Duisburg. Hafenchef Staake machte zwischen Terminen eine Reise mit seiner Frau, ließ von Fahrern auch Freundin und Hund chauffieren. Was Juristen sagen.
Der Aufsichtsrat des Duisburger Hafens lässt mit einer arbeitsrechtlichen „Sonderprüfung“ Vorwürfe gegen Vorstandschef Erich Staake untersuchen, mit denen ihn anonyme Hinweisgeber belasten. In einem für das Kontrollgremium erstellten Gutachten, das unserer Redaktion vorliegt, wertet die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte „Dokumente und Nachweise des internen Belegwesens“ aus den Jahren 2020 und 2021 aus, die sie dazu bei Duisport angefordert hatte. Im 16-seitigen Deloitte-Papier geht es nicht nur um den Kauf von Luftfilteranlagen bei einer Freundin Staakes und Extra-Kosten des Hafenjubiläums (>> zum Bericht), sondern auch um Vorwürfe, Staake verschaffe sich im Beruf zu Unrecht private Vorteile – etwa als BVB-Fan mit teuren Logenplätzen (>> zum Bericht).
So hatten die Hinweisgeber dem Ex-RTL-Manager auch unnötig teure Dienstreisen mit First-Class-Flügen und Reisekostenabrechnungen von privaten Ausflügen vorgeworfen. Dazu empfehlen die Gutachter die Befragung des Managers. Für seine Dienstreisen fielen 2020 bei Duisport 36.000 Euro an, 2021 von Januar bis März 17.000 Euro. Es gebe „in einer Reihe von Fällen“ Hinweise darauf, „dass Erich Staake bei Interkontinentalflügen auch First Class geflogen ist, bei innerdeutschen und innereuropäischen Flügen überwiegend Business Class“, berichten die Gutachter.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Dabei stehe in seinem Arbeitsvertrag, dass bei „Inlands- und innereuropäischen Flügen in der Regel die Economy Class“ und bei „bei Interkontinentalreisen in der Regel die Business Class zu nutzen sei“. Dennoch sei somit „keine strikte Bindung an bestimmte Flugzeugklassen im Arbeitsvertrag geregelt“.
First-Class-Flüge vor und nach einer Kreuzfahrt mit der Ehefrau
Im April 2018 ist Staake mit seiner Ehefrau First Class nach Hongkong geflogen, nach einer gemeinsamen Kreuzfahrt dann in der ersten Klasse von Singapur zurück nach Frankfurt. Für fünf Übernachtungen rechnete er mindestens 4113 Euro ab.
Staake- Fragen zu First-Class-Flügen, hohen Spesen und WeinStaake, der sich unserer Redaktion gegenüber nicht zu den Vorwürfen äußern möchte, sagte dazu der Rheinischen Post (RP), er habe mit seiner Ehefrau, die damals für die Außenbeziehungen des Hafens zuständig war, und einem weiteren Mitarbeiter Termine in Hongkong und Singapur absolviert. Es habe „der Firma eigentlich Geld gespart, dass er auf eine Hin- und Rückreise nach Asien verzichtete, indem er zwischen den Terminen eine Kreuzfahrt gemacht habe. Außerdem seien er und seine Frau nicht First-Class geflogen“, zitiert die RP Staake indirekt.
Überhaupt keinen dienstlichen Bezug finden die Gutachter bei drei Hotelübernachtungen in Heiligendamm nach einem geschäftlichen Termin am 22. Juli 2020. Staake sagt dazu laut RP, er habe Termine mit polnischen Managern gehabt.
Hafenchef Erich Staake: 26.801 Euro Bewirtungsspesen 2020
Auch bei „einigen Bewirtungsbelegen“ stellen die Prüfer „Unstimmigkeiten“ fest, „die eine bewusst oder unbewusst fehlerhafte Eintragung nicht ausschließen lassen“. Die Hinweisgeber hatten Staake vorgeworfen, private Essen mit seiner Frau „durch Angabe fiktiver Teilnehmer“ als Geschäftsessen deklariert zu haben. Über das Bewirtungskonto des Hafens wurden 2020 für Staake 26.801 Euro netto und 2021 bis März 3900 Euro netto abgerechnet.
Den Juristen fielen mehrere Restaurantrechnungen auf, „bei denen im Verhältnis zum Menüpreis hohe Kosten für Personal und Anfahrt/Anlieferung berechnet werden“. Von Rechnungen des Krefelder Golf-Restaurants Herbertz entfielen so etwa von Gesamtbeträgen zwischen 350 und 400 Euro „80 bis 90 % auf Lieferung und Servicekräfte“.
VIP-Plätze und Werbung- Das zahlt der Hafen Duisburg dem BVBIn anderen Fällen konnten die Experten „Unstimmigkeiten hinsichtlich der Anzahl und der Namen der an Geschäftsterminen teilnehmenden Personen lt. Bewirtungsbelegen, Kalenderbeiträgen und der auf den Restaurantrechnungen ausgewiesenen Anzahl der Speisen identifizieren“. Sie empfehlen auch hierzu, eine Stellungnahme Staakes einzuholen.
Hafen-Mitarbeiter mussten Staake-Hund fahren und Freundin in Bremen abholen
Staake sieht sich des Weiteren mit Vorwürfen konfrontiert, Dienstwagen und Fahrer des Hafens zu privaten Zwecken genutzt zu haben. Sein Arbeitsvertrag regelt laut Deloitte nicht, ob er Anspruch auf einen Fahrer hat, aber laut Auskunft des Hafens werde ihm „seit geraumer Zeit ein Fahrer zur Verfügung gestellt“. Es sei Aufgabe zweier Mitarbeiter, Vorstandsmitglieder zu fahren. Sie brachten Staake auch zu den BVB-Spielen. Im Wochenplan des Vorstandschefs finden sich laut Deloitte zudem Fahrten zum Doppelkopfspiel und Transporte des Staake-Hundes zum Tierarzt und in eine Hundepension.
Im Kalender taucht erneut die Freundin auf, die Staake im Januar zur gemeinsame Impfdrängelei mit Baulöwe Walter Hellmich mitbrachte – die Geschäftsfrau aus Bremen also, der Duisport Luftfilter für 123.000 Euro netto abkaufte: Von Fahrern wurde sie „von ihrem Wohnort Bremen abgeholt bzw. zurückgebracht“, berichten die Gutachter. Aus der Rechnung eines Chauffeurdienstes geht zudem hervor, dass dieser die Geschäftsfrau von Bremen nach Leipzig gefahren hat, „von wo aus sie gemeinsam mit Staake eine Urlaubsreise angetreten haben soll“.
Impfaffäre eine Spendenaffäre? Anfrage zum Hafen im LandtagGegenüber der RP bestritt Staake diese Reise nach Rom mit ihr, nicht aber die Extra-Fahrten für Freundin und Hund: „Mit meinem Vertrag ist die private Nutzung meines Dienstwagens erlaubt, ebenso die private Nutzung des Fahrzeug- und Fahrerpools vom Hafen. Und ob da nun eine Kiste Getränke mit transportiert wird oder ob es einen anderen Auftrag gab, macht keinen Unterschied.“
So sehen es offenbar auch die Juristen: Die Nutzung von Fahrern sei beim Hafen seit Jahren „übliche Praxis“, und durch „dienstvertragliche Regelungen“ werde diese nicht eingeschränkt.
Hafen orderte trotz Corona viel Wein und viele Zigarren
Auch interessant
Weitere Vorwürfe, denen die Wirtschaftsprüfer nachgegangen sind: Staake soll Zigarren, Wein und Möbel für private Zwecke beschafft haben und „wenn überhaupt nur symbolische Kompensation geleistet haben“. Von Januar 2020 bis März 2021 kaufte Duisport Zigarren für 3688 Euro netto, nach Angabe von Staake für Geschäftskunden. Monatlich 60 Zigarren im Schnitt – diese Zahl erscheine „hoch“, finden die Prüfer, „insbesondere unter Berücksichtigung der pandemiebedingten Restriktionen“.
Was auch aus dem Gutachten hervorgeht: Zigarren für Staake werden nach Angaben des Hafens erst seit Anfang 2020 „gesondert in Rechnung gestellt und von Erich Staake privat gezahlt“.
Dicke Luft hatte es wegen der Zigarren schon 2019 gegeben, als der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert hatte, dass der Hafen für Gäste regelmäßig teure Zigarren kauft und diesen gratis serviert. Die Kisten ließ der Hafen obendrein jahrelang von einem Boten in einem Moerser Tabakladen abholen.
Auch interessant
Auch teuren Wein ließ Duisport in großen Mengen an die Alte Ruhrorter Straße liefern. Deloitte wurden für die Zeit von Januar bis August 2020 Rechnungen im Gesamtwert von 4371 Euro netto für 156 Flaschen vorgelegt. Es solle geklärt werden, wie der Wein verwendet wurde.
Den Vorwurf, Staake habe sich bei den für die Hafen-Lounge bestimmten Luxus-Möbeln bedient, sehen die Gutachter nicht bestätigt. Lediglich zwei von acht Esstischstühlen seien auf einer Foto-Dokumentation nicht zu sehen gewesen.
>> EHEPAAR STAAKE KAUFTE DIENSTWAGEN – DELOITTE SIEHT KEINE NACHTEILE FÜR DUISPORT
■ 2017 kaufte Staakes Ehefrau als Hafen-Angestellte Duisport einen BMW X3 für 15.975 Euro ab. 2021 zahlte Erich Staake 31.000 Euro für einen Porsche Macan. Der Porsche war laut Sachverständigem zwar 32.225 Euro wert, beide Preise lagen nach Ansicht von Deloitte dennoch „im unteren Spektrum einer marktüblichen, angemessenen Bandbreite“. Den Vorwurf unangemessen niedriger Preise sehen sie nicht bestätigt.
■ Stadt und Land zahlten Staake 2018 ein Fixgehalt von 544.569 Euro, dazu Boni in Höhe von 171.160 Euro, unterm Strich also 715.729 Euro. Zudem steuerte der Hafen zu seiner Altersvorsorge, Stand Ende 2018, 669.114 Euro bei.
Berichterstattung über die Duisburger Impf-Affäre:
■ VIP-Plätze und Werbung: Das zahlt der Hafen Duisurg dem BVB (4.6.)
■ Staake: Fragen zu First-Class-Flügen, hohen Spesen und Wein (4.6.)
■ Impfaffäre eine Spendenaffäre? Anfrage zum Hafen im Landtag (22.5.)
■ Duisburger Hafen: Keine Entlassung des Impfdränglers Staake (20.5..)
■ Impfaffäre: KV sieht Schuld beim Heim – Anzeige gegen Arzt (23.4.)
■ Schräge Debatte im Landtag über Staakes Impfvordrängeln (21.4.)
■ Impfaffäre: Staake und Hellmich als Altenbetreuer angegeben (16.4.)
■ Duisburgs Ratsfraktionen zur Impfaffäre und zu vorzeitigen Impfungen (16.4.)
■ Strafanzeigen gegen Duisburgs Hafenchef Staake (13.4.)
■ Kommentar: Staake und der Hafen Duisburg: Chance zur Aufklärung nutzen (13.4.)
■ Aufsichtsrat: Juristen sollen Vorwürfe gegen Staake prüfen (12.4.)
■ Positiver Corona-Test von Hafenchef Staake wirft Fragen auf (11.4.)
■ Impfaffäre: Hellmich drängelte mit Hafenchef Staake (11. 4.)
■ Duisport-Chef Staake kaufte Hafen Dienst-Porsche ab (11. 4.)
■ Duisburger Hafen steigert trotz Corona-Krise Gewinn (8. 4.)
■ Hafenchef Staake entschuldigt sich und muss zum Rapport (25. 3.)
■ Staake vorzeitig geimpft: fragwürdige Antworten des Impfarztes (25. 3.)
■ Stadt Duisburg: Impfstoff für Hafen-Chef fehlte Berechtigten (24. 3.)
■ Kommentar: Staakes Erklärung ist schlimmer als seine Vordrängelei (24.3.)
■ Impfung für Staake: Das sagen OB Link und Hewag-Heime (24. 3.)
■ Duisburgs Hafenchef Staake (67) bereits gegen Corona geimpft (23.3)