Bottrop. In dieser Serie stellen bekanntere und unbekanntere Menschen aus Bottrop ihren Lieblingsort vor. Heute: Pianistin und Sängerin Ruth Miketta.

Im Privatleben und in der Musik vereint – bei der Wahl des Lieblingsortes trennen sich allerdings die Wege von Many und Ruth Miketta, wenn auch nicht so ganz. Denn Ruths Lieblingsort, das Kulturzentrum, hat natürlich auch etwas mit Manys Arbeit an der Musikschule zu tun.

Aber: „Für mich war es 1991 das erste Gebäude in Bottrop, das ich damals ganz bewusst betreten habe, noch bevor ich eine Wohnung in Bottrop hatte, und das mich seither nicht mehr loslässt“, sagt die gebürtige Krefelderin.

Der alte Bau wirkt nicht einschüchternd – er ist vielmehr beruhigend und auch schön

Vor 32 Jahren war das Kulturzentrum an der Blumenstraße gerade ganz neu, zumindest innerlich. Äußerlich ist es ja das ehemalige Jungengymnasium mit seiner historisierenden Fassade von 1910 und dem Anbau von 1927 geblieben, an das sich viele Bottroper immer noch erinnern – mit welchen Gefühlen auch immer.

Ruth Miketta erinnerte der Haupteingang an der Blumenstraße damals jedenfalls an ihr altes Krefelder Gymnasium. Nicht zu streng und ehrfurchtgebietend? „Überhaupt nicht. Der Bau ist so ähnlich, dachte ich mir damals, ein Portal mit Säulen und Skulpturen, Stuck, Bögen, hohe Fenster, ich fand und finde das bis heute eher beruhigend und ja, auch schön.“

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Ruth, die damals noch nicht Miketta hieß, war auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch bei Ingo Brzoska. Der hatte die Leitung der ein Jahr zuvor gegründeten städtischen Musikschule übernommen und musste aus dem Nichts das Institut aufbauen, das seither unter dem Dach des Kulturzentrums eine echte Institution geworden ist. So ist auch Ruth Mikettas Vokalensemble „All Woman“ aus der Musikschule hervorgegangen.

Ingo Brzoska hatte sie zuvor in einer anderen Institution kennengelernt: im Gasthaus Schulte-Wieschen in Kirchhellen. „Da haben wir zusammen Musik gemacht, Many kannte ich ja auch schon, und Ingo fragte mich, ob ich Interesse hätte, an der neuen Musikschule zu unterrichten, so kam ich nach Bottrop“, erinnert sich die Vollblutmusikerin, die zuvor an den Hochschulen in Duisburg und später Arnheim Klavier und Gesang studiert hat.

Auch ohne Publikum hat das Treppenhaus des Kulturzentrums mit seinen historischen Bögen, dem originalen Geländer und erhaltenen Fliesenböden für Ruth Miketta einen Charme, der die gebürtige Krefelderin an ihr altes Gymnasium in der Niederrheinstadt erinnert.
Auch ohne Publikum hat das Treppenhaus des Kulturzentrums mit seinen historischen Bögen, dem originalen Geländer und erhaltenen Fliesenböden für Ruth Miketta einen Charme, der die gebürtige Krefelderin an ihr altes Gymnasium in der Niederrheinstadt erinnert. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Ingo Brzoskas Anfrage beantwortete die Musikerin und Pädagogin bekanntlich mit ja – und seither ist das Kulturzentrum nicht nur Arbeitsplatz, sondern im wahrsten Sinne des Wortes auch Lieblingsort von Ruth Miketta. „Das Gebäude lebt, es ist immer offen, auch für alle von außen, eine Oase aber auch eine Begegnungsstätte, wie ich finde.“

Bisher erschienene Lieblingsorte:

Tibor Meingast: Die Halde Haniel

Nito Torres:Der Volkspark Batenbrock

Antje Herbst:Die Lebendige Bibliothek

Alex und Piet vom Bottcast:Die Gladbecker Straße

Stefan Bertelwick:Schimmels Ruh’

Heike Biskup:Die Herzogsbuche

Many Miketta: Die Tetraeder-Halde

Es sei anders als in anderen öffentlichen Gebäuden. „Ich habe das Gefühl, jeder grüßt hier, auch wer nicht hier arbeitet. Es gibt Dank der vielen Ausstellungen immer etwas zu sehen und durch die VHS, Bibliothek, die Kulturwerkstatt bis zum Stadtarchiv oder Filmforum gleicht das Kulturzentrum einem Mikrokosmos aus Menschen, Klängen und vielen Kulturen.“

„Es gibt keinen Ort, an dem ich hier im Kulturzentrum nicht Musik gemacht habe“

Innen wie außen gibt es wohl keinen Ort, an dem Ruth Miketta allein oder mit Kollegen nicht schon Musik gemacht hätte. Natürlich im Kammerkonzertsaal mit seiner guten Akustik, der Bibliothek, der Studiobühne unterm Dach, im Treppenhaus mit seinen imposanten Bögen, unzähligen Unterrichtsräumen, dem historischen Geländer und dem gemusterten ebenfalls historischen Fliesenboden.

„Den mag ich besonders“, sagt die entschiedene Wahl-Bottroperin. „Aber auch den neuen Kulturhof mit der B12 und seinen Sitzgelegenheiten und den Beeten umgeben von alten Platanen.“ Dort ist sie kürzlich noch beim „Stadtflimmern“ aufgetreten.

Den neugestalteten Kulturhof empfindet Ruth Miketta als wunderbare Bereicherung des Kulturzentrums. Dort lassen sich auch die verschiedenen Bauabschnitte der letzten 100 Jahre gut erkennen. Der Durchgang links stammt aus der Umbauphase der 90er Jahre. Das Foyer mit seiner Holzfassade und der gläserne Durchgang zur B12 wurde erst 2021 fertig gestellt.
Den neugestalteten Kulturhof empfindet Ruth Miketta als wunderbare Bereicherung des Kulturzentrums. Dort lassen sich auch die verschiedenen Bauabschnitte der letzten 100 Jahre gut erkennen. Der Durchgang links stammt aus der Umbauphase der 90er Jahre. Das Foyer mit seiner Holzfassade und der gläserne Durchgang zur B12 wurde erst 2021 fertig gestellt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Das Kulturzentrum ist seither auch baulich dynamisch gewachsen. „Als ich hier anfing, gab es das Filmforum noch gar nicht, das entstand erst 1992 im alten Kohlenkeller des Gymnasiums, der Kulturhof war lange nur Parkplatz, jetzt ist es mit seinen Durchblicken und dem neuen Foyer zur Bücherei ein Wohlfühlort.“

Aber auch im Lieblingsort gibt es noch Lieblingsstellen. Ruth Miketta mag im Treppenhaus besonders den Bereich im Obergeschoss mit den runden Fenstern. Bestimmt sind da noch geheime Orte, die auch sie nach drei Jahrzehnten noch nicht kennt. „Auf jeden Fall der Dachboden, der muss riesig sein, wie in einem Schloss, sicher spannend.“

Die Serie – Die Teilnehmenden

In der Serie „Mein Lieblingsort“ stellt die WAZ in lockerer Folge Orte vor, zu denen bekanntere und unbekanntere Ur- und Wahl-Bottroperinnen und Bottroper eine besondere Beziehung haben oder die sie einfach schön, spannend oder für sich wichtig und besonders empfinden.

Ruth Miketta wurde 1962 in Krefeld geboren und studierte Klavier und Gesang in Duisburg und am Konservatorium in Arnheim (NL). In Duisburg lernte sie ihren Ehemann Many Miketta kennen. 1991 machte sie erstmals Musik in Bottrop, in der legendären Kneipe Schulte-Wieschen in Kirchhellen.

Seit 1991 gehört sie zum Dozenten-Team der Bottroper Musikschule, ist regelmäßig bei Konzerten zu erleben. Ihr bekanntes Vokalensemble „All Woman“ der Musikschule ist mittlerweile auch jenseits der Stadtgrenzen gefragt.