Duisburg. Der Hafen Duisburg und Erich Staake trennen sich vorzeitig – obwohl Gutachter kein „rechtlich relevantes Fehlverhalten“ feststellen konnten.
Der Duisburger Hafen und Erich Staake trennen sich vorzeitig: Duisport und der langjährige Vorstandschef beenden ihre Zusammenarbeit bereits zum 31. Juli, offiziell in beiderseitigem Einvernehmen. Das hat der Aufsichtsrat am Freitagnachmittag schriftlich mitgeteilt. Zuvor hatte das Kontrollgremium über die finalen Ergebnisse einer zweiten „Sonderprüfung“ beraten: Juristen untersuchten wochenlang anonyme Vorwürfe gegen Hafenchef Staake, wonach sich der Manager als Chef des öffentlichen Unternehmens unrechtmäßig private Vorteile verschafft haben soll (wir berichteten).
„Die beauftragen Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte haben auf Grundlage dieser Vorwürfe kein rechtlich relevantes Fehlverhalten feststellen können“, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Hendrik Schulte nun in einer schriftlichen Stellungnahme. Dennoch habe Staake „mit Hinweis auf die bereits erfolgte Nachfolgeregelung angeboten, das Amt des Vorstandsvorsitzenden frühzeitig zum 31. Juli zu übergeben“, so Schulte: „Der Aufsichtsrat hat dem in seiner heutigen Sitzung einstimmig entsprochen.“ Das bedeutet auch: An einer weiteren, möglicherweise sogar gerichtlichen Auseinandersetzung hatten letztlich beide Seiten kein Interesse.
Geheimes Gutachten hatte Befragung Staakes zu Ungereimtheiten empfohlen
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Die Arbeitsverträge zwischen dem 67-Jährigen und dem Unternehmen, das zu zwei Dritteln dem Land und zu einem Drittel der Stadt Duisburg gehört, waren ursprünglich bis Ende November gültig. Dann wäre Staake nach fast 23 Jahren an der Hafen-Spitze altersbedingt ausgeschieden. Ob das Arbeitsverhältnis mit der ausgehandelten Trennung Ende Juli endet oder Staake nach der Übergabe an seinen Nachfolger Markus Bangen noch vier Monate weiterbezahlt wird, ist der Erklärung des Aufsichtsrates nicht zu entnehmen. Fest steht: Endgültig vom Tisch ist freilich auch der ursprüngliche Plan, dass der Rentner Staake Beiratsboss und Berater des Hafens wird.
Er – und der Aufsichtsrat – stehen unter öffentlichem Druck, seit Ende März durch anonyme Hinweisgeber bekannt geworden war, dass sich Staake am 13. Januar in einem Duisburger Hewag-Seniorenstift des befreundeten Bauunternehmens Walter Hellmich impfen ließ, obwohl er längst noch nicht an der Reihe gewesen wäre. Diese organisierte Impfdrängelei rechtfertige eine vorzeitige Entlassung nicht, hatte der Aufsichtsrat nach einer ersten arbeitsrechtlichen Untersuchung am 20. Mai mitgeteilt.
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Danach hatte jedoch ein geheimes Gutachten, das unserer Redaktion vorliegt, Staake in mehreren Punkten auch belastet. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte, die dem Duisport-Vorstand gleichwohl seit Jahren selbst die ordnungsgemäße Geschäftsführung bescheinigt, hatte zu mehreren Ungereimtheiten auch Staakes Befragung angeraten. Es ging um First-Class-Flüge mit seiner Ehefrau und Aufträge an eine Freundin, um auffällig hohe Spesen und BVB-Logenplätze, aber auch um Millionenausgaben für die 300-Jahr-Feier des Hafens (wir berichteten).
Zum Abschied einen „Freispruch“ und Lob für die Hafen-Erfolge
Auf all die Vorwürfe und Staakes Antworten auf die offenen Fragen geht die Erklärung vom Freitag über den „Freispruch“ durch die beauftragten Anwälte hinaus nicht ein. Stattdessen wünscht Dr. Hendrik Schulte, Staatssekretär im NRW-Verkehrsministerium von Hendrik Wüst (CDU), dem scheidenden Hafenchef floskelhaft „auf seinem weiteren Lebensweg alles erdenklich Gute“.
Lob gibt’s für einen der Macher hinter dem „Wunder von Duisburg“ auch: Staake habe „über 20 Jahre volles Engagement“ für den Hafen gezeigt, die AG „zu einem prosperierenden Unternehmen weiterentwickelt“, das tausende Arbeitsplätze in der Region geschaffen habe. Sogar in der Coronakrise sei der Gewinn gestiegen, betont Schulte.
Der so Hinfortgelobte wird in der Erklärung auch noch selbst indirekt zitiert: Staake habe „zu seinem altersbedingten Ausscheiden“ erklärt, „ihm sei der Abschied vom Hafen leichter gefallen, da nun die Nachfolge geregelt sei und er die Geschäfte sofort in erfahrene Hände übergeben könne. Erfreulicherweise sei der Hafen auch aktuell in bester Verfassung.“
Zu den Vorwürfen hatten sich Staake und sein Anwalt mit Verweis auf die „Verschwiegenheitszusage“ unserer Redaktion gegenüber nicht geäußert. Ein Reporter des Redaktionsnetzwerkes Deutschland hatte jüngst in anderem Zusammenhang beiläufig geschrieben, Staake weise die Vorwürfe zurück als „Intrige von einigen, die ihm den Erfolg neiden“.
>> STAATSANWALTSCHAFT DUISBURG PRÜFT ANFANGSVERDACHT
• In einer außerordentlichen Sitzung am 8. Juni hatte der Aufsichtsrat einstimmig Staakes langjährigen Vorstandskollegen Markus Bangen zum designierten Vorstandsvorsitzenden berufen. Außerdem kommt Dr. Carsten Hinne als neues Vorstandsmitglied von der Deutschen Bahn. Weiterhin gehört dem Hafen-Vorstand Prof. Thomas Schlipköther an.
• Erich Staake war wegen der Impfdrängelei mehrfach angezeigt worden. Die Staatsanwaltschaft prüft weiterhin, ob Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegen – nach Angaben einer Sprecherin inzwischen auch mit Blick auf die in der Sonderprüfungen untersuchten Vorwürfe.
• Staake hatte bereits vor seiner Befragung im Aufsichtsrat am 12. April Anzeige gegen Unbekannt erstattet, nachdem ein anonymer Informant Details zu den vorzeitigen Covid-Impfungen und zum Privatleben des Hafenchefs verbreitet hatte.
>> BERICHTERSTATTUNG ÜBER DIE DUISBURGER IMPFAFFÄRE UND DIE FOLGEN
■ Trotz Impf-Affäre: Duisburger Rat entlastet Hafen-Vorstand (15.6.)
■ SPD: Staake und Hellmich feierten Impfung auf Hafen-Kosten (11.6.)
■ Hafen Duisburg: Nachfolger von Erich Staake gefunden (8.6.)
■ Hafenchef Staake unter Druck: Wie ihn ein Gutachten belastet (4.6.)
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■ Staake: Fragen zu First-Class-Flügen, hohen Spesen und Wein (4.6.)
■ Impfaffäre eine Spendenaffäre? Anfrage zum Hafen im Landtag (22.5.)
■ Duisburger Hafen: Keine Entlassung des Impfdränglers Staake (20.5.)
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