Berlin. Bundesinnenminister Friedrich will die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit V-Leuten in der rechtsextremistischen NPD überprüfen. In der Talkshow “Maybrit Illner“ erklärte er: “Wir haben es mit Gesinnungstätern zu tun.“ In dem Milieu sei es viel schwieriger, Informationen mit Geld zu kaufen.

Nach den Pannen bei der Verfolgung des Zwickauer Neonazi-Trios schließt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine Diskussion um die frühzeitige Einschaltung des Generalbundesanwalts in Ermittlungen nicht aus. Bislang sei es so, dass dieser nur ermitteln dürfe, wenn der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung bestehe, sagte Friedrich am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Der Generalbundesanwalt könne solche Fälle nicht ohne Weiteres an sich ziehen. Nach Abschluss der derzeit laufenden Untersuchungen lasse sich allerdings darüber diskutieren, ob dies möglich sein sollte, wenn "länderübergreifende Strukturen" festgestellt würden.

Zusammenarbeit mit V-Leuten in der rechtsextremistischen NPD überprüfen

Friedrich kündigte eine Überprüfung der Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit V-Leuten in der rechtsextremistischen NPD an. "Wenn Sie V-Leute im Rauschgiftmilieu, im Waffenhändlermilieu haben, dann sind das natürlich Typen, die bereit sind, gegen Geld Informationen zu liefern", sagte der Minister und fügte hinzu: "Aber hier haben wir es mit Gesinnungstätern zu tun." In diesem Milieu sei es "viel, viel schwieriger", relevante Informationen mit Geld zu kaufen. "Insofern muss man sich dieses V-Leute-System wirklich genau anschauen", sagte Friedrich.

Nach Informationen der in Berlin erscheinenden Zeitung "Tagesspiegel" kam ein Mitglied der Gruppe ""Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)", Uwe Mundlos, über eine sächsische Meldebehörde an einen falschen Reisepass heran. Die Meldebehörde habe auf Grundlage eines ebenfalls gefälschten Personalausweises einen sogenannten legalen illegalen Reisepass ausgestellt. Dabei handelt es sich um ein echtes Dokument aus der Bundesdruckerei, das mit einem falschen Foto und einer falschen Unterschrift versehen wurde. Aus ermittlungstaktischen Gründen wollten Sicherheitsexperten keine weiteren Einzelheiten nennen.

Mundlos und seine ebenfalls aus Thüringen stammenden Komplizen, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, hatten nach ihrem Abtauchen in den Untergrund 1998 jahrelang im sächsischen Zwickau gelebt und in der Region Chemnitz mehrere Banküberfälle verübt. Mundlos und Böhnhardt waren am 4. November im thüringischen Eisenach tot in einem Wohnmobil gefunden worden. Zschäpe stellte sich am 8. November der Polizei, sie sitzt ebenso in Untersuchungshaft wie der als Helfer des Trios geltende Holger G. Der Gruppe wird die Ermordung von neun Migranten in den Jahren 2000 bis 2006 zur Last gelegt. Außerdem soll sie 2007 eine Polizistin erschossen und mehrere Sprengstoffanschläge verübt haben.

Ankläger bei Kronzeugenregelung für Neonazis skeptisch

Generalbundesanwalt Harald Range sieht einem Zeitungsbericht zufolge eine Kronzeugenregelung für eine mutmaßliche Helferin der Zwickauer Neonazi-Zelle äußerst skeptisch. Er wolle, wenn irgend möglich, ohne eine solche Vereinbarung auskommen, sagte Range am Montag im Innenausschuss des Bundestages nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung". "Bei zehn Morden tue ich mich - jedenfalls heute - furchtbar schwer, mit jemandem ernsthaft in Verhandlungen einzutreten", wurde der Staatsanwalt zitiert.

Die Kronzeugenregelung ermöglicht eine Strafminderung, etwa wenn Täter gegen Komplizen aussagen. Die inhaftierte Beate Z. soll Mitglied der Zwickauer Neonazi-Zelle gewesen sein. Der Gruppe werden zehn Morde zur Last gelegt. Die beiden anderen mutmaßlichen Mitglieder begingen nach einem Banküberfall in Eisenach offenbar Selbstmord. (rtr/afp)