Mülheim. In einem Altenheim in Mülheim soll ein Pflegehelfer eine alte Dame geschlagen, aufs Übelste beschimpft und bedroht haben. Prozess startete jetzt.
- In einem Altenheim in Mülheim soll ein Pflegehelfer eine alte Dame misshandelt haben.
- Der Prozess gegen den 30-Jährigen startete nun am Mülheimer Amtsgericht.
- Die Frau ist schwerbehindert, eine erste Aussage scheiterte.
Vater und Sohn saßen jetzt gemeinsam auf der Anklagebank des Amtsgerichts Mülheim. Ihre Rollen hätten dort indes nicht unterschiedlicher sein können. Während der Vater als Strafverteidiger auftrat, war sein 30-jähriger Sohn von Staatsanwältin Schmidt aus Duisburg angeklagt, eine schwerbehinderte, gelähmte Seniorin in einem Mülheimer Pflegeheim schwer misshandelt, bedroht und beleidigt zu haben.
Die Geschehnisse liegen schon länger zurück, es ging um einen Tag kurz vor Heiligabend 2022. Die betagte Frau, die aufgrund einer halbseitigen Lähmung ans Bett gefesselt war, soll sich im Bett ihre Inkontinenzvorlage vom Körper gezogen haben. Das soll möglicherweise den Zorn des angeklagten Pflegehelfers ausgelöst haben.
Er soll ihr gegen die Wange geschlagen und ihr seine Hand samt Gummihandschuh auf Mund und Nase gedrückt haben, sodass sie keine Luft mehr bekommen habe. Dann habe er sie mit den Worten „Halt die Schnauze, du Mistvieh. Sonst fliegen gleich deine Zähne durchs Zimmer!“ und mit „Unter Hitler hätte man dich schon längst vergast!“ beschimpft. Anschließend habe er ihr eine Decke über den Kopf geworfen und gerufen: „Du kannst dich schon mal an die Dunkelheit gewöhnen. Du wirst in der Hölle schmoren.“ Nach dieser Aktion soll er der Frau mehrfach den Hinweis gegeben haben, dass sie besser nicht gegen ihn aufbegehren sollte. Sein Vater sei Rechtsanwalt und sie habe keine Chance gegen ihn.
Amtsgericht Mülheim: Nächster Verhandlungstag im Seniorenheim
Als der Angeklagte von der Richterin Kathrin Strohschein das Wort zur Verteidigung erteilt bekommt, erklärt der Anwalt, dass es keine Einlassung von Seiten seines Mandanten geben werde. Nach dieser Aussageverweigerung sollte die Geschädigte per Videoschaltung zwischen Gericht und Pflegeheim als Zeugin vernommen werden.
Hier wirkten die Tücken der Technik. Nachdem Richterin Strohschein mit Unterstützung der Staatsanwältin und des Leiters der Wachtmeisterei eine Viertelstunde lang einen Kampf gegen ein riesiges Kabelgewirr geführt hatte, gelang zwar die Videoschalte, sodass man die bettlägerige Geschädigte und einen Pfleger auf dem großen Monitor im Gerichtssaal sah und beide auch gut verstehen konnte.
Hingegen war das Internet im Gericht so miserabel, dass der Ton aus dem Gericht nur völlig zerhackt im Lautsprecher des Pflegeheims zu hören war. Um kein Beweisverwertungsverbot zu provozieren, wurde die Vernehmung der alten Frau schließlich auf einen Folgetermin vertagt. Die Vernehmung soll dann im Beisein von Richterin, Staatsanwältin, Protokollführerin und Zuschauern direkt im Pflegeheim stattfinden.
Nach Vorfall in Mülheimer Heim: Seniorin vertraut sich Pflegerinnen an
Ehe die Verhandlung abgebrochen wurde, wurden aber noch zwei Frauen vom Pflegepersonal des Heims vernommen. Die Geschädigte hatte sich im Nachtdienst nach dem Vorfall zunächst einer 32-jährigen Pflegehelferin anvertraut und ihr von dem Geschehen berichtet. Sie sei – wie die Zeugin sagte – völlig verängstigt gewesen und habe gefragt, ob man verhindern könnte, dass der Pfleger wieder zu ihr komme. Die Zeugin erklärte, dass ihr die alte Frau sehr klar und detailliert das Geschehen geschildert habe. Zur Absicherung habe sie aber noch ihre Kollegin, eine 30 Jahre alte Altenpflegerin, ins Zimmer gerufen.
In Gegenwart dieser Pflegerin habe die Seniorin ihre Vorwürfe gegen den Pfleger noch einmal widerspruchsfrei wiederholt. Auch die 30-Jährige wurde in den Gerichtssaal gerufen. Sie bestätigte die Angaben ihrer Kollegin. Auch wenn die Geschädigte eine leichtgradige Demenz habe und bisweilen schon einmal etwas vergesse, sei sie aber zum Zeitpunkt ihrer Schilderungen „klar orientiert“ gewesen. Man habe dann auch dafür gesorgt, dass der Pflegehelfer das Zimmer der Frau nicht mehr betreten habe.
In der zweiten Januarhälfte geht es – nun am Krankenbett der Geschädigten – mit der Hauptverhandlung weiter. In einem dritten Termin soll schließlich vor Gericht befunden werden, ob und wie der Angeklagte verurteilt werden muss. Ins Rollen gekommen ist das Strafverfahren übrigens durch einen Neffen der Geschädigten, der seine Tante besucht, von dem Vorfall erfahren und Strafanzeige bei der Polizei erstattet hat.
Keine Auskünfte von den Betreibern des Mülheimer Heims
Auf Anfrage der Redaktion erklärte die Betreibergesellschaft des Heims, dass zur Frage des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses des Pflegehelfers, zu disziplinarischen Maßnahmen und zu einer möglichen psychosozialen Betreuung der Geschädigten nach dem Vorfall aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen keine Auskunft gegeben werden könne. Allerdings würden in solchen Fällen grundsätzlich organisatorische Maßnahmen getroffen.
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