Mülheim. Die Polizei warnt vor dreisten, organisierten Dieben, die es auf teure E-Bikes abgesehen haben. Das sind die Hotspots in Mülheim.

Mit elf Millionen E-Bikes hat der Bestand in Deutschland einen Höchststand erreicht, wie das Statistische Bundesamt für 2023 festgestellt hat. Auch in Mülheim werden die durch Akkus unterstützten Fahrrädern zahlreicher. Die Bezeichnung Drahtesel trifft auf die Räder der neuen Generation immer weniger zu: Ein durchschnittliches E-Bike hat im vergangenen Jahr rund 3000 Euro gekostet, aber auch Preise von 10.000 Euro und mehr haben laut Bundesamt keinen Seltenheitswert mehr. Dass die Straßen voll von solch wertvollen Gütern sind, ruft Kriminelle auf den Plan.

Sie verdienen sich mit dem Diebstahl und der Hehlerei von E-Bikes oft eine goldene Nase. Nachdem Mülheims Nachbarstadt Essen schon seit längerem mit hohen Diebstahlzahlen beim Beutegut Elektrorad zu kämpfen hat, nehmen die Diebstähle seit geraumer Zeit auch vor Ort zu, weiß Kriminalhauptkommissar Tobias Müter.

Hotspots der Mülheimer E-Bike-Diebstähle: das Rhein-Ruhr-Zentrum und der Hauptbahnhof

In Essen habe man wegen der E-Bike-Probleme schon vor Längerem die Ermittlungsgruppe „EG Fahrrad“ eingerichtet, in der sich etliche Kriminalbeamtinnen und -beamte um nichts anderes kümmern als um dieses schadensträchtige Phänomen. Seit kurzem sind die Kollegen auch für Mülheimer E-Bike-Diebstähle zuständig. Zu Hotspots der Szene haben sich laut Müter das Rhein-Ruhr-Zentrum und ein etwa ein Kilometer großer Radius rund um den Mülheimer Hauptbahnhof entwickelt.

Der Experte erklärt das übliche Vorgehen: Die Räder werden von den Dieben bei ihrem „Hehler des Vertrauens“ abgeliefert. Diese Aufkäufer geben die Räder häufig an Großhehler weiter, die das Diebesgut in großen Mengen per Lkw nach Osteuropa schaffen. „Dort gibt es regelrechte Versandhäuser für Diebesgut, insbesondere auch für solche Fahrräder.“ Man könne die Räder online bestellen. Ausgeliefert würden sie in ganz Europa. So kann es kommen, dass ein Rad, das auf der Schloßstraße abgestellt war, wenige Wochen später einen glücklichen neuen Besitzer in Spanien findet.

Immer häufiger kommen Akku-Trennschleifer zum Einsatz

Die Vorgehensweisen der Täter sind gleichermaßen bemerkenswert wie dreist, zeigt die Schilderung von Müter und seiner Bürokollegin, Kriminalkommissarin Sophie Ketzer. Während die Fahrradschlösser vor Jahren noch mit Seitenschneidern durchtrennt wurden, kämen jetzt häufig Akku-Trennschleifer zum Einsatz. „Zehn Sekunden brauchen die Täter, um das Schloss aufzuflexen und davonzuradeln.“ Dass beim Auftrennen der Schlösser erheblicher Funkenflug und starker Maschinenlärm erzeugt werden, bereite den Tätern keine Sorgen. „Bis Anwohner den Lärm hören, zum Fenster gehen und kapiert haben, was da gerade passiert, sitzen die Fahrraddiebe schon auf dem Sattel und verschwinden schnell.“

Vor kurzem hatte einer der nervenstarken Täter in Essen allerdings Pech. Er war frech genug, direkt vor einer Polizeiwache in der Innenstadt ein Fahrradschloss mit einem Trennschleifer zu öffnen. Der Zufall wollte, dass gerade ein Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei an der Wache eintraf. Als die Beamten den Funkenflug sahen, fackelten sie nicht lange - und der verhinderte Dieb saß schneller in der Wache, als ihm lieb war.

Polizei schnappt Fahrraddieb, der mehrfach am Rhein-Ruhr-Zentrum zugeschlagen haben soll

Tobias Müter und sein Team haben in Bezug auf die Mülheimer Taten bereits erste Erfolge zu verzeichnen: Highlight war demnach die Festnahme eines Essener Täters, der das Rhein-Ruhr-Zentrum quasi zu seinem Arbeitsgebiet gemacht hatte. Zunächst soll er im Juni ein E-Bike im Bereich des Einkaufszentrums entwendet haben. Ein Zeuge habe ihn dabei beobachtet und eine sehr markante Beschreibung der kunterbunten, auffälligen Täterkleidung abgegeben. Derselbe Mann wurde dann noch am selben Tag in Essen am Viehofer Platz von einer Videokamera aufgenommen, als er gerade Passanten das Rad angeboten haben soll.

Am 22. September wurden dann am RRZ gleich zwei Räder gestohlen. Mit einem soll der Täter weggeradelt sein, das andere habe er in einem Waldstück abgelegt. Als er es vier Tage später dort abholen wollte, soll er von einem Zeugen dabei beobachtet worden sein, wie er das Fahrradschloss mit einer Säge zerstörte. Er wurde festgenommen.

Hauptproblem: Die meisten Radbesitzer sichern ihre Vehikel mit minderwertigen Schlössern

Hauptkommissar Müter rät Bürgern, ihre hochwertigen Räder - soweit möglich - nach der Fahrt in geschlossene Räume mitzunehmen. Wenn das nicht möglich ist, sollte in gute Schlösser investiert werden: Das Hauptproblem bei den Diebstählen sei, dass die meisten Radbesitzer ihre Vehikel mit minderwertigen Schlössern sichern. Für gute Schlösser müssten schon zwischen 150 und 500 Euro in die Hand genommen werden, so der Experte. Hochwertige Fabrikate machten den Tätern die Arbeit mit dem Trennschleifer fast unmöglich. Auch GPS-Tracker, die eine Ortung des Fahrrads zulassen, sollten unauffällig im Rad verbaut werden. So könne die Polizei oft auf den Meter genau feststellen, wo sich ein gestohlenes Rad gerade befindet.

Müter empfiehlt, die Räder selbst zu Hause im Keller gut zu sichern. Viele Eigentümer stellten ihre Räder unverschlossen in Lattenverschlägen unter, die mit billigen Vorhängeschlössern gesichert seien. Täter hätten leichtes Spiel. „Es käme doch auch niemand auf die Idee, seine Rolex-Uhr für 5000 Euro lose im Keller abzulegen“, so Müter. „Bei Fahrrädern aber sind die Leute komischerweise völlig sorglos.“

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