Bottrop-Kirchhellen. Hier stellen bekanntere und unbekanntere Menschen aus Bottrop ihren Lieblingsort vor. Heute: Stefan Bertelwick, Inhaber des Gasthofs Berger.

Mit seiner doppelten Aussicht ist der idyllische Rastplatz in Feldhausen typisch für das Ruhrgebiet: Im Rücken die Ruhrpott-Atmosphäre mit den Schloten von Scholven, nach vorne ‘raus – also je nachdem, wie herum man sitzt – die Ausläufer des grünen Münsterlandes mit dem Kirchturm von St. Johannes als Orientierung. „Wenn man ihn denn sehen könnte, ausgerechnet heute gibt es Münsterländer Dunst, feuchten Nebel“, lacht Stefan Bertelwick. Das tut er wirklich. Denn trotz zwölf Grad und ergiebigem Landregen treffen wir den Wirt vom Gasthof Berger samt Drahtesel und sportlicher Kluft an seinem Lieblingsort: Schimmels Ruh’.

So einsam, dass sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, ist es an der Kreuzung Auf dem Schimmel / Am Hagelkreuz zwar nicht, aber idyllisch ist es trotzdem auf dem Karnickelberg, an diesem höchsten (75 Meter) natürlichem Punkt Kirchhellens. „Overhagen“, verbessert Stefan Bertelwick. Er muss es wissen, denn schließlich ist der Feldhausener mit Schimmels Ruh’ mehr oder weniger groß geworden.

„Der letzte Halt, bevor wir als Jugendliche nach dem Disco-Besuch zuhause waren“

Schon als Kind und Jugendlicher kam er wie heute mit dem Fahrrad dorthin. Die erste richtig große Zeit in Bertelwicks Erinnerung sind aber legendäre Stopps an sehr späten Abenden (eher frühen Morgenden) nach Disco-Besuchen mit Kumpels und Freundinnen auf dem Rückweg von Oberhausen ins Dorf.

Bisher erschienene Lieblingsorte:

Tibor Meingast: Die Halde Haniel

Nito Torres: Der Volkspark Batenbrock

Antje Herbst: Die Lebendige Bibliothek

Alex und Piet vom Bottcast: Die Gladbecker Straße

„Schimmels Ruh’ war der letzten Halt, bevor wir wieder zuhause waren, einmal noch durchlüften, das letzte Bier oder oft auch den ersten frühen Kaffee, gab’s beides an der Tanke, und dann von dort aus kurz ins Bett oder direkt ans Werk, je nachdem...“ An den Ort, der nicht immer so gut möbliert war wie heute, wo sogar der Namenszug „Schimmels Ruh“ auf einem Findling prangt, kehrt Stefan Bertelwick immer wieder gerne zurück.

Meistens ist es ruhig, grün sowieso: Der Rastplatz „Schimmels Ruh“ an der Kreuzung der Wege Auf dem Schimmel / Am Hagelkreuz ist bei warmem Wetter und Sonne natürlich belebter. Entspannend ist der Ort aber auch bei Regen und Dunst.
Meistens ist es ruhig, grün sowieso: Der Rastplatz „Schimmels Ruh“ an der Kreuzung der Wege Auf dem Schimmel / Am Hagelkreuz ist bei warmem Wetter und Sonne natürlich belebter. Entspannend ist der Ort aber auch bei Regen und Dunst. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Irgendwann saß ich mit meiner Freundin und heutigen Frau hier, sogar zu meinem Junggesellenabschied waren wir da. „So ganz allein ist man nie, selbst neulich abends, mit einem Glas Wein in der Hand, meine Frau und ich beobachten gerade den Sonnenuntergang, sitzen auf einmal Leute nebenan, man kommt manchmal ins Gespräch, es ist schön und entspannt unter der großen Buche, die vor Sonne wie Regen schützt.“

Vor ein paar Jahren wurde sogar Schimmels Ruh ein Opfer von Vandalismus

Ruhig ist es meist, aber längst nicht immer friedlich. Vor ein paar Jahren – da war Schimmels Ruh’ schon längst Teil des Kirchhellener Olympiawegs und hieß zunächst auch laut Plakette „Rastplatz Overhagen“ – verwüsteten Unbekannte die gesamte Einrichtung. Feldhausen war wütend. Die Medien berichteten ausführlich.

Aber der Ort war so beliebt, dass sich schnell örtliche Vereine fanden, die den Rastplatz wieder herrichteten. Die Paten Eberhard Schmücker sen. und Johannes Enbergs von den Alten Herren der Landjugend hatten es sich damals zur Aufgabe gemacht, hin- und wieder nach dem Platz zu schauen. Die Alten Herren hatten 2001 auch den Platz so angelegt, wie man ihn heute noch kennt. Und der Rastplatz Overhagen bekam dann auch schnell wieder offiziell seinen alten Namen – Schimmels Ruh.

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Für Stefan Bertelwick ist Schimmels Ruh aber nicht nur ein nostalgischer Ort. Wenn er neben dem zeitintensiven Gastronomiebetrieb etwas Freiraum hat, radelt er gerne und rastet immer wieder an der historischen Wegekreuzung beim alten Hagelkreuz. Früher gab es sogar Flurprozessionen dorthin. Die Originalfiguren stehen heute aus konservatorischen Gründen in der Johanneskirche.

Inzwischen hat auch die nächste Generation den Ort für sich entdeckt – natürlich Dank Vaters Einsatz. „Mit den Kindern bin ich öfter hier, kürzlich habe ich mit ihnen unter der schönen Buche sogar gepicknickt, mit Blick auf den Kirchturm und aufs Erdbeerfeld direkt unterhalb der Sitzgruppe.“ Vielleicht kürt später auch einmal der Nachwuchs Schimmels Ruh zu einem Lieblingsort.

Die Serie – Die Teilnehmenden

In der Serie „Mein Lieblingsort“ stellt die WAZ in lockerer Folge Orte vor, zu denen bekanntere und unbekanntere Ur- und Wahl-Bottroperinnen und Bottroper eine besondere Beziehung haben oder die sie einfach schön, spannend oder für sich wichtig und besonders empfinden.

Stefan Bertelwick hat nach einigen auswärtigen Stationen während seiner Ausbildung und späterer Arbeit als Koch vor vielen Jahren den Traditionsgasthof Berger von seinen Eltern übernommen.

Der Familienvater kocht somit in der 6. Generation in dem Lokal, das seit über 200 Jahren für Gastlichkeit in Feldhausen steht. Seit sechs Jahren leitet er den Betrieb gemeinsam mit Konditor Volker Rütter.