Essen-Bergeborbeck. Die Abwasserfreiheit durch den Emscherumbau ist fast erreicht. Wie es an Essens letzter Köttelbecke aussieht und woran die Verzögerung liegt.
Die Berne ist der einzige Nebenlauf der Emscher, der noch nicht abwasserfrei ist. Das soll sich im kommenden Jahr ändern. Wenn die Bauarbeiten am Sulterkamp abgeschlossen sind, hat die Emschergenossenschaft ihr Ziel, das sie sich einst in den 90er-Jahren gesetzt hatte, erreicht: die Abwasserfreiheit des gesamten Emschersystems.
Die zwölf Kilometer lange Berne, die im Essener Südviertel entspringt und eigentlich in Bottrop in die Emscher fließt, findet aktuell ihr Ende in Bergeborbeck. Kurz hinter der Baustelle am Sulterkamp befindet sich ein Provisorium, in dem das Wasser der Köttelbecke aufgefangen wird und ab dort unterirdisch bis zu einer Kläranlage fließt. So bleibe die Emscher abwasserfrei, erklärt Amir Golzari, Projektleiter der Baustelle. Derzeit werden hier in Bergeborbeck die letzten zwei Kilometer umgebaut. Golzari: „Dazu wird ein Kanalsystem parallel zur Berne verlegt, in das das Abwasser eingeleitet werden soll.“
Abwasserfreiheit sollte schon 2022 erreicht werden
Das eigentliche Ziel, die Berne vollständig vom Abwasser zu befreien, ist jedoch noch nicht erreicht. „Eigentlich sollte das bereits in diesem Jahr geschehen“, sagt Ilias Abawi, Leiter Kommunikation bei der Emschergenossenschaft. Dieses Ziel sei derzeit jedoch nicht realisierbar. Einer der Gründe: Wegen des Krieges in der Ukraine fehlen Materialien auf der Baustelle, die beispielsweise für die Wiederherstellung der Straße benötigt werden. Auch Stahl sei nicht genügend vorhanden. Diese Lieferengpässe hängen allerdings nicht nur mit dem Ukraine-Krieg zusammen. „Angefangen hat das schon mit der Corona-Pandemie“, erklärt Golzari. Auch die Inflation und die dadurch steigenden Preise spiele eine Rolle.
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Aber auch der Umbau des Borbecker Mühlenbachs, der in die Berne fließt, führe zu einer Verzögerung. In der Nähe des Baches sei kurz vor dem Beginn der Bauarbeiten die geschützte Wasserralle entdeckt worden. Auch das, so Abawi, habe den Baustart nach hinten verschoben. Die Emschergenossenschaft musste den Vogel zunächst umsiedeln. Damals habe man mit einer Verzögerung von fünf Jahren gerechnet, doch: „Wir haben die Zeit gut eingeholt und liegen jetzt bei einer Verzögerung von zwei Jahren“, sagt Abawi.
Rad-Tipp: Berneroute
Wer die Berne erkunden möchte, kann das mit dem Fahrrad über die Berneroute machen. Diese führt von der Quelle des Flusses im nördlichen Teil der Essener Innenstadt bis zur Stadtgrenze nach Bottrop. Dort liegt die Bernemündung am neu gestalteten Berne-Park. Noch ist die Berne nicht durchgehend abwasserfrei, daher ist auch der Radweg noch nicht wieder vollständig hergestellt und wird teils umgeleitet. Bis 2024 soll die 8,7 Kilometer lange Route wieder durchgehend befahrbar sein. „Die Wiederherstellung des Radweges an der Berne läuft quasi nachlaufend zu den Kanalbauarbeiten“, erklärt Ilias Abawi, Pressesprecher der Emschergenossenschaft.
Ökologische Verbesserung beginnt nach den Bauarbeiten
Golzari geht davon aus, dass Ende des nächsten Jahres das Kanalsystem der Berne fertiggestellt und somit die Abwasserfreiheit gewährleistet ist. Nach dem abgeschlossenen Bau des Kanalsystems müssen die Anschlüsse der 32.000 Essener Haushalte, die derzeit noch in die Berne entwässern, an das neue Kanalsystem gekoppelt werden. Dies werde im Anschluss an die aktuelle Baumaßnahme passieren.
Auch die ökologische Verbesserung entlang der Berne werde nach den aktuellen Bauarbeiten stattfinden. Der Umbau der Gewässer solle so naturnah wie möglich stattfinden. Dies sei an der Berne jedoch nicht überall möglich, erklärt Golzari. Das liege daran, dass sowohl die Berne als auch der Borbecker Mühlenbach am Sulterkamp eng bebaut seien. Er spreche deshalb nicht von einer Renaturierung, sondern von einer Revitalisierung.
Berne als Hochwasserschutzmaßnahme
Die derzeitige Trockenheit führe dazu, dass ausschließlich Abwasser in der Berne fließe, sagt Abawi. Da der Quellzufluss nur gering sei, werde, sobald das Abwasser in die unterirdische Kanalisation umgeleitet wird, kaum noch Wasser durch die Berne fließen. Sie sei dann aber für den Hochwasserschutz der Umgebung von Bedeutung. „Lieber wäre uns natürlich trotzdem ein sauberes und fließendes Gewässer“, sagt der Sprecher der Emschergenossenschaft.
Ähnlich wie am Schurenbach werde am Sulterkamp ein Stauraumkanal gebaut, der zusätzlich für Entlastung sorgen soll. Dieser kann bei Hochwasserereignissen das Regenwasser zurückhalten und gesteuert in die Berne abgeben. So erreicht die Emschergenossenschaft mit dem Emscherumbau nicht nur ihr Ziel der Abwasserfreiheit, sondern stärkt auch den Hochwasserschutz in der Umgebung.
In unserer Serie „Emscher: Natur vor der Haustür“ erzählen wir von Orten, an denen Lösungsansätze für Zukunftsthemen wie Nutzung von Regenwasser, städtebauliche Entwicklung mit Blick auf Wassernutzung, Artenschutz und Aufenthaltsqualität an renaturierten Uferrändern jetzt erlebbar sind.