Mülheim. Ein Fehltritt nach dem anderen stellte das Leben einer Mülheimerin auf den Kopf. Anstatt mit ihren Liebsten, verbrachte sie Weihnachten hinter Gittern.

Sehr offen spricht Milena D. darüber, wie es gekommen ist, dass sie ihr Lebensweg ins Gefängnis geführt hat und wie sie das Weihnachtsfest in Gefangenschaft wahrgenommen hat. Beim Gespräch mit der 38-Jährigen in einem Mülheimer Bistro ist der Gedanke fern, dass hier gerade eine Strafgefangene sitzt, die für ein paar Stunden in Freiheit sein darf. Milena ist modisch gekleidet, kommt adrett daher. Später werden in der Haftanstalt wieder die Schlösser hinter ihr zugehen.

Bis 2020 hatte Milena (Name geändert) ein ganz normales Leben geführt, mit einer eigenen kleinen Wohnung in der Innenstadt, einem eigenen Auto und einem Vollzeitjob als Bedienung in einem Mülheimer Lokal. Geordnete Verhältnisse. Dann kam für die Frau, die bisher nichts angestellt hatte, der Knick in der Biografie.

Mülheimerin findet sich durch Not in der Kriminalität wieder

Die Corona-Pandemie führte zur Schließung aller Gaststätten. Zunächst sei sie in ihrem Lokal mit geringerer Stundenzahl weiterbeschäftigt worden, erzählt Milena. Schließlich sei das Ganze in einen Minijob abgerutscht. Das Geld reichte vorne und hinten nicht. Die 38-Jährige baute Schulden auf. Sie habe Rechnungen nicht mehr bezahlen können, schildert sie. Die vielen offenen Forderungen seien ihr über den Kopf gewachsen.

In dieser Situation geriet Milena, die schon sehr lange in Deutschland lebt und als Jugendliche aus dem Ausland gekommen war, 2021 an zwei Landsleute, die mit ehrlicher Arbeit wenig am Hut hatten und mit Ladendiebstählen wertvoller Waren, insbesondere von Handys und E-Bikes, ihren Lebensunterhalt „verdienten“.

Mülheimerin: „Das war die größte Dummheit, die ich jemals gemacht habe“

Die junge Frau schildert, wie sie sich in ihrer prekären finanziellen Situation dazu überreden ließ, als Fahrerin für die Beutezüge der beiden Männer zu fungieren. Es wäre für sie völlig risikolos, hätten ihr die Männer versichert, erzählt Milena. „Das war die größte Dummheit, die ich jemals gemacht habe. Ich darf mich nicht beklagen, dass ich jetzt mein Leben im Gefängnis verbringe“, zeigt sie sich einsichtig.

„Ich darf mich nicht beklagen, dass ich jetzt mein Leben im Gefängnis verbringe.“

Milena D.
Strafgefangene aus Mülheim

Mit dem Auto klapperte man zu dritt insbesondere Real-Märkte ab. Im Laden lenkte einer ihrer Bekannten immer das Personal ab, während der andere wertvolle Sachen an sich nahm und nach draußen verschwand. Während die beiden Männer diesem kriminellen Gewerbe schon lange Zeit nachgingen, war Milena erst einen Monat dabei, als der große Knall kam.

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An einem Morgen im Mai 2021 rammte ein Spezialeinsatzkommando die Tür von Milenas Innenstadt-Wohnung auf. Maskierte Polizeibeamte seien mit Waffen in ihre Wohnung gestürmt, hätten sie aus dem Bett gerissen und festgenommen, erinnert sich Milena. Wie sie später über ihren Strafverteidiger Volker Schröder aus Essen erfuhr, waren die Telefone der Bande, zu der noch weitere Männer gehörten, die sie nicht kannte, längere Zeit von der Polizei abgehört worden. Bei allen Beteiligten wurden die Wohnungen gestürmt.

Vor Gericht bekam Milena eine Strafe von zwei Jahren und vier Monaten Haft. Da sie eine feste Arbeit und eine Wohnung und insgesamt vorher ein geordnetes Leben geführt hatte, wurde sie nach ihrer Untersuchungshaft Freigängerin, durfte wochentags ihrer Arbeit nachgehen, musste abends aber immer wieder ins Gefängnis in Willich zurückkehren. Auch die Wochenenden über war Milena in Gefangenschaft, wenngleich sie an drei Wochenendtagen im Monat zu Hause schlafen durfte.

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Das vergangene Weihnachtsfest gehörte allerdings nicht zu den Tagen, an denen Milena nach Hause durfte. Während andere Menschen mit ihren Familien feiern konnten, war es Teil ihrer Strafe, die Feiertage im Gefängnis verbringen zu müssen. „Es war eine sehr traurige Veranstaltung, fühlte sich überhaupt nicht wie Weihnachten an“, sagt die 38-Jährige. „Die anderen Frauen, die mit mir einsaßen, und ich durften gemeinsam kochen.“ Es war allerdings eine sehr niedergeschlagene Stimmung, weil etliche der Frauen Kinder haben, die sie natürlich sehr vermissten.

„Ich habe in der Gefangenschaft jeden Tag geheult, aber es hilft ja nichts.“

Milena D.
Strafgefangene aus Mülheim

Auch Milena selbst musste immer an ihre Mutter denken, an der sie sehr hängt und mit der sie das Weihnachtsfest nicht verbringen konnte. In der Justizvollzugsanstalt sei zwar ein Weihnachtsbaum aufgestellt gewesen. Sonst aber habe es nichts gegeben, was irgendwie an das christliche Fest erinnere.

„Ich habe in der Gefangenschaft jeden Tag geheult“, sagt die Mülheimerin, „aber es hilft ja nichts“. Den Fehler, sich Kriminellen anzuschließen, habe sie schließlich ganz alleine gemacht. Aufgrund ihrer neunmonatigen Untersuchungshaft, in der sie in einer Haftzelle eingeschlossen war, war das letzte Weihnachtfest nicht das erste, das sie hinter Gittern verbringen musste.

Im neuen Jahr – da ist Milena ganz sicher – wird sie nicht mehr unter solchen Umständen Weihnachten feiern. In wenigen Wochen kommt sie vorzeitig frei. Da sie sich im Gefängnis an alle Spielregeln gehalten und nie Schwierigkeiten gemacht hat, wird sie auf Bewährung auf freien Fuß gesetzt. Das nächste Fest möchte die 38-Jährige wieder im Kreis der Menschen verbringen, die sie trotz ihres großen Fehltritts genauso lieben wie zuvor.

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