Bochum-Südwest. Während vor Gericht um ein Denkmal in Bochum gestritten wird, verfällt das Gebäude zusehends. Ein Verein will das verhindern und hat große Pläne.

Die Lage ist verzwickt. Seit Jahren wird um den Erhalt des Sträter-Hofes in Bochum-Linden vor Gericht gestritten. Die Stadt Bochum bezeichnet das 1836 errichtete Gebäude als „ein bedeutendes Zeugnis für die bäuerliche Vergangenheit des Ortsteils Linden“, führt es seit 1997 in ihrer Liste der Baudenkmäler auf. Der Eigentümer hält es für eine abrissreife Ruine. Derweil verfällt das Fachwerkhaus. Eine Gruppe von Lindener Bürgern will dabei nicht tatenlos zusehen und hat deshalb einen Verein gegründet.

Historisches Fachwerkhaus in Bochum verfällt: Verein will das verhindern

„Förderverein zum Erhalt des Lindener Baudenkmals Hof Sträter“ heißt dieser nun. Vorsitzender ist Timm Haucke. Der 35-Jährige ist als Archäologe und Historiker vom Fach und kennt das alte Fachwerkhaus an der Nöckerstraße 15 seit seiner Kindheit. Es habe ihn damals schon fasziniert. Und diese Anziehungskraft bestehe noch immer. Umso bedauerlicher sei es, den Niedergang verfolgen zu müssen.

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Doch dagegen will man ja nun etwas tun. Der Verein bestehe aus zehn Mitgliedern, sagt Haucke. „Überwiegend Menschen, die im Umfeld wohnen, die sich mit dem Bauwerk identifizieren, dort gewohnt und gespielt haben.“ Mit dabei sind auch Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) und Hans Hanke, seines Zeichens Architekturhistoriker, Denkmalpfleger und Vorsitzender der Kortumgesellschaft.

Timm Haucke, Vorsitzender des „Fördervereins zum Erhalt des Lindener Baudenkmals Hof Sträter“ in Bochum-Linden.

„Wir sprechen für das Denkmal.“

Timm Haucke, Vorsitzender des „Fördervereins zum Erhalt des Lindener Baudenkmals Hof Sträter“ in Bochum-Linden

Wachsen wolle man nicht, stellt Haucke klar. „Das soll keine Vereinsmeierei werden.“ Gleichwohl hoffen er und seine Mitstreiter auf Unterstützung, speziell in finanzieller Hinsicht. „Unser konkretes Ziel ist der Erhalt des Sträter-Hofes.“ Idealerweise, indem der Eigentümer Geld dafür in die Hand nimmt. „Oder ein anderer Investor. Wir wären auch bereit, Grundstück und Hof selbst zu übernehmen.“ Das gehe aber nur mit entsprechenden Mitteln.

Verein will Denkmal in Bochum retten: Das sind die Pläne

In einem nächsten Schritt wolle man nun ein Nutzungskonzept für das Gebäude aufstellen, erklärt Timm Haucke. Ihm schwebt eine multifunktionale Nutzung vor. Stadtteil-Treff, Museum, Wohnhaus – alles sei für den Sträter-Hof denkbar, auch in Kombination. Andere Ideen sind ihm willkommen.

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Dem Verein sei aber vor allem daran gelegen, die Gespräche mit dem Eigentümer, der Wast Develo Unternehmergesellschaft (UG) mit Sitz in Berlin, anzukurbeln. Diese wird vertreten vom Rechtsanwalt Christian Tünnesen-Harmes aus Duisburg. Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht bestätigt, dass innerhalb der UG die Geschäftsführung gewechselt hat. Er sei aber nach wie vor Sprachrohr der Eigentümerseite.

Die Plane, die das Fachwerkhaus in Bochum-Linden trocken halten soll, ist beschädigt. Die Stadt Bochum will sie erneuern.
Die Plane, die das Fachwerkhaus in Bochum-Linden trocken halten soll, ist beschädigt. Die Stadt Bochum will sie erneuern. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Für ihn ist die Sache klar: „Das Gebäude ist kein Denkmal, sondern vielmehr eine abbruchreife Ruine, da ist nichts mehr zu retten.“ Ursprünglich habe sein Mandant vorgehabt, die Immobilie zu sanieren.

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Doch Ende 2018 war das Fachwerkhaus in Teilen eingestürzt. Die Stadt Bochum führte das auf einen „großen Sanierungsstau“ und „offenkundige Zerstörung von Teilen des Tragwerks“ zurück. Anfang 2019 reagierte die Verwaltung, sicherte das Gebäude mit einem Stützkorsett und einer Plane. Diese – durch Sturm und Regen beschädigt – soll nun erneuert werden, „da der private Eigentümer selbst nicht tätig geworden ist“, so Stadtsprecher Peter van Dyk.

Sicherung des Fachwerkhauses: Stadt Bochum hat Teil der Kosten zurück gepfändet

Die Kosten für diese Maßnahmen betragen laut Stadt einschließlich Grünschnitt, Gerüst und Plane ca. 12.000 Euro, „die dem Eigentümer in Rechnung gestellt werden“. Von den bisherigen Maßnahmen seien die rund 54.000 Euro für das Stützkorsett und den Einsatz des Technischen Hilfswerks von der Stadt mittlerweile zurück gepfändet worden. „Lediglich die Kosten für den vorhandenen Witterungsschutz in Höhe von ca. 34.000 Euro sind noch offen“, so van Dyk.

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Mit dem Förderverein stehe man in Kontakt. Bei der Stadt Bochum habe sich dieser über den Stand der Dinge informiert. „Wir unterstützen den Verein in seiner Tätigkeit gerne“, sagt Peter van Dyk.

Marc Gräf (SPD), Bezirksbürgermeister Bochum-Südwest.

„Wir müssen diesen elenden Rechtsstreit, dieses Spiel auf Zeit, endlich beenden.“

Marc Gräf (SPD), Bezirksbürgermeister Bochum-Südwest

Haucke und Mitstreiter widersprechen dem Anwalt des Eigentümers entschieden. Dessen Auffassung, der Sträter-Hof könne nur noch abgerissen werden, um Platz für neuen Wohnraum zu schaffen, sei falsch. „Man kann nichts besser sanieren als Fachwerk“, sagt Timm Haucke. „Ob Pfosten, Riegel oder Streben – man kann einzelne Teile austauschen. Das ist ja das Schöne am Fachwerk.“ Das Holz sei 300 Jahre alt. „Das hält auch noch länger.“ Nachhaltiger ginge es gar nicht.

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Unterdessen will die Politik den möglichen Plan des Eigentümers unterbinden, das Haus verfallen zu lassen, um dort neu zu bauen. „Wir würden den Bebauungsplan dann so ändern, dass das Grundstück nicht bebaut werden darf“, kündigt Bezirksbürgermeister Marc Gräf an. Auch ihm sei sehr daran gelegen, „diesen elenden Rechtsstreit, dieses Spiel auf Zeit“ endlich zu beenden. Im Sinne des Baudenkmals, „für das wir sprechen“, so Haucke.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft in Sachen Sträter-Hof in Bochum-Linden. Das bestätigt Sprecher Gabriel Klus. „Bei uns ist eine Strafanzeige eingegangen, es gibt ein Ermittlungsverfahren.“ Der Vorwurf laute auf „gemeinschädliche Sachbeschädigung“. Unternommen habe man aber noch nichts, das stehe jetzt an. „Wir sind also noch nicht so weit, dass wir über eine Strafe sprechen können.“

Christian Tünnesen-Harmes, der Anwalt des Eigentümers, sieht diesem Verfahren gelassen entgegen. „Da kommt nichts bei rum.“ Vor Jahren sei schon mal ermittelt und das Ganze dann eingestellt worden. Das würde sehr wahrscheinlich dann auch diesmal so passieren.