Herne. Der SC Westfalia Herne schaut schon mal Richtung nächste Saison. Es gibt Gespräche und erste Zusagen – und eine klare Vorgabe für die Planungen.
Es ist eigentlich eine nette Abwechslung, wenn Christian Knappmann für Freunde aus der Fußball-Regionalliga West als Scout bei Spielen der vierthöchsten Liga auf der Tribüne sitzen kann: „Es ist ja ganz schön, wenn man etwas Nützliches im Bereich Fußball machen kann.“ Andererseits: „Um so trauriger ist es dann, wenn man nach dem Spiel nach Hause fährt.“ Denn keiner weiß, wann es für die Amateurfußballer und Knappmanns SC Westfalia Herne weiter gehen kann. In die Zukunft schauen sie trotzdem schon bei der Westfalia. Und auch mal zurück.
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Neulich erst hat Christian Knappmann Kontakt mit Maurice Temme gehabt, seinem früheren Kapitän. Der hat Bilder geschickt und Videos aus der Kabine, aus Vor-Corona-Zeiten. Also von „früher“.
Westfalia Herne – es fehlen: „Die Jungs. Der Wettkampf. Ein Ziel.“
Unter anderem Szenen vom Jubel nach dem 2:0-Sieg beim 1. FC Kaan-Marienborn am 29. September 2019, zweifacher Torschütze war Nazzareno Ciccarelli.
Volldampf auf dem Platz und von der Seitenlinie, Punktekampf und feiernde Fußballer in Blau und Weiß: „Es war eine geile Zeit“, so Christian Knappmann über das damalige sportliche Geschehen.
Jetzt fehlen ihm: „Die Jungs. Westfalia. Der Wettkampf.“ Und noch etwas: „Ein Ziel. Wenn ich mit unserem Vorsitzenden Ingo Brüggemann zusammen gesessen habe, dann war ich immer Zweckoptimist, dass es im Januar weitergehen kann. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wegen der Corona-Zahlen diese Saison überhaupt noch einmal angepfiffen wird.“
Keine Trainingspläne ausgegeben
Denn Knappmann erinnert daran, dass es in diesem Corona-Jahr vom Aussetzen des Spielbetriebs 2019/2020 Mitte März bis zum September gedauert hat, ehe wieder gespielt wurde. Außerdem: „Wenn wir das Training wieder aufnehmen können, dann fangen wir vielleicht erst mal kontaktlos an, in Zweier-, Fünfer- und dann Zehnergruppen.“
Trainingspläne hat das Trainerteam um Christian Knappmann (ein Portrait zum „Fünfjährigen“ des Trainers bei Westfalia hier) nicht ausgegeben an die Spieler: „Ich hoffe und weiß, dass die Spieler alles tun, um fit zu bleiben.“
Tim Eibold wird Abteilungsleiter Senioren in Haltern
Tim Eibold, früherer Sportlicher Leiter des SC Westfalia Herne, ist nun Abteilungsleiter Senioren beim TuS Haltern am See.
Zum 1. Dezember hat Eibold dort seine Tätigkeit aufgenommen. Zuletzt war Eibold Sportdirektor beim Landesligisten Türkspor Dortmund.
In Herne war Eibold Sportlicher Leiter des SV Sodingen und bis Anfang dieses Jahres Sportlicher Leiter des SC Westfalia Herne. Ende Januar wurde der Vertrag zwischen Verein und Sportlichem Leiter aufgelöst. Zum TuS Haltern am See hatte Eibold schon damals Kontakt, als der Klub aus der Seestadt noch in der Regionalliga gespielt hatte. Nun hat er bei den Halternern die Arbeit aufgenommen und will dort längerfristig bleiben: „Der TuS ist ein großer Verein mit einer hevorragenden Infrastruktur.“
Seine Ziele: Die Seniorenteams in der Oberliga Westfalen und der Landesliga zu halten, aber auch die „jahrelange erfolgreiche Jugendarbeit“ dort fortzuführen.
Keiner kann sagen, wann es weitergeht
Neben den Aufwandsentschädigungen, auf die große Teile der Mannschaft für den Fall einer Corona-bedingten Pause verzichtet haben, falle auch ein anderer Punkt weg, so Knappmann. Es fehle ein Termin, auf den die Spieler hinarbeiten könnten, nämlich Tag eins des Knappmann’schen Trainingsprogramms: „Bis jetzt wussten die Spieler immer vor einer Vorbereitung: Der Dicke fängt bald wieder mit dem Training an. Nun kann aber keiner sagen, wann es weitergeht.“
Falls es weitergehen sollte, mit Wertung, ist Knappmann zuversichtlich, dass sich seine Mannschaft mit ihrem bisher erst einen Punkt aus dem Tabellenkeller hocharbeiten kann. Dass die Westfalia im vierten Jahr seit dem Wiederaufstieg in der Oberliga Westfalen kickt, wertet der Trainer als großen Erfolg – „unter unseren Rahmenbedingungen.“
„Wir sind jetzt bei Null“
Zwar ist das im Dezember vor einem Jahr angestoßene Insolvenzverfahren abgeschlossen und mittlerweile hat der komplette Vorstand um Ingo Brüggemann die Arbeit aufgenommen (ausführlicher Bericht dazu hier). Siebenmeilenstiefel hat die Westfalia deswegen trotzdem noch nicht an. In Knappmanns Worten: „Wir sind jetzt bei Null. Nicht bei einer Million plus.“ So spiele die Westfalia in dieser Saison mit dem „günstigsten Etat, den es jemals bei der Westfalia gab“.
Deshalb ist auch für die Spielzeit 2021/2022 schon eine Marschroute klar: „Wir geben nur aus, was an Einnahmen hereinkommt.“ Erste Spieler haben schon für die nächste Saison zugesagt. Enes Bilgin will ebenso bleiben wie Nick Jünemann und aus der A-Jugend Leon Pakowski.
Aus der unteren Tabellenregion herauskämpfen
Christian Knappmann will diesem Weg mit seinem Dreijahres-Vertrag weiter mitgehen: „Wir haben einen kompletten, seriösen Vorstand, es geht aufwärts in unserer Infrastruktur. Dass die Aufgabe in unserer Situation sportlich schwierig werden kann, ist eingepreist.“ (Interview mit Christian Knappmann dazu hier)
Mit eingerechnet ist auch die Hoffnung, dass sich das Oberliga-Team wieder aus der zuletzt besetzten Tabellenregion herauskämpfen kann. So wie schon mal, zum Beispiel vom letzten Platz bis auf Abschlussrang acht. Das war in der Saison 2018/2019, also: früher.
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