Duisburg. Duisburgs Politiker verurteilen das Verhalten von Impf-Vordrängler Staake. Sie versichern: Ratsmitglieder sind nicht vorzeitig geimpft worden.
In der öffentlichen Debatte, die seit zwei Wochen um das Vordrängeln bei der Corona-Impfung von Hafenchef Erich Staake läuft, haben sich die Duisburger Kommunalpolitiker bislang auffällig herausgehalten.
Erst auf Nachfrage bewerten sie die Vorwürfe gegen den Vorstandschef von Duisport und versichern einhellig: Keiner ihrer Mandatsträger habe sein Amt genutzt, um sich vor seiner Zeit impfen zu lassen.
SPD Duisburg: Vordrängeln ist inakzeptabel und unsolidarisch
„Das Vordrängeln bei den Corona-Impfungen ist aus Sicht der SPD-Fraktion inakzeptabel, höchst unsolidarisch und wird von uns auf das Schärfste kritisiert“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Marvin Rosenberger. „Zuerst gilt es, denjenigen Schutz anzubieten, die ihn besonders benötigen: Menschen, die ein besonders hohes Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung haben und weiteren vulnerablen Gruppen, beispielsweise Beschäftigten im Gesundheitswesen.“
Deshalb müsse die Impfreihenfolge von allen eingehalten werden. Rosenberger: „Wir begrüßen es, dass der Aufsichtsrat die Vorgänge um Erich Staake prüfen lässt und anschließend eine Bewertung hinsichtlich arbeitsrechtlicher Konsequenzen vornehmen wird.“
Grüne: Sofortiges Ende der Tätigkeit von Erich Staake darf kein Tabu sein
„Es muss Schluss sein mit der Salami-Taktik bei der Aufklärung durch Staake und Hafen“, fordern die Fraktion der Grünen. „Alles muss jetzt auf den Tisch.“ Das Verhalten von Staake nennt Fraktionssprecherin Anna von Spiczak „schamlos und unsolidarisch“. Dabei sei „besonders abstoßend, dass Staake er unmittelbar nach Start der Impfkampagne in Deutschland, dringend benötigte Impfdosen abgegriffen hat“.
Es dürfe „niemals einen Freifahrtschein für diejenigen mit den dicksten Ellenbogen oder Geldbeutel“ geben. „Ich erwarte, dass der Aufsichtsrat des Hafens die Aufklärung in die Hand nimmt, weitere Konsequenzen gegen Staake umfassend prüft und entschieden umsetzt. Auch ein ein sofortiges Ende der Geschäftsführer-Tätigkeit darf kein Tabu sein“, so von Spiczak weiter.
CDU: Keine Tätigkeit für Duisport nach dem Ende der Amtszeit des Hafenchefs
„Die CDU-Ratsfraktion hielte es für gerechtfertigt, Herrn Staake über sein planmäßiges Ausscheiden im Herbst hinaus nicht in anderer Funktion an die Duisburger Hafengesellschaft zu binden“, so Pressereferent Thorsten Vermathen für die Christdemokraten. Die Ratsfraktion stimme mit dem Aufsichtsrat der Hafen AG darin überein, „das persönliche Fehlverhalten des Vorstandsvorsitzenden, sich unter Umgehung der geltenden Priorisierung impfen zu lassen, moralisch zu verurteilen“.
AfD: Alte Seilschaft fällt in Ungnade
„Erich Staake, Walter Hellmich und weitere haben sich eine Impfung in der Zeit knappen Impfserums organisiert. Fünf Bewohner höchster Priorität konnten auf Grund fehlender Dosen nicht geimpft werden“, stellt Ratsherr Alan Imamura für die Fraktion der AfD fest. „Spätestens da hätte Dr. Bock als Impfarzt die Notbremse ziehen müssen. Hat er nicht! Da sich alle kannten und wohl auch keine moralischen Bedenken hatten, wurde der Coup durchgezogen. Das wiegt schwer!“, so Imamura weiter. Besonders fällt der AfD die plötzliche Ballung der Ereignisse rund um Staake auf. „Impfdrängler, Porsche-Kauf und laut der WAZ auch Ermittlungen wegen Unterschlagung und Bestechung. Ist hier etwa eine alte Seilschaft aus besseren MSV-Zeiten bei der Stadtpolitik in Ungnade gefallen?“
Linke: Weitere Beratertätigkeit muss kategorisch ausgeschlossen werden
„Es ist skandalös, dass sich Herr Staake mittels seiner Verbindungen und seines Amtes eine frühzeitige Impfung erschlichen hat“, so Rainer Rensmann für die Fraktion der Linken. „Es hatte zur Folge, dass Menschen nicht geimpft werden konnten, die zur Hochrisikogruppen gehören und genau aus diesem Grund bei den Impfungen Priorität genießen sollten.“
Das Verhalten von Staake sei deshalb „zutiefst unsozial und unmoralisch und muss entschieden sanktioniert werden“. Seine weitere Tätigkeit für Duisport ist deshalb für die Linke „nur schwer vorstellbar“, müsse aber Gegenstand einer unabhängigen juristischen Prüfung sein. Eine Beratertätigkeit für die Hafengesellschaft über sein Vertragsende hinaus „muss kategorisch ausgeschlossen werden“.
Junges Duisburg: Aktion an Egozentrik und Dreistigkeit kaum zu überbieten
Die Fraktion von Junges Duisburg (JuDu) begrüßt die Entscheidung des Aufsichtsrates, die rechtliche Bewertung Juristen zu überlassen. „Das moralische Fazit ist jedenfalls klar: Diese Aktion war an Egozentrik und Dreistigkeit kaum zu überbieten – so etwas macht man einfach nicht!“, sagt Ratsherr Dr. Stephan Wedding. „Daran ändert auch die späte Einsicht nach erfolglosen Ausflüchten nichts. Mit diesem fehlgeleiteten moralischen Kompass jedenfalls ist die Funktion einer Führungskraft nicht verein- und eine Beratertätigkeit nicht vorstellbar.“
„Mindestens unsozial“, nennt Ratsherr Wilhelm Bies für die FDP-Fraktion das Verhalten von Erich Staake. Erst hervorgerufen werde das auch durch die schlechte Beschaffungspolitik und chaotische Information der Bundesregierung. Bies: „Sie provoziert letztlich diese Art der Auswüchse. Das sich im politischen Raum die sogenannten Dorfkönige an jedem Buffet vordrängeln, ist wahrlich keine neue Erkenntnis.“
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FRAKTIONEN: KEINE IMPFVORDRÄNGLER UNTER MANDATSTRÄGERN
- Niemand aus ihren Reihen habe sich außerhalb der vorgesehenen Reihenfolge gegen Corona impfen lassen, auch Angebote dazu seien nicht bekannt, antworten alle Duisburger Ratsfraktionen einhellig. Geimpft sind dennoch einige Ratsmitglieder – unter anderem wegen ihrer beruflichen Tätigkeit im Gesundheitswesen, in der Pflege oder an Schulen.
- Einen Verhaltenskodex für die politischen Mandatsträger halten die Parteien durchgängig nicht für erforderlich. „Es gibt allgemeinverbindliche Vorschriften, an die sich alle zu halten haben“, heißt es bei der SPD. Nur die grüne Fraktionssprecherin Anna von Spiczak schränkt ein: „Rechts- oder ordnungswidriges Verhalten muss von den Behörden verfolgt werden. Sollte es einen offenen Graubereich geben, befürworte ich auch in Anbetracht unserer Vorbildfunktion einen entsprechenden Verhaltenskodex.“