Duisburg. „Zu oft entscheiden Politiker, die nicht wissen, wie es an der Basis aussieht“, sagt Adrian Barein. Wie der Pfleger aus NRW über die Wahl denkt.
Vier Menschen, vier Berufe, vier Lebenswelten: Wir haben Bürgerinnen und Bürger an Rhein und Ruhr gefragt, was sie kurz vor der Bundestagswahl 2025 umtreibt. Einer von ihnen ist Adrian Armin Barein. Er arbeitet in Duisburg als Pfleger. Was sich der 38-Jährige von der neuen Regierung erhofft:
„Es gab eine Zeit, in der ich darüber nachgedacht habe, zu kündigen. Ich bin alleinerziehend, habe zwei Söhne. Die Belastung war sehr hoch. Ich wusste nicht, ob ich das durchhalten kann. Und dann sagte ein Politiker vor ein paar Jahren wirklich, wir hätten in Deutschland keine Probleme mehr in der Pflege, wenn jeder Pfleger einfach mal ein paar Überstunden leisten würde. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln.
Wenn ich erzähle, dass ich in der Pflege arbeite, ist die erste Reaktion oft immer noch: ,Fremden Menschen den Hintern abwischen? Das könnte ich ja nicht.‘ Dabei ist der Job so viel mehr. Ich habe die Chance, die unterschiedlichsten Leute und Krankheitsbilder kennenzulernen. Ich gehe jeden Tag gern zur Arbeit. Wir lachen viel miteinander.
„Zu behaupten, wir Pfleger würden zu wenig leisten, finde ich dreist“
Hier in meinem Pflegeheim bei den Evangelischen Diensten in Duisburg sind wir zum Glück gut aufgestellt, was das Personal angeht. Das ist aber überhaupt nicht selbstverständlich. Kollegen in anderen Heimen müssen teilweise elf, zwölf Tage am Stück arbeiten. Zu behaupten, wir würden zu wenig leisten, finde ich dreist.
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Das große Problem ist, dass in der Politik zu oft Menschen Entscheidungen treffen, die gar nicht wissen, wie es bei uns an der Basis aussieht. Das führt, denke ich, auch dazu, dass so viele junge Menschen ihre Ausbildung in der Pflege wieder abbrechen. Im letzten Jahr hat rund jeder Dritte aufgegeben.
„Wem ich bei der Bundestagswahl meine Stimme geben werde, weiß ich noch nicht“
Von der neuen Regierung erhoffe ich mir, dass sie dagegen etwas tut und sich dafür einsetzt, den Beruf attraktiver zu gestalten. Ein guter Schritt wäre, das Renteneintrittsalter herabzusetzen. Der Job ist körperlich sehr anstrengend, man kann nicht erwarten, dass jemand mit 67 Jahren noch andere pflegt.
Was mich auch beschäftigt ist die Debatte um Migration und Sicherheit. Wenn ich hier in Duisburg einen Krankenwagen höre, ist mein erster Gedanke mittlerweile: ,Hoffentlich geht es meinen Kindern gut.‘ Dass das Thema in den Medien so dauerpräsent ist, macht was mit einem. Andererseits bin ich sehr dankbar für unsere offene und tolerante Gesellschaft. Ich arbeite mit Menschen aus über 50 Nationen zusammen. Wir sind ein tolles Team. Da ist es ganz egal, welche Nationalität oder sexuelle Orientierung jemand hat.
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Wem ich bei der Bundestagswahl meine Stimme geben werde, weiß ich noch nicht. Ich setze mich immer eher mit Menschen als mit Parteien auseinander. Ich halte zum Beispiel viel von Wolfgang Kubicki, Sahra Wagenknecht oder Angela Merkel. Die Wahl in diesem Jahr fällt mir schwerer als in den letzten Jahren. Man muss und sollte sich bis zum 23. Februar entscheiden. Aber ich gehöre definitiv zu denen, die noch unschlüssig sind.“
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