Duisburg. Ex-MSV-Boss Hellmich (77) hat sich mit Hafenchef Staake (67) in einem seiner Heime impfen lassen. Die beiden brachten auch Begleiterinnen mit.
Walter Hellmich (77) hat als Seniorenheim-Betreiber nicht nur Duisburgs Hafenchef Erich Staake (67) zu einer vorzeitigen Covid-19-Impfung verholfen: Der ehemalige MSV-Boss Hellmich ist selbst ebenfalls ein Impf-Vordrängler. Der Dinslakener Bauunternehmer steht wie sein Freund Staake auf der Liste der im Hewag-Seniorenstift Duisburg-Neudorf am 13. Januar geimpften Personen. Diese liegt unserer Redaktion vor. Staake muss sich am Montag vor dem Aufsichtsrat der Duisburger Hafen AG erklären, der Impfarzt Dr. Stephan Bock Fragen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) beantworten. Ohne Bock, Heimgeschäftsführung und -leitung wäre die organisierte „Selbstpriorisierung“ der Männerfreunde Staake und Hellmich nahezu unmöglich gewesen – zumal die beiden auch noch Begleiterinnen im zu dieser Zeit abgeriegelten Seniorenheim impfen ließen.
Am 23. März hatte der jüngst positiv auf Corona getestete Staake, konfrontiert mit Details eines anonymen Informanten, über den Hafensprecher bestätigen lassen, dass er entgegen der Reihenfolge der Impfverordnung bereits am 13. Januar in dem Seniorenstift geimpft worden war, das Hellmich gehört. Dort hätten „Restdosen zur Verfügung gestanden“, erklärte Staake, der zunächst auch mit seinen Auslandsreisen für den „systemrelevanten“ Hafen argumentiert hatte. Dafür entschuldigte er sich am 25. März schriftlich („Mein Verhalten war falsch“), nachdem Oberbürgermeister Sören Link Staake und dessen Reststoff-Retter-Behauptung öffentlich scharf kritisiert hatte.
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Zuvor hatte unsere Redaktion berichtet, dass bei der Impfaktion am 13. Januar nach Angaben der Feuerwehr Duisburg sogar vier, fünf Impfdosen für berechtigte Altenpfleger und Stiftbewohner gefehlt hatten – nachdem Staake dort geimpft worden war. Von Restimpfstoff kann demnach keine Rede sein. Hat Staake also auch noch die Öffentlichkeit, die Anteilseigner seines Arbeitgebers und die Mitarbeiter des Hafens angelogen? Der Hafen gehört zu zwei Dritteln dem Land NRW und zu einem Drittel der Stadt.
Impfaffäre in Duisburg: Wen Hellmich und Staake ebenfalls impfen ließen
Erschwerend kommt hinzu: Außerhalb des Speisesaals, in dem am 13. Januar Bewohner und Mitarbeiter geimpft wurden, waren neben Hellmich und Staake zwei weitere Personen gepikst worden, die weder im Heim wohnen oder arbeiten noch laut Impfverordnung berechtigt gewesen wären.
Laut Impfliste waren dies: Hellmichs Gattin und die außerhalb von NRW lebende Frau, zu der ein Hafensprecher im Zuge der ersten Staake-Stellungnahme erklären ließ, sie sei „ausdrücklich nicht die Lebenspartnerin von Herrn Staake“.
Geimpft wurde außerdem einer der beiden Geschäftsführer der „HELLMICH VITA Verwaltungsgesellschaft mbH“. Ob dieser in einer der zwölf zur Gesellschaft gehörenden Hewag-Residenzen zwischen Dinslaken und Liechtenstein Kontakt zu vulnerablen Gruppen hatte?
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Der bekannte Bauunternehmer Hellmich ist auch Geschäftsführender Gesellschafter seiner „HELLMICH Vita Verwaltungsgesellschaft“, sein Sohn Marc der zweite Geschäftsführer. Auf mehrere Anrufe und E-Mails mit Fragen zur Impfdrängelei sowie zur Rolle der Geschäftsführung haben Hellmich Senior und seine beiden Geschäftsführer nach ihrer ersten und einzigen Stellungnahme vom 24. März (wir berichteten) nicht reagiert. Sinngemäße Antwort damals: Staake habe sich die Impfung als ehrenamtlicher Hewag-Beirat und Krisenmanager verdient.
Duisburger Heime waren wegen vieler Sterbefälle im Januar abgeriegelt
Die Organisation der Covid-19-Impfungen in den Seniorenheimen lag in NRW in der Obhut der Einrichtungsleitungen und Geschäftsführungen. Sie bestellten den Impfstoff, meldeten die Zahl der benötigten Dosen und füllten in der Regel bereits Tage vor der Impfung die notwendigen Formulare der Impflinge aus, die später dann der Impfarzt unterschreiben musste (Anamnese-Einwilligung, Aufklärungsmerkblatt, Ersatzformular für den Impfstoff).
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Was im Fall von Staake und Hellmich ebenfalls für organisierte Impfdrängelei spricht: Wegen mehrerer hundert Todesfälle in den Duisburger Seniorenheimen mussten Besucher der Einrichtungen im Januar negative Schnelltestergebnisse vorweisen und in Namens-/Kontaktlisten die von ihnen besuchten Bewohner angeben, um überhaupt in die Gebäude gelassen zu werden.
Hellmich, Staake und Bock waren gemeinsam MSV-Verantwortliche
Der Marxloher Allgemeinmediziner Dr. Stephan Bock möchte sich unserer Redaktion gegenüber nicht mehr zu seiner Rolle äußern. Der 59-Jährige hatte behauptet, er habe Hafenchef Staake vor der Impfung nicht gekannt und wisse nicht, ob er ihn geimpft hat.
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Das erscheint nicht nur fragwürdig, weil der Impfarzt laut Vorschrift auch drei mit Daten der Geimpften ausgefüllte Formulare unterschreiben musste. Die gemeinsame MSV-Vergangenheit der drei Männer lässt Bocks Darstellung ebenfalls unglaubwürdig erscheinen: Nach Hellmichs Rücktritt als MSV-Vorstandschef wurde der Allgemeinmediziner Dr. Stephan Bock im Dezember 2010 Vorstandsmitglied der Zebras. Zu jener Zeit war ein Aufsichtsratsmitglied der MSV Duisburg GmbH & Co. KGaA als Hellmich-Nachfolger gehandelt worden, das erst im Juli 2011 von seinem MSV-Posten zurücktrat: Duisport-Chef Erich Staake.
>> DAS SAGEN KV, ÄRZTEKAMMER UND BEHÖRDEN
■ Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) hat Impfarzt Dr. Stephan Bock „um Stellungnahme gebeten“. Diese stehe noch aus, berichtete ein Sprecher am Freitag. Die KVNO untersuche Vorwürfe gegen von ihr bezahlte Ärzte, die gegen die Impfverordnung oder Vorgaben des Gesundheitsministeriums NRW verstoßen haben sollen. Allerdings seien „Fehler im Zusammenhang mit der Priorisierung von zu impfenden Personen nicht speziell sanktioniert“. Insbesondere sei „der Entzug der Zulassung nicht geregelt“.
■ Eine Sprecherin der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) sagt, die Kammer gehe „grundsätzlich begründeten Beschwerden gegen Ärztinnen und Ärzte nach“ und prüfe diese „auf berufsrechtliche Verstöße“. Aber zur Duisburger Affäre „liegen der ÄkNo keine Beschwerden vor“. Da die Bundesländer die Impfungen gegen SARS-CoV-2 organisierten, so die Sprecherin, obliege diesen „auch die Kontrolle darüber, ob die Priorisierungsvorgaben eingehalten werden sowie deren Disziplinierung“.
■ Für mögliche Verstöße gegen die Impfordnung durch Seniorenheime sei die Bezirksregierung nicht zuständig, erklärt deren Pressestelle auf Nachfrage. Auch die städtische WTG-Behörde (Heimaufsicht) ist nach Angaben einer Stadtsprecherin nicht mit den Corona-Impfungen in den Einrichtungen befasst.