Duisburg. Diese Wahl wird historisch für Duisburg: Vier Kandidaten werden Bundestagsabgeordnete – wahrscheinlich mehr. Bis zu acht Mandate sind möglich.

Man braucht keine Duisburger Umfrage oder Expertenwissen, um vorherzusagen, wer am Sonntag bei der Bundestagswahl in den Duisburger Wahlkreisen direkt ins neue Parlament gewählt wird: Seit 1961 holten hier Direktkandidatinnen und -kandidaten der SPD die meisten Erststimmen, obendrein hat die Partei ihr Umfragetief überraschend überwunden. Im Wahlkreis Duisburg I (115) im Süden spricht also alles für den vierten Wahlerfolg von Bärbel Bas, im Wahlkreis Duisburg II (116) alles für die zweite Wiederwahl Mahmut Özdemirs. Und doch wird diese Wahl für Duisburg eine historische Ausnahme werden: Denn Duisburger Interessen werden in der kommenden Legislaturperiode in Berlin nicht mehr allein durch die Bundestagsmitglieder (MdB) Bas und Özdemir vertreten. Je nachdem, wie (ungewöhnlich) das Volk wählt, werden zwischen vier und acht Duisburger Volksvertreter im neuen Bundestag.

Bundestagswahl 2021 in Duisburg

Die Direktwahl ist schließlich nicht die einzige Möglichkeit für Bundestagskandidaten, ein Mandat zu erringen. Stehen einer Partei wegen ihres deutschlandweiten Zweitstimmenergebnisses mehr Sitze im Parlament zu, als sie bundesweit Direktmandate errungen hat, rücken die Bewerberinnen und Bewerber nach, die auf den Reservelisten der jeweiligen Landesverbände stehen. In den Parteien gibt es darum vor Wahlen einen Wettstreit, zuweilen ein Gerangel um die besten Platzierungen.

Felix Banaszak und Lamya Kaddor: zwei Duisburger Grüne im Bundestag

Aus diesem Ringen sind bei den NRW-Grünen Duisburger Direktkandidaten mit aussichtsreichen Listenplätzen hervorgegangen: Die Delegierten wählten ihren Landesvorsitzenden Felix Banaszak auf Platz sechs, die frisch in die Partei eingetretene Lamya Kaddor auf den zwölften Rang. Dieser hätte bereits 2017 für den indirekten Einzug in den Bundestag gereicht, als die Grünen in NRW 7,6 Prozent der Stimmen gewannen. 2021 werden es zweifelsfrei mehr.

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Für die Hauptstadt planen dürfte wegen seines aussichtsreichen Listenplatzes eigentlich auch der Kandidat der Linken im Stadtnorden: Der Wahl-Duisburger Christian Leye (40), Landessprecher der Partei, ist vor drei Jahren nach Neudorf gezogen. Den Landessprecher der Linken wählten die Vertreter auf den sechsten Platz der von Sahra Wagenknecht angeführten Liste. 2017, als die Linken an Rhein und Ruhr 7,5 Prozent der Zweitstimmen errangen, zogen zwölf von ihnen über die Reserveliste ins Parlament ein. Allerdings prognostizieren Demoskopen der Partei deutliche Verluste im Bund (2017: 9,2 %). Heißt: Leye schafft es wohl ins Parlament – sofern es die Linke über die Fünf-Prozent-Hürde schafft.

Schafft es Charline Kappes als erstes Mitglied der FDP Duisburg in den Bundestag?

Neben Bas, Özdemir, Banaszak und Kaddor – sowie wahrscheinlich Leye – könnte auch Charline Kappes Mitglied des 20. Deutschen Bundestags werden. Das wäre auch eine Premiere für die FDP Duisburg. Für die 27-Jährige wird es in jedem Fall knapp; sie wird am Sonntag wohl erst spät am Abend Gewissheit haben. Erste Bedingung für ihren Sprung nach Berlin: elf, möglichst zwölf Prozent der Zweitstimmen für die FDP (2017: 10,7 %; in NRW: 13,1 %). Die Umfragewerte dürften sie optimistisch stimmen.

Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen sind die Mandate für zwei weitere Duisburger Kandidaten:

Thomas Mahlberg, Vorsitzender der CDU Duisburg und Dauer-Kandidat im Süden, hat es zwar nur auf Listenplatz 27 geschafft. Aber die schwächelnde CDU könnte, auch in NRW, viele Direktmandate wieder verlieren. Mahlberg schaffte es 2013 sogar über Listenplatz 38 in den Bundestag. Damals allerdings holte die CDU bundesweit 34,1 Prozent und in NRW 37 Direktmandate; 26 Kandidaten rückten über die Landesreserveliste nach. Allein: Die letzten Umfragen sahen die Union bei nur noch 21 Prozent.

Rainer Holfeld, AfD-Kandidat im Duisburger Norden, rangiert auf dem letzten Listenplatz (20) seines Landesverbandes. Als die Rechten 2017 der große Wahlsieger waren (2017: 12,6 %; in NRW: 8,1 %), zogen 15 Parteimitglieder von der NRW-Liste in den Bundestag ein. Holfelds geringe Außenseiterchancen steigen, wenn die AfD im Bund nicht verliert und sich in NRW auch noch verbessert. Beides ist zumindest nach letzten Umfrageergebnissen eher unwahrscheinlich.

>> ALLE 23 DUISBURGER KANDIDATEN

• In den Duisburger Wahlkreisen 115 und 116 treten insgesamt 23 Direktkandidaten an: elf im Süden, zwölf im Norden. Chancen auf den Einzug in den Bundestag hat über die acht oben erläuterten hinaus keine(r) von ihnen.

• Um die Erststimme werben im Wahlkreis Duisburg I: Bärbel Bas (SPD), Thomas Mahlberg (CDU), Charline Kappes (FDP), Sascha Lensing (AfD), Lamya Kaddor (B90/Die Grünen), Mirze Edis (Linke), Jan Richter (Freie Wähler), Dr. Günther Bittel (MLPD), Felix Engelke (Basisdemokratische Partei), Boris Opfer (Einzelbewerber), Fatma Ergin (Einzelbewerber).

• Nirgends in NRW ist der Stimmzettel länger Im Wahlkreis Duisburg II: Mahmut Özdemir (SPD), Volker Mosblech (CDU), Markus Giesler (FDP), Rainer Holfeld (AfD), Felix Banaszak (B.90/Die Grünen), Christian Leye (Linke), Mark Altenschmidt (Freie Wähler), Peter Römmele (MLPD), Beate Buchta (Basisdemokratische Partei), Roland Helmer (Unabhängige für bürgernahe Demokratie), Ayfer Saygili (Einzelbewerber), Marliese Lenz (Einzelbewerberin).