Herne. Der Ball ruht, aber bei Westfalia Herne bewegt sich einiges. Vorsitzender Uwe Heinecke tritt zurück, ein Trio soll an der Vereinsspitze folgen.

Der Ball ruht, die Spieler sind im Home Office – bzw. wohl eher auf grünen Wiesen ihrer jeweiligen Umgebung – und füttern via GPS-Sender die Datenbank von Trainer Christian Knappmann.

Aber vom Stillstand im Verein ist beim SC Westfalia Herne in diesen Tagen keine Spur. Im Gegenteil: Uwe Heinecke ist als Vorsitzender zurückgetreten, und es gibt Kandidaten für einen dreiköpfigen kommissarischen Vorstand.

Ingo Brüggemann soll neuer kommissarischer 1. Vorsitzender der Westfalia werden, seine Stellvertreter sollen Holger Stoye und Jörg Tottmann werden.

Kontakte hat es offenbar schon seit Längerem gegeben. Jetzt ist der Zeitpunkt der Übergabe. Uwe Heinecke ist aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten, wie er sagt: „Ich war zuletzt total überlastet. Ich habe jetzt 17 Monate lang alles andere vernachlässigt. Jetzt ist für mich der beste Zeitpunkt.“

Kommissarische Vorstände vorgeschlagen

Den Rücktritt reichte er bei Insolvenzverwalter Ulrich Zerrath ein, der Ingo Brüggemann, Holger Stoye und Jörg Tottmann als kommissarische Vorstände des SC Westfalia Herne beim Amtsgericht Bochum vorgeschlagen hat.

Uwe Heinecke.
Uwe Heinecke. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

Uwe Heinecke wird weiter im Bereich der ersten Mannschaft tätig sein – „so weit es meine Gesundheit zulässt“, sagt er. Ingo Brüggemann dankt Heinecke und auch dessen Frau Anke für ihren Einsatz in den vergangenen Monaten und sagt über den bisherigen Vorsitzenden: „Hätte er das nicht gemacht, gäbe es den Club nicht mehr.“

Große Baustelle Insolvenzverfahren

Im Gespräch sei man schon seit etwa anderthalb Jahren gewesen, sagt Ingo Brüggemann, und nun hätten Uwe Heinecke und auch Insolvenzverwalter Zerrath ihn konkret angesprochen.

Brüggemann, der sich bis Ende des Jahres in der Jugendabteilung des DSC Wanne-Eickel engagiert hatte, sagte zu.

Bis Ende des Jahres 2014 war Brüggemann bereits beim SC Westfalia Herne in der Nachwuchsabteilung tätig gewesen. Wenn er jetzt zurückkommt, dann ist die eine große Baustelle das Insolvenzverfahren. Eine weitere aber ist für den 47-Jährigen, die Jugendabteilung: „Sie ist das Herzstück des Vereins, sie wollen wir wieder aufbauen.“

Mannschaft im Hintergrund

Eine Stunde Null scheint es eher nicht für den Verein. „Wir haben für die Arbeit auch schon eine Mannschaft im Hintergrund, die komplett aus Mitgliedern des Vereins besteht,“, sagt Ingo Brüggemann.

Allerdings wären er und seine beiden Vorstandskollegen nach der Zustimmung des Amtsgerichts zunächst einmal kommissarisch im Amt. Gewählt werden müssen sie bei einer Mitgliederversammlung, die im Mai oder Juni stattfinden soll.

Netzwerk „vom Niederrhein bis Ostwestfalen“

A-Jugendtrainer Jörg Tottmann, unter anderem auch zu NRW-Liga-Zeiten Trainer der ersten Mannschaft, sei im Vorstand der Mann mit der sportlichen Kompetenz, sagt Brüggemann. Was die erste Mannschaft angeht, behält Christian Knappmann aber die Zügel in der Hand: „Er hat ein Netzwerk vom Niederrhein bis hinauf nach Ostwestfalen. Er ist jemand, der eine gute Mannschaft zusammenstellt, die nicht zu viel Geld kostet.“

Als kommissarische Vorstände vorgeschlagen (v.li.): Jörg Tottmann, Ingo Brüggemann, Holger Stoye.
Als kommissarische Vorstände vorgeschlagen (v.li.): Jörg Tottmann, Ingo Brüggemann, Holger Stoye. © SC Westfalia Herne

Denn Unternehmer Brüggemann (Geschäftsführer von Abisol, einem früheren Namengeber des Stadions am Schloss) und Holger Stoye, Chef der Herner Wirtschaftsförderung, betonen beide: Ziel sei es, auf lange Sicht einen Sponsorenpool aufzubauen für den Verein. „Einen, auf den auch ein Vorstand zurückgreifen kann, der uns nachfolgt“, so Brüggemann.

Weiter sparsam

Und allgemein bleibt Brüggemann strikt auf der schon in den vergangenen Monaten bei der Westfalia eingeschlagenen Linie der Sparsamkeit: „Wir wollen nur das Geld ausgeben, das reinkommt.“

Bis das Trio kommissarisch anfangen kann, muss das Amtsgericht Bochum den Vorschlägen für die Besetzung der kommissarischen Vorstandsposten zustimmen. Und dann geht es zunächst vor allem auch um die Insolvenz.

Gläubigerversammlung verschoben

Wie auch auf den Plätzen bringt das Coronavirus hier die geplanten Abläufe durcheinander. Die für 26. März vorgesehene Gläubigerversammlung wird auf Donnerstag, 14. Mai, verlegt. Grund: die „Aktuelle Gesundheitslage“, schreibt das Amtsgericht Bochum.

Trainer Christian Knappmann begrüßt die neueste Entwicklung Richtung eines neuen größeren Vorstandsteams – „sehr“, wie er sagt.

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Ende Januar, nach dem Rücktritt von Tim Eibold als Sportlicher Leiter und dem vorherigen Rücktritt von Julian Berges als Stellvertretender Vorsitzender, hatte er eine neue Perspektive für sich und seine Spieler gefordert: eine starke Mannschaft hinter der Mannschaft und eine durchfinanzierte nächste Saison.

Der Ball ruht noch auf unabsehbare Zeit. Aber eine Mannschaft hinter der Mannschaft läuft sich gerade warm.