Berlin/Karlsruhe. . Die Zwickauer Terrorzelle hat über ein größeres Netzwerk verfügt, als bislang angenommen. Nach Medienberichten geht der Thüringer Verfassungsschutz von etwa 20 Unterstützern aus, die den drei bekannten Neonazis im Untergrund halfen. Entschädigung für Mord-Opfer geplant.

Die Zwickauer Terrorzelle hat über ein größeres Netzwerk verfügt, als bislang angenommen. Der Thüringer Verfassungsschutz geht nach Berichten von „Spiegel“ und „Focus“ mittlerweile von etwa 20 Unterstützern aus, die den Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Untergrund halfen.

Der Vorsitzende des Geheimdienstkontrollgremiums des Bundestages, Thomas Oppermann, rechnet mit weiteren Festnahmen über die bislang bekannten Fälle hinaus. „Das Terror-Trio hatte weitere Helfer, ohne die ein Leben 13 Jahre im Untergrund nicht möglich gewesen wäre. Es gibt noch eine Reihe weiterer Verdächtiger“, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer der „Bild am Sonntag“.

Den „Spiegel“-Informationen zufolge hatte der Thüringer Verfassungsschutz Ende der 90er Jahre selbst mindestens drei V-Leute im Umfeld des Trios geführt. Neben dem Kopf des Thüringer Heimatschutzes, Tino B., Deckname „Otto“, habe zu den Informanten des Geheimdienstes auch der Chef der Thüringer Sektion der Organisation „Blood & Honour“ gehört. Trotzdem gelang es später nicht, das untergetauchte Neonazi-Trio aufzuspüren.

Justizministerium will Familien der Neonazi-Opfer entschädigen

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine Entschädigung für die Angehörigen der Neonazi-Mordopfer angekündigt. „Den Familien der Opfer gehört jetzt unsere Anteilnahme“, sagte sie der „Welt am Sonntag“.

„Auch wenn finanzielle Hilfen das Leid nicht ungeschehen machen können, werde ich mit Opferentschädigungen aus meinem Haushalt versuchen, den Angehörigen ein Zeichen unserer Solidarität zu geben.“ Sie fürchte, dass am Ende der Aufklärung „noch mehr Opfer von Fremdenhass zu beklagen sind als heute bekannt“, fügte die FDP-Politikerin hinzu.

Rechtsterrorismus am Montag Thema im Innenausschuss

Der Innenausschuss der Bundestages befasst sich am Montag, 21. November, in einer Sondersitzung mit dem Rechtsterrorismus. Dabei soll es allgemein um die Bedrohung durch rechtsextremistischen Terror gehen sowie um den Stand der Ermittlungen gegen die Zwickauer Neonazi-Gruppe.

Auskunft erhoffen sich die Abgeordneten von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Generalbundesanwalt Harald Range, die zu der Sitzung erwartet werden. Auch der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, und der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, kommen nach Berlin, ebenso wie der Präsident des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz, Thomas Sippel.

Zentrale Gedenkfeier für die Mord-Opfer der Neonazis

Bundespräsidialamt, Bundestag und Bundesregierung bereiten gemeinsam eine zentrale Gedenkfeier für die Opfer der Neonazi-Mordserie vor. „Wir sind uns einig, dass es eine Veranstaltung geben soll“, kündigte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“ an.

Angesichts der Pannen bei der Fahndung nach rechtsextremen Gewalttätern wurden derweil die Rufe nach politischen Konsequenzen lauter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will der Bundesanwaltschaft mehr Kompetenzen übertragen.