Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will den Angehörigen der Neonazi-Mordopfer eine finanzielle Entschädigung anbieten. Damit wolle sie ein Zeichen der Solidarität geben. Derweil planen Bundestag, Regierung und Bundespräsidialamt eine gemeinsame Gedenkfeier für die Opfer.

Der Bundestag, die Regierung und das Bundespräsidialamt planen eine gemeinsame Gedenkfeier für die Opfer der Neonazi-Mordserie. "Wir sind uns einig, dass es eine Veranstaltung geben soll", sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Empfindungen und Erwartungen der Angehörigen der Opfer sollten dabei eine entscheidende Rolle spielen.

"Auf der Trauerfeier sollte die Politik klar und deutlich machen, dass Muslime ein Teil der deutschen Gesellschaft sind.", sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, dieser Zeitung. Sie könne "einige religiöse Elemente enthalten, etwa eine Koran-Rezitation". Mazyek hofft, dass einige Angehörige der Opfer den Mut und die Kraft finden werden, dort zu sprechen. Die Trauerfeier sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Sie wendet sich den Opfern und ihren Angehörigen zu, die viel zu lange mit ihren Ängsten allein gelassen wurden."

Familien der Opfer sollen finanziell entschädigt werden

Darüber hinaus will Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Familien der Opfer finanziell entschädigen. Geld könne Leid zwar nicht ungeschehen machen, allerdings wolle sie damit ein Zeichen der Solidarität geben, sagte sie der Welt am Sonntag.

Wie sich nun herausstellt, hatte die Zwickauer Terrorzelle offenbar ein größeres Netzwerk als bislang angenommen. Nach Spiegel-Informationen unterstützten rund 20 Helfer die drei Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Untergrund. Zudem habe der Thüringer Verfassungsschutz Ende der 90er Jahre mindestens drei V-Leute im Umfeld des Trios eingeschleust - ohne es aufspüren zu können.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will nun den Abzug von V-Leuten aus der NPD prüfen. Außerdem möchte er dem Generalbundesanwalt künftig mehr Kompetenzen geben. Dieser solle sicherstellen, dass Verbrechensserien nicht übersehen werden. "Es sieht so aus, als ob einige Behörden kläglich versagt haben", sagte Friedrich am Wochenende. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte daher eine bessere Zusammenarbeit der Behörden an.

Zweite Tatwaffe des Polizistenmordes von Heilbronn sichergestellt

Unterdessen haben die Ermittler in dem ausgebrannten Haus des Neonazi-Trios die zweite Tatwaffe des Polizistenmordes von Heilbronn sichergestellt. Dabei wurde offenbar auch eine zweite DVD gefunden. Am Sonntag war aber noch unklar, ob es sich nur um eine Kopie der schon bekannten DVD handelt.

Der Streit um die Zukunft der NPD tobt derweil weiter. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und der Landeschef von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), fordern einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Ein Aus für die Partei würden 70 Prozent der Deutschen befürworten, wie eine Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" ergeben hat. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte, Deutschland sei ein NPD-Verbot auch der Weltöffentlichkeit schuldig.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) dagegen warnte vor einem neuen Verbotsverfahren. Für dessen Erfolg müsse die NPD aggressiv und kämpferisch gegen die Verfassung vorgehen. Er habe "größte" Sorge, dass es nicht gelinge, dies nachzuweisen, sagte Bouffier der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) schlug vor, der NPD keine Staatsgelder mehr zu geben. (mit rtr)