Mülheim. . Nach Akteneinsicht der VHS-Initiative sieht die Fraktion den Rat getäuscht. Der Kämmerer sieht das anders. Debatte heute im Mülheimer Stadtrat.
Sanierung, Neubau oder Anmietung? Im Streit um den zukünftigen Standort der Volkshochschule fordern die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) mit einem Eilantrag für die heutige Sitzung des Stadtrates, die Beauftragung von Gutachtern, die die wirtschaftlichste Lösung zur offenen Frage finden sollen, unverzüglich zu stoppen.
Die MBI sehen sich und die Ratspolitik von Stadtkämmerer Frank Mendack hinters Licht geführt. Dieser wartet mit seiner Unterschrift unter dem Auftrag nun doch bis zum Ende der Ratssitzung, weist die Vorwürfe der MBI aber zurück.
Anderes Verfahren wurde zur Begutachtung gewählt
Der Stadtrat hatte die Verwaltung im Dezember 2017 mit großer Mehrheit damit beauftragt, in der leidigen VHS-Debatte externe Gutachter einzuschalten. Sie sollen untersuchen, was nach der abrupten Sperrung des VHS-Gebäudes in der Müga im September 2017 die wirtschaftlichste Lösung für den künftigen VHS-Betrieb sein würde: eine Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes in der Müga, ein Neubau auf städtischem beziehungsweise fremdem Grundstück oder eine dauerhafte Anmietung von Räumlichkeiten.
Nach einer Akteneinsicht der Bürgerinitiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“ zum aktuellen Verfahrensstand schlagen nun die MBI Alarm: Sie sehen den Stadtrat getäuscht, weil die Verwaltung unter Federführung von Kämmerer Mendack nun auf eigene Faust ein anderes Verfahren zur Begutachtung gewählt hat als vor knapp einem Jahr skizziert.
Nur eine Kostenschätzung
Fakt ist: Die Verwaltung hat sich – offenbar auf Druck des Rechnungsprüfungsamtes – dazu entschieden, in der Tiefe der Begutachtung einen Schritt weniger zu machen als ursprünglich angekündigt. Die Gutachter sollen nun doch nicht eine Kostenberechnung nach Leistungsphase 3 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vornehmen (Generalplanung), sondern eine Phase weniger bearbeiten und am Ende lediglich eine Kostenschätzung vornehmen (technisch-wirtschaftliche Beratungsleistung).
Für Mendack ist das „völlig ausreichend“ für ein aussagekräftiges Ergebnis zur Wirtschaftlichkeit der vier Szenarien. Im gesperrten VHS-Gebäude werde es genau so wie vorgesehen eine umfassende Untersuchung der Bausubstanz geben, das nun gewählte Verfahren sei zudem deutlich günstiger.
Nicht mehr 900.000 Euro seien für das Gutachten zu zahlen, sondern weniger als 250.000 Euro. Auch das Risiko, je nach späterer Entscheidung des Stadtrates zum VHS-Standort Geld für die Begutachtung der fallen gelassenen Alternativen in den Sand gesetzt zu haben, sei minimiert – auf 80.000 bis 120.000 Euro.
MBI: Es mangelt an Genauigkeit
MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard hält dagegen. Die „reine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ sei nicht tauglich. Seine Befürchtung: Das Gutachterbüro werde „nur die bekannten, diversen bisherigen VHS-Gutachten noch einmal zusammenfassen und bewerten“, dafür bräuchte es keine Gutachter. Es werde der Kostenschätzung, die im Mai 2019 vorliegen soll, an Genauigkeit mangeln.
Die Stadt hatte das Gutachten auch nicht mehr – wie vorgesehen – europaweit ausgeschrieben, sondern vier Gutachterbüros aufgefordert, Angebote zu unterbreiten. Zwei sind dem gefolgt. Ein Gutachter-Auftrag liegt bei Kämmerer Frank Mendack seit Montag unterschriftsreif auf dem Tisch. Mendack hofft, ihn nach der Ratssitzung unterschreiben zu können.
Entscheidung fällt im Sommer
Im Sommer 2019, so der Kämmerer, könne der Stadtrat in die Lage versetzt sein, einen Baubeschluss zu fassen. Wenn er denn sanieren oder – wo auch immer – neu bauen will.
>>> NEUBAU-STANDORTE WERDEN UNTERSUCHT
In ihrer Ausschreibung hat die Stadt drei städtische Grundstücke zur Begutachtung eines
VHS-Neubaus benannt:
eins an der Ernst-Tommes-Straße in Saarn, dazu das Areal der ehemaligen Hauptschule
an der Bruchstraße in Eppinghofen.Außerdem das Ruhrbania-Baufeld 4 an der Konrad-Adenauer-Brücke.
Auf die Kritik der MBI, hier mitunter mindestens den politischen Willen zu missachten, einen zentral gelegenen VHS-Betrieb sicherzustellen, entgegnete Kämmerer Mendack, dass den Gutachtern allein „Referenzflächen“ benannt worden seien, die aktuell verfügbar seien. „Es gibt nicht ansatzweise die Vorstellung, dass die VHS, da, da oder da hinkommt.“