Gladbeck. Wenn jetzt am Wochenende zehntausende Besucher im Ruhrgebiet die „Nacht der Industriekultur“ feiern, ist Gladbeck nicht dabei. Warum das so ist.

In der Nacht vom 1. auf den 2. Juni werden im ganzen Ruhrgebiet wieder zehntausende Menschen unterwegs sein. Es ist „Extraschicht“, oder auch „Die Nacht der Industriekultur“. Zahlreiche Industriedenkmäler sind geöffnet, es finden Veranstaltungen und Shows statt. Shuttle-Busse fahren durch die Nacht und befördern die Besucherinnen und Besucher zu den verschiedenen Spielorten. Doch während in vielen Städten rund um Gladbeck die Nacht zum Tag wird, bleibt es in Gladbecks Industriedenkmälern dunkel. 2013 hat die Extraschicht letztmals in Gladbeck Station gemacht, damals war die Maschinenhalle Zweckel Spielort.

2013 war Gladbeck letztmals Spielort der Extraschicht. Damals fand das Programm in der Maschinenhalle Zweckel statt. Da entstand auch diese Aufnahme.
2013 war Gladbeck letztmals Spielort der Extraschicht. Damals fand das Programm in der Maschinenhalle Zweckel statt. Da entstand auch diese Aufnahme. © Gladbeck | Ulla Michels

Doch warum hat dieses große Event seither immer einen Bogen um Gladbeck gemacht? Auch in diesem Jahr wird in Gladbeck nichts stattfinden. Federführend bei der Extraschicht ist die Ruhr Tourismus GmbH (RTG). Dort bewerben sich die Veranstalter mit den Spielorten. Erstmals hat in diesem Jahr, in dem auch das Jubiläum 25 Jahre Route der Industriekultur gefeiert wird, eine Jury entschieden, welchen Bewerbungen stattgegeben wird. Doch aus Gladbeck habe keine Bewerbung vorgelegen, heißt es auch Nachfrage.

Aus Sicht der Stadt gibt es in Gladbeck nur wenig geeignete Spielorte

Tatsächlich äußert sich die Stadt auch zurückhaltend beim Thema Extraschicht. 2013 sei auch nicht die Stadt Veranstalter gewesen, sagt Sprecher David Hennig. Er verweist auf Aufwand, Kosten und auf die Suche nach geeigneten Locations. Klar, zuerst dürfte jedem Gladbecker die Maschinenhalle einfallen. Als Teil der Route der Industriekultur ist die Halle an der Frentroper Straße doch das Gladbecker Beispiel für Industriekultur. Doch ist das Bespielen der riesigen Halle tatsächlich mit großem Aufwand verbunden. Alles, was dazu gebraucht wird, muss herangeschafft werden. Vor Ort gibt es keine Stühle, keine Tische, keine Theke, von der notwendigen Veranstaltungstechnik gar nicht zu reden.

Ein szenischer Parcours vermittelte 2013 in unterhaltsamer und fantasievoller Weise die Geschichte der Maschinenhalle.
Ein szenischer Parcours vermittelte 2013 in unterhaltsamer und fantasievoller Weise die Geschichte der Maschinenhalle. © Gladbeck | Ulla Michels

Bei der Suche nach möglichen anderen Spielorten in Gladbeck werde es schon schwierig, so Hennig. Als Industriedenkmäler zählen noch der Rote Turm, doch hier fehle einfach der Platz drumherum, oder auch das Stellwerk Zweckel. Doch auch dort könne eine solche Veranstaltung nicht so ohne weiteres stattfinden. Zumal seit dem Verkauf des Stellwerks immer noch nicht offiziell klar ist, was damit nun passieren soll. Auch das alte RBH-Gelände käme vielleicht noch infrage, so Hennig, doch dann höre es auch schon auf.

Für das Programm muss großer Aufwand betrieben werden

Weiter verweist die Stadt auf den Aufwand, der betrieben werden muss für die Extraschicht. Schließlich müsse ein Programm entwickelt werden, das die Menschen auch nach Gladbeck zieht. Und das müsste dann auch von 18 Uhr am Abend bis 2 Uhr in den Morgen laufen. Es sei immer die Frage, ob man einen solchen Magneten hinbekomme, sagt Henning.

Selbstverständlich kann sich das Programm wiederholen. Da ja ständig wechselnde Besucher vor Ort sind, wäre das ohne weiteres möglich, und wird an anderen Spielorten ja auch so gehandhabt. Einige Höhepunkte wie etwa ein Feuerwerk auf Leopold in Dorsten oder eine „Magische Drohnen-Show“ im Hattinger LWL-Museum Henrichshütte finden dagegen lediglich einmal in der Nacht statt.

Angespannte Haushaltslage in Gladbeck lässt städtisches Engagement nicht zu

Bleibt noch der dritte Punkt: die Kosten. Dafür müssen die Veranstalter vor Ort aufkommen. Für ein Event in der Maschinenhalle rechne man da mit rund 40.000 Euro, und da seien Kosten für Personal, Technik und Sicherheit noch nicht eingerechnet, gibt Hennig die Einschätzung der Stadt wieder. Das wäre nur leistbar, wenn sich Sponsoren fänden, die einen Großteil der Kosten übernehmen, stellt er klar. „Vor der aktuellen Haushaltssituation ließe sich das sonst nicht rechtfertigen“, macht er deutlich. Das sei zwar schade, doch so stelle sich die Situation nun einmal im Moment dar.

Doch wie schaffen es Nachbarstädte, die finanziell ja nicht unbedingt besser dastehen? In Dorsten ist es tatsächlich so, dass nicht die Stadt als Veranstalter auftritt. Dort wird das Creativquartier Leopold, das auf dem gleichnamigen ehemaligen Zechenareal entstanden ist, bespielt. Initiator und Veranstalter sei an dieser Stelle die Ruhrstadt-Stiftung, teilt die Stadt mit. Auch die Stiftsquelle als Unternehmen habe schon einmal an der Extraschicht teilgenommen.

So machen es Gladbecks Nachbarstädte Dorsten und Bottrop

Aber selbstverständlich freue sich die Stadt darüber, Standort der Extraschicht zu sein. „In Dorsten wird das kulturelle Leben seit vielen Jahrzehnten vor allen Dingen durch die Förderung von ehrenamtlichen Anbietern organisatorisch und finanziell unterstützt“, teilt Stadtsprecher Christoph Winkel mit. „Dadurch haben zahlreiche Vereine und Gruppen wichtige Aufgaben im kulturellen Leben unserer Stadt übernommen.“ Das kommt nun auch der Extraschicht zugute.

Die Stadt selbst nutzt den Abend auch, um auf weitere Angebote aufmerksam zu machen. Man wolle die Besucherinnen und Besucher über die Stadt, Ausflugsziele, Kulturveranstaltungen, aber auch über die Rad- und Wandertouren informieren.

Die Extraschicht wird so quasi zu einem Schaufenster, Städte können sich präsentieren. Auch in Bottrop legt man viel Wert darauf, Spielort der Extraschicht zu sein, sagt Kulturamtsleiterin Martina-Schilling-Gräf. „Sie hat einen sehr hohen Stellenwert“, betont sie. Mit dem historischen Malakoffturm, der Tetraeder-Halde und der ehemaligen Kläranlage Berne-Park gibt es drei Locations, die in unregelmäßigen Abständen bespielt werden. In diesem Jahr wird im Berne-Park Comedy, Theater, Kleinkunst und Live-Musik geboten. Alle drei Standorte hätten innerhalb der Extraschicht eine große Akzeptanz.

Anders als in Dorsten ist hier das städtische Kulturamt federführend. Bis zu 11.000 Besucher kämen in einer Nacht etwa in den Berne-Park, sagt Stadtsprecherin Jeanette Kuhn. Das Kulturamt lege Wert darauf, ein Programm zu entwickeln, das an den jeweiligen Spielort angepasst sei, das konzeptionell dorthin passe, heißt es aus Bottrop. Doch das gelinge eben auch nur, dank Sponsoren, die das unterstützen.

Alle Infos zur diesjährigen Extraschicht unter: www.extraschicht.de