckt der Sicherheitsbeamte die Schultern. Noch weiß niemand, wie und wo es weitergeht mit den zahlreichen Kursen – die Stadt arbeitet mit Hochdruck an einer Lösung. „Ich hoffe, dass der Kurs schnell weitergeht und ich auch davon erfahre“, sagt er. Noch finde er sich nicht richtig zurecht, wisse nicht immer, an wen er sich wenden könne.

Zaheda war nicht der einzige, der am gestrigen Tag vor verschlossener Tür stand. Etwa 50 VHS-Kursteilnehmer seien im Verlauf des Morgens vergeblich an die Bergstraße gekommen, berichtet der Sicherheitsbeamte, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Auch am Montagabend waren einige da, die nicht wussten, dass die VHS geschlossen ist“, sagt er.

„Ich denke, mittlerweile wissen es die meisten“

Am Dienstagmittag schien sich die Nachricht allerdings schon etwas weiter herumgesprochen zu haben: Das Gebäude glich einem Geisterhaus, vor dem kaum jemand auftauchte. „Die Medien haben jetzt darüber berichtet, und wir haben die Meldung über die Schließung auch online veröffentlicht. Ich denke, mittlerweile wissen es die meisten“, sagt auch Stadtsprecher Volker Wiebels. Flüchtlinge und jene zu erreichen, die des Deutschen nicht mächtig sind, ist allerdings offenbar schwierig: Hin und wieder mussten Menschen mit Migrationshintergrund und auch Flüchtlinge abgewiesen werden.

Für Reiner Krafft, Leiter des Familienbildungswerkes „Eltern werden – Eltern sein“, beginnt jetzt die Suche nach neuen Räumlichkeiten: „Die Schließung der VHS ist eine ausgesprochene Katastrophe, wenn nicht sogar ein Desaster.“ Am Montag hatte er lediglich 20 Minuten Zeit, um sein Material aus der VHS zu holen. „Mich wundert es, dass die Mängel nicht schon bei den Begehungen, die immer wieder stattfanden, aufgefallen sind“, sagt der Leiter. Nur scheibchenweise wurden in den vergangenen Jahren kleinere Umbaumaßnahmen vorgenommen.

Vielleicht kann Familienwerk in ein Atelier ausweichen

Einige Kurse des Familienwerkes könnten auf den Europapavillon verlagert werden, jedoch nicht alle. „Die Musikzwerge können beispielsweise montags zwar im Pavillon stattfinden, aber mittwochs ist dort schon eine andere Gruppe“, so Krafft. Die Kursteilnehmer wurden bereits informiert, dass die Kurse diese Woche ausfallen. Damit es bald weitergehen kann, sucht Reiner Krafft alternative Räumlichkeiten: „Eventuell wird mir ein Atelier zur Verfügung gestellt und ich wollte beim Jugendzentrum Café Fox nachfragen.“

Auch Steen Steenken, Mitglied der Bürgerinitiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“ kann nicht verstehen, wie es zu der plötzlichen Schließung kam: „Ich finde es empörend, dass die Stadt jahrelang versäumt hat, Notwendigkeiten zur Feuersicherheit durchzuführen.“

Der zur Verfügung stehende Etat sei nicht angerührt worden, da es seitens der Stadt keine Bereitschaft gäbe, eine Verbesserung durchzuführen. „Die Absicht ist spürbar, den Weg für den Abriss freizumachen, um an die wertvollen Grundstücke zu gelangen“, sagt Steenken.

Bangen um architektonische „Perle“

Ein Teil der Müga würde durch eine Neubebauung verloren gehen. Die Volkshochschule sei aus architektonischer Sicht eine der letzten Perlen Mülheims. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude sei erhaltenswert, ein Abriss und Neubau sei höchstwahrscheinlich teurer als der Erhalt der jetzigen VHS. Ob es einen Protest seitens der Bürgerinitiative geben wird, sei, laut Steenken, noch zu besprechen: „Wir müssen noch darüber nachdenken, was unsere nächsten Schritte sein werden.“